Hotspot Zürich

4 Tiere Bar

«Zürich hat alles, was eine Grossstadt braucht, ist nur kleiner als New York, Paris oder Berlin» – das hört man immer wieder. Doch wo bitte gibt es hier eine richtige Weinbar? Eine Bar, geführt von Weinfreaks für Weinfreaks? Wo man nichts Grosses isst und einzig der Wein im Mittelpunkt steht? Das gab es bis April 2013 in der Limmatstadt nicht wirklich. Die meisten Lokale, die dort so bezeichnet werden, sind verlängerte Arme von Weinhändlern, die Gewächse aus ihrem Sortiment ausschenken und dazu kleine Häppchen anbieten. Auch die Initiatoren und Betreiber des «4 Tiere» störten sich daran, dass es in ihrer Heimat keine Bar gab, die ihrem Geschmack entsprach; die als Kerngeschäft Weine anbietet, die ganz einfach interessant sind, und nicht nur solche, die jedem schmecken oder aus einem bestimmten Sortiment kommen.

«Bei uns gibt es die Weine, die wir cool finden», sagt Oliver Ullrich, Geschäftsführer und Mitinhaber. Die Weinkarte hat 350 Positionen, aufgestöbert und gekauft bei mehr als 25 Händlern, bei Auktionen und aus Privatbeständen. Bei drei angehenden Weinakademikern als Mitinitiatoren ist dieses Vorhaben Versprechen und Verpflichtung zugleich. Und Ullrich, der schon seit Jahren in der Gastronomie arbeitet, weiss, dass das Ausschenken von Spitzenweinen kein einfaches Geschäft ist: «Nur weil wir Freaks sind, gefällt den Leuten nicht alles, was uns gefällt. Wir müssen schon darauf achten, dass sich die Gäste angesprochen fühlen.»

Doch seien wir ehrlich. Welchem halbwegs vernünftigen Menschen gefallen Weine wie Opus One 2005, Krug Vintage 1998, Sassicaia 1994 oder Mouton Rothschild 1989 nicht? Natürlich, das sind keine Alltagsweine, auch in der Bar «4 Tiere» nicht. Es sind vier Beispiele von Flaschen, die dort am Montagabend geöffnet werden. Unter dem Motto «jeden Montag ein Mouton» können dann legendäre Gewächse glasweise genossen werden. Und das zu moderaten Preisen, den Mouton 1989 gab es für 30 Franken das halbe Glas. «Das ist natürlich auch spannend für uns selber», sagt Ullrich verschmitzt. Die Betreiber des «4 Tiere» nehmen es mit der Weinqualität sehr genau, bei der Kreation ihres Basissegments etwa trafen sie eine Grundsatzentscheidung: «Wir kosteten gut 50 Weine zwischen 10 und 15 Franken», erklärt Ullrich. «Doch wir merkten, dass diese Produkte zwar okay waren, wir unseren Gästen aber eigentlich etwas anderes zeigen wollten, und zwar nur Weine, die uns wirklich begeistern.» Und so gibt es im «4 Tiere» eigentlich nur Spitzenweine. Beim unteren Segment verzichten die Betreiber auf einen Teil der Marge – zugunsten der Qualität. Dennoch: Regeln, was man trinken soll, gibt es nicht. Es stehen etwa auch 35 Gin-Sorten und bester Kaffee auf der Karte. Im «4 Tiere» wird Genuss gelebt, nicht mehr und nicht weniger. «Ich war zu Beginn erstaunt, wie viele verschiedene Menschen sich von unserem Konzept angesprochen fühlten», meint Ullrich. Und fügt an, dass die Gäste zum Grossteil schon eingefleischte Weinliebhaber seien, doch auch immer neue dazukämen. «Wir machen, was uns gefällt, und verbiegen uns nicht, um zum Beispiel mehr jungen Menschen zu gefallen.» Ullrich ist ein entspannter Typ, dem 42-Jährigen würde man auch locker abnehmen, dass er 35 ist. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich in diesem Umfeld alle Weinbegeisterten wohlfühlen – vom Alteingesessenen bis zum Einsteiger.

Das wöchentlich wechselnde Angebot an offenen Weinen im «4 Tiere» sucht seinesgleichen. Beim Besuch von VINUM steht an der grossen Schiefertafel unter anderem der Puligny-Montrachet 2005 der Domaine Leflaive – für 19 Franken das Glas. Doch Oliver Ullrich hat einen anderen Vorschlag: «Ich habe noch einen Riesling Steinbuckel 2005 von Knipser auf, wollen Sie den probieren?» Natürlich wollen wir den Pfälzer. Die Flasche hatte ein Gast am Vorabend öffnen lassen. Denn die meisten der 350 Weine entkorkt das Team des «4 Tiere», wenn man mindestens drei Deziliter davon kauft. Offene Flaschen werden vor dem Ausschank gekostet, ist eine durch, wird eine neue entkorkt. «Wir sagen interessierten Gästen, was wir zusätzlich da haben.» Das kulinarische Angebot halten die Barbetreiber bewusst klein und weinnah. All die kalten Köstlichkeiten wie Schinken, Terrinen, Käse, Foiegras oder Austern verlangen geradezu nach einem Wein, dazu gibt’s auch frischen Kuchen, warme Focaccia und Suppen. Doch immer wieder wird dieses permanente Angebot durch Neues durchbrochen, etwa wenn, wie im vergangenen Oktober und November, das Thema Trüffel auf dem Programm steht. In dieser Zeit gab es neben einfachen Trüffelgerichten wie Tagliatelle oder Rührei ausgesuchte gereifte Weine. Zudem konnten ein Trüffelseminar und ein zehngängiges Wine and Dine besucht werden. «Diese Anlässe sollen nicht unser Haupterwerb sein», sagt Oliver Ullrich. «Das sind einfach zusätzliche Dinge, die uns und unsere Gäste begeistern.

Als Nächstes steht übrigens Japan auf dem Programm.» Japanische Weine? «Aber sicher doch!», sagt Ullrich und erzählt mit Begeisterung von seinen Erlebnissen damit, von Sashimi, Tepanjaki und japanischem Sauvignon Blanc. Seine Begeisterung ist ansteckend. Japanische Weine? Müssen wir kosten! Im «4 Tiere», bald.