Hotspot des Erlebens
Mein Weinweekend auf Palma de Mallorca
Text: Eva Maria Dülligen, Fotos: Eva Maria Dülligen, Herbert Lehmann, z.V.g.

Dass Spaniens König Felipe VI. hier traditionell den Sommer mit seiner Familie verbringt, ist mehr als verständlich. Palma de Mallorca mutet majestätisch an. Zwischen den Ausläufern der Serra de Tramuntana und den brandenden Wellen des Mittelmeers wuchert die Inselhauptstadt mit ihren Vorzügen: kulturell, kulinarisch – und naturalmente klimatisch.
«I kauf da net ein», sagt Simon Petutschnig und zeigt auf den Eingang der Olivar-Markthalle. Für seine drei Restaurants in Palma holt sich der österreichische Chefkoch hier einzig saisonale Inspirationen. Gemüse und Fleisch kauft er von lokalen Öko-Bauern und Meeresfrüchte bekommt er fangfrisch aus der Bucht von Palma geliefert. Der 47-jährige Kärntner, der seit 2015 auf der Insel lebt und arbeitet, lässt es sich an diesem lauen Sommermorgen nicht nehmen, durch den Mercat d’Olivar zu führen. Ein Schritt durch die Markthallenpforte und man steht in der Fisch- und Meeresfrüchtekultur von Palma. Ein Hauch von Meer und Jod erfüllt die Luft. Die Augen der Mittelmeerfische sind klar und nach aussen gewölbt. Gambas, Pulpo und Hummer sehen aus, als wären sie gerade aus dem Wasser gefischt worden. Daneben lässt Schinken von Jamón de Serrano bis Pata Negra das Wasser im Mund zusammenlaufen. Nachdem pergamentdünne Scheiben vom Hinterknochen über die Theke gereicht wurden und nussig am Gaumen geschmolzen sind, ist Kraft gesammelt für den historischen Kern einer der schönsten Metropolen des Mittelmeerraums. Vom Magneten für Foodies auf der Plaça de l’Olivar geht es runter zu den oszillierenden Blautönen des Balearen-Meeres. Denn das Wahrzeichen von Palma und Meisterwerk im gotischen Stil – die Catedral La Seu – liegt direkt an der Küste. Zunächst geht es über die Plaça Major.

Mallorca im Wandel
Palmas bekanntester Platz breitet sich unter wolkenlosem Himmel aus. Wohltemperierte Brisen streicheln die Haut, während man aus dem Staunen angesichts der Bögen, Fassaden und Balkone rund um den historischen Spot kaum herauskommt. Wo heute Servicekräfte vertraulich winken, um in gastronomische Touristenfallen mit billigem Verdejo und Tex-Mex-Rolls zu locken, fanden einst Pferdehandel und Hinrichtungen statt. Statt hier Geld für Mainstream-Tapas zu verschwenden, sollte man einfach die Atmosphäre einsaugen und einen Schnappschuss der Statue von Jakob I., König von Aragón machen. Gegessen wird später bei besagtem Kärntner «jefe de cocina».

