Überraschend kombiniert

Spareribs und Cidre

Text: Dominik Vombach, Foto: Martin Hemmi

Jeder kennt Geheimtipps bei der Kombination von Wein und Speisen. Die originellsten Mariagen stellen wir Ihnen in dieser Serie vor. Zu Spareribs serviert Dominik Vombach Cidre.

 

Es gibt Gründe, warum ich kein Handwerker bin. Nach nur einer Stunde mit der Flex in der Hand war der zentimeterdicke Rost zwar aus dem alten Ölfass entfernt, aber der Hexenschuss da. Jetzt lag ich im Bett und versuchte, mich wie ein hilfloser umgekippter Käfer aufzurichten. Einzig der Gedanke an meinen eigenen Ugly Drum Smoker, der im Keller wartete, linderte die Schmerzen. Bevor ich hier lag, hatte ich es nämlich geschafft, das entrostete Metallfass zu einem Räucherofen umzubauen.

Der Schmerz hat sich gelohnt. Seitdem gibt es bei mir echtes Barbecue: Grosse Fleischstücke werden über Stunden im heissen Rauch gegart, entwickeln komplexe Aromen und werden butterweich. Für die Inbetriebnahme kaufte ich Spareribs und suchte tagelang nach der richtigen Zubereitungsweise. Spareribs gehören zur heiligen Dreifaltigkeit des Barbecue, zu der neben den Ribs die Klassiker Beef Brisket (Rinderbrust) und das auf der Zunge zergehende Pulled Pork (Schweinenacken) zählen.

Ein Smoker verhält sich etwa wie ein alter englischer Sportwagen. Es braucht eine gewisse Erfahrung und etwas Fingerspitzengefühl, um ihn geniessen zu können. In Internetforen tauschen sich Barbecueliebhaber aus aller Welt darüber aus, welche Garzeiten, Räucherhölzer, Gartemperaturen, Gewürzmischungen, Marinaden und vorbereitenden Techniken zum höchsten Genuss führen. Fast jeder hat sein eigenes, unübertreffliches Rezept