Italienische Wein-Oper in Tirol

31.01.2015 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Neustift) - Der Name klingt nach Musik, lässt an Verdi und andere bedeutende italienische Komponisten denken. Die Weine von Allegrini, einem der führenden Häuser im Veneto, sind in der Tat – aber nicht immer - große Oper. Kürzlich wurde sie in Tirol aufgeführt, im Sporthotel Neustift, dessen Eigentümer Rudi Pfurtscheller größere Partien des Hauses in seinem rund 30.000 Flaschen umfassenden Keller liegen hat und sie auch in einer Zweitfunktion als Händler vor allem an Kollegen in der Gastronomie gut verkauft.

 

Die italienische Weinfamilie ist typisch für die Nobelszene im Stiefelland. Man kann zwar Tradition zurück bis ins 16. Jahrhundert vorweisen, als die Allegrinis als Landbesitzer und Landwirte genannt wurden. Ein modernes Weingut entstand indes erst vor rund 40 Jahren, als Giovanni Allegrini sich in beste Lagen im Valpolicella einkaufte. Das Ergebnis von knapp 100 Hektar wird in einer modernen Kellerei in Fumane unter Regie von Franco und Marilisa Allegrini sowie unter Mithilfe der gesamten Familie und geschulten Oenologen zu Weinen ausgebaut, die weit über Italien hinaus häufig anerkennende Mienen in Gesichter von Genießern zaubern.

Zur italienischen Typizität gehört, dass man sich nicht mit dem angestammten Platz begnügt, sondern auch in anderen Regionen Fuß fasst. So erwarb Marilisa Allegrini 2007 gemeinsam mit Leonardo Lo Cascio das Weingut San Polo in der Toskana mit 16 Hektar, auf denen unter anderem die Trauben für einen beachtlichen, langlebigen Brunello di Montalcino heranwachsen und das Wort Nachhaltigkeit mit viel Leben erfüllt wird. Und mit dem Partner Lo Cascio, einem in den USA erfolgreichen Händler für italienischen Wein, betreibt man seit 15 Jahren außerdem noch das Weingut Poggio al Tesoro (22 Hektar) in der Region Bolgheri.

Rotweine haben in allen drei Häusern absolute Dominanz. Da versteht man es durchaus, wenn bei einem einzigen Weißwein, der in Tirol vorgestellt wurde, die Tonlage nicht stimmte. Der Soave aus dem Jahrgang 2013 ist sehr schlicht geraten. Was die Tester des Gambero Rosso dazu verführte, diesem Wein mit zwei von drei Gläsern zu bewerten, bleibt deren Geheimnis – oder lässt vermuten, dass da einige Leute noch nie einen guten Weißwein verkostet haben...

Dagegen ist das, was als Rotwein auf den Markt kommt, durchgängig gut bis sehr gut, nur manchmal in der Jugend noch etwas sperrig, wie zum Beispiel der nach Bitterschokolade und Feigen duftende 2011er La Grola von Allegrini oder auch die Brunello von 2008 und 2009, die unter dem San Polo-Etikett verkauft werden, aber wohl ihre beste Zeit erst nach mindestens zehn Jahre Lagerung erleben. Viel offener war da schon der Sandraia 2009 von Poggio al Tesoro, der sich aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot zusammensetzt und sich sehr vielschichtig und elegant präsentiert.

Spannend entwickeln sich Weine, wenn man ihnen Zeit lässt. Beispiel der in Neustift vorgestellte La Poja 2000 von Allegrini aus der traditionellen Sorte Corvina Veronese, der mit feinem Kräuterduft und seiner zartgliedrigen Struktur imponierte. Für die Logenplätze in der Oper sorgten die beiden Rotweine aus getrockneten Trauben. Als da wäre der Recioto Valpolicella 2010, ein zeitloses Kraftpaket, das gekonnt seine 15,5 Vol.%-Muskeln spielen lässt, aber nicht so wie ein übertrainierter Kraftmeier, sondern sehr elegant. Hier ist man bereits in einer Preisklasse deutlich oberhalb 30 Euro angelangt. Noch etwas mehr fällig ist für den Spitzenwein des Hauses, den Amarone, bei dem die italienischen Medien gern Höchstnoten zücken und auch einer wie Robert Parker sich zu 93 Punkten hinreißen lässt. Irgendwie erheiternd stimmen die 92,5 Punkte einer italienischen Publikation. Geht’s noch? Warum nicht gleich 92,73 Punkte oder noch eine dritte Stelle hinter dem Komma.

Wie dem auch sei, der Allegrini-Amarone gehört sicher zu den besten seiner Art – auch weil man es hier und beim Recioto sehr gut verstanden hat, den stattlichen Alkoholgehalt von 15,5 „Volt“ so geschmacklich zu integrieren, dass kein brandiger Eindruck entsteht. Die beiden zeitlosen, eleganten Amarone 2006 und 2010 ließen, um es auf die Musik zu übertragen, zwar eher an Beethoven denken als an eine leichtfüßige italienische Oper. Und sie zauberten ein Strahlen auf das Gesicht des Gastgebers Rudi Pfurtscheller, der in den siebziger Jahren des letzten Jahrtausends seine Leidenschaft für Wein entdeckte – zu einem Zeitpunkt, an dem mancher große Namen noch für einen Apfel und ein Ei zu haben war. Deshalb stehen auf seiner Karte auch bedeutende Bordelaiser ab Jahrgang 1975 aufwärts.

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