Dass Mallorca seit einigen Jahren eine Transformation im Fremdenverkehr durchläuft, spürt man in Palma wie unter einem Brennglas. Das teils selbstverschuldete Ballermann-Image der Saufgelage mit Sangria-Eimern wird von der Inselregierung schrittweise korrigiert. Empfindliche Geldstrafen bei Alkoholkonsum auf offener Strasse und am Strand in Party-Zonen wie der Playa de Palma beginnen die touristische Spreu vom Weizen zu trennen. Trendsport Nummer eins an den Uferpromenaden ist mittlerweile das Biken. Im Minutentakt radeln Touristen auf markierten Radwegen am Meer entlang. Verleihstellen schiessen wie Pilze aus dem Boden. Auch im Inneren der Inselhauptstadt weht ein zivilisierter Wind. Statt in Flip-Flops und Achsel-Shirts zeigt man sich überwiegend modisch bedeckt. Von der Plaça d’Espanya erreichen wir durch den historischen Stadtkern die Catedral La Seu. Der Blick auf Meer und Puerto de Palma von der Dachterrasse des monumentalen Sakralbaus aus fesselt ebenso wie die Gestaltungselemente in der Kathedrale. Fast vier Jahrhunderte dauerte ihre Vollendung, was dazu führte, dass Epochen von Gotik bis Barock in ihr zu einer gewaltigen Dimension der Baukunst verschmelzen. Am frühen Abend wartet im Yachthafen von Puerto Portals – 20 Autominuten südwestlich von Palma – eine Überraschung: Die elf Meter lange Frauscher 1212 Ghost Air mit Teak-Deck, Loungebereich und einer gepolsterten Liegefläche am Heck nimmt uns an Bord und cruist im Affenzahn über die Wellen der Bucht. Während wir vorbei an steilen Klippen und mediterraner Vegetation rauschen, wird klar: Ohne ein kleines Abenteuer auf oder unter diesem faszinierenden Blau sollte niemand heimfahren. Vom Schnorcheln über Jetski bis zum Delfin-Watching ist für jeden etwas dabei. Im «Yara» weiss man kaum, wo man zuerst hinschauen soll – auf die chromblitzenden Boote im Hafenbecken oder auf das Porzellan mit asiatisch-mediterraner Kochkunst? Chefkoch Simon Petutschnig verwandelt das, was ihm taufrisch aus dem Mittelmeer angeliefert wird, in Delikatessen wie Sashimi-Selektionen, gegrillten Seebarsch mit Dashi Beurre Blanc oder Bluefin Tuna Tataki. Für Anspruchsvolle steht butterzartes Wagyu Miyazaki vom Robata-Grill zur Wahl.
«Es ist ein Paradies – wenn du es aushalten kannst.»
Gertrude Stein
Um dem mallorquinischen Wein die Ehre zu erweisen, ist Winzer und Öko-Landwirt Carlos Feliu genau der Richtige. Für den nächsten Mittag steht ein Besuch auf der Bodega in Porreres an. Carlos, Anhänger biodynamischen Weinbaus, zeigt stolz seine schwarzen Mallorca-Schweine, die für die Düngung der umliegenden Weinberge sorgen. Vom Chardonnay bis zum autochthonen Callet entstehen hier grossartige Demeter-Weine. Am Abend geniessen wir einige davon auf der Barbecue-Terrasse. Es bleiben nur zwei Dinge zu tun: relaxen und dabei zuschauen, wie die mallorquinische Sonne langsam hinter dem Monti-Sión verschwindet.
Erlebnis & Natur
Nicht umsonst bezeichnen viele Reisende Mallorca als Sehnsuchtsinsel. Und die balearische Insel-Hauptstadt kann man getrost «Hotspot des Erlebens» nennen.
Wassersport

Eldorado der Freude
Je nach Lichteinfall changiert die Meeresfarbe in Palmas Buchten von leuchtendem Türkis bis zu einem tiefen, satten Blau. Es zieht einen magnetisch hinaus aufs Iberische Meer, um es auf oder unter Wasser zu erleben. Ganz nach Gusto kann man beispielsweise bei Cava und Tapas auf einer Katamaran-Tour de Luxe chillen, beim begleiteten oder eigenständigen Tauchgang die Unterwasserwelt inklusive Grotten und Wracks erkunden oder auf einer Jetski-Safari von Cala Gamba aus Kurs auf die Kathedrale von Palma nehmen. tripadvisor.de
Kulturerlebnis

Catedral La Seu
Näschen eingecremt, Sneaker zugeschnürt, Google Maps zur Hand – und es kann losgehen. Wer nicht mitten in Palma-Altstadt eingecheckt hat, findet schnell die passende Buslinie zu den Hotspots. Wichtigstes Must-see ist die Catedral La Seu, architektonisches Riesenjuwel und Symbol der Befreiung von den Mauren. Wer sprachlos dasteht angesichts der geballten Schönheit, die Baumeister über vier Jahrhunderte erschufen, gerät bei Antoni Gaudís Gestaltung im Jugendstil erst recht ins Staunen. Von 1904 bis 1914 hat der Meister des Modernisme – nicht zur Begeisterung aller – hier avantgardistische Fingerabdrücke hinterlassen: Am imposantesten ist der Baldachin über dem Hauptaltar, der zu schweben scheint.
Essen & Trinken
Von Veggie-Food bis Hummersalat, von Tex-Mex bis japanisch und freilich klassische katalanische Kost: Essen in Palma ist das Gegenteil von Langeweile.
Yara

Rohfisch am Hafen
Fine Dining im Luxushafen. Klingt nach einem Hauch von Extravaganz – und ist es auch. Aber das Geniesserherz freut sich, wenn es den Duft taufrischer Meeresfrüchte einhauchen, butterzartes Wagyu-Rind auf der Zunge zergehen lassen und von Trockeneis umnebelte Desserts verputzen kann. Eingerichtet ist das «Yara» vis-à-vis der schaukelnden Yachten im Hafenbecken von Puerta Portals nach Feng-Shui-Kriterien: Naturstoffe, viele Pflanzen und ästhetisches Farbkonzept akzentuieren die wohlige Stimmung. Tolles Weinangebot. yarapuertoportals.com
Mercat d’Olivar

Markthallen-Olymp
Nicht von ungefähr vergleichen viele die grösste Markthalle der balearischen Inselhauptstadt mit La Boqueria in Barcelona. Vor allem, was das Angebot an Krustentieren und Meeresfischen betrifft. Im oberen Geschoss befinden sich neben einem Supermarkt auch Bars, die ihren frisch gekauften Fisch für Sie grillen und servieren. Die lichtdurchflutete Halle aus den 1950ern bietet überdies regionalen Käse, Wurst und viele Stände, wo man sich zwischendurch mit Leckereien stärken kann. mercatolivar.com
Fera

Congratulaciones!
Nicht nur dem Service im «Fera» gebührt ein dickes Lob. Auch die Qualität, die hier serviert wird, hat das Zeug zum Michelin-Stern. Im mediterranen Garten des ehemaligen Adelspalais begrüsst Chef-Sommelier Roberto mit einem feinperligen Rosé-Cava. Dann folgt «Chef′s Menu» in Form von Gillardeau-Austern, Seebarsch oder Filet vom Simmentaler Rind. Alles à point und mit Details wie Kokosmilch, Beurre Blanc oder Yuzu veredelt. Die Aromen tanzen dabei Sardana miteinander. ferapalma.com
Übernachten
Sich in Palmas Topunterkünften einzuquartieren, heisst pures Vergnügen. Denn hier ist man eingebettet zwischen historischer Architektur und mediterraner Lebensart.
****Can Feliu

Schlafen in der Finca
Weinliebhabern, die der Sehnsuchtsinsel Demeter-Weine unmittelbar entlocken wollen, sei diese Adresse empfohlen. Das Landhotel – umgeben von Rebgärten und Weidetieren – birgt ausser einem Weinkeller auch Suiten im rustikalen Stil. Abkühlung auf der familiengeführten Finca kann man sich im Aussenpool holen, gegrilltes Bio-Fleisch gibt′s auf einer Riesenterrasse mit Barbecue-Bereich und Weinproben beim Önologen Carlos Feliu. Frei nach dessen Motto: Biodynamie ist der Link von der Erde ins Universum. canfeliu.es
****Las Arenas

Über den Dächern von Palma
Allein der Blick vom Rooftop lohnt den Aufenthalt im «Las Arenas». Nachdem man sich an Mittelmeer und Yachthafen schwindelig geguckt hat, taucht man im Infinity-Pool ab. Die Sky-Bar stillt zunächst den Appetit mit Snacks und Cocktails. Vom Hotel aus reicht ein Katzensprung über die Uferpromenade, und man steht im azurblauen Nass. Can Pastilla, knapp acht Kilometer von Palma entfernt, verströmt mit seinen Mini-Geschäften, Bars und Restaurants den Charme eines Touristendorfes. Nahegelegene Buslinien kutschieren Urlauber für zwei Euro nach Palma Downtown. illabeachhotels.com
****Meliá Palma Bay

Klare Linien mit Pfiff
Architekt Francisco Mangado hat in diesem Designhotel – unweit der Uferpromenade –
für klare Linien gesorgt. Zimmer und Suiten bestechen durch grosse Räume, komfortable Sitzbereiche und transparente Badezimmer. Wer sich hier nach einer Stadt-Tour erholen will, sollte das im Liegestuhl am Dachterrassen-Pool tun: Auf der einen Seite eröffnet sich das glitzernde Mittelmeer, auf der anderen blickt man über Palma bis zur Catedral La Seu. Die überdachte Sky-Bar toppt die Urlaubsstimmung mit Cocktails, Wein und Häppchen.
Kultur & Handwerk
Das Angebot macht schwindelig. Deshalb haben wir Adressen selektiert, die einen Ausflug definitiv lohnen.
Rialto Living

Shoppen im Palais
Ein barocker Stadtpalast aus dem 16. Jahrhundert bildet die eindrucksvolle Kulisse dieses Lifestyle-Stores. Auf 1400 Quadratmetern verteilen sich Möbel, Kunst und Mode über zwei Etagen. Dass der schwedische Initiator Klas Kall aus der Designbranche stammt, fällt detailreich ins Auge: vom Innenarchitektur-Studio über die Stoffkollektion «Mediterranean Seaside» bis zu Ausstellungen einheimischer Künstler. Das lichtdurchflutete «Café Rialto» lockt mit Tandoori-Lachs oder Rialto-Living-Hamburgern.
Bodega Can Feliu

Inselwein alias Steiner
Winzer Carlos Feliu hat mit seiner Finca im mallorquinischen Dorf Porreres Einzigartiges auf der Insel geschaffen. Der Önologe betreibt inmitten von Weinbergen nicht nur Agriturismo, auch sein Weinfinca-Konzept ist vollgestopft wie eine Wundertüte. Carlos zelebriert jeden Schritt von der Weinlese bis zur Abfüllung nach biologischen und biodynamischen Vorgaben – nebenbei stellt er Demeter-zertifiziertes Olivenöl aus Arbequina-Oliven her. Und, wer sein eigenes Weinfass von den zehn Hektar Rebfläche will, kann mit Carlos′ Hilfe einen Wein zusammenstellen. Aber auch, wenn man nicht gleich Mallorca-Winzer werden will, steht nach Anmeldung für jeden Besucher der Verkostungsraum auf dieser malerischen Finca offen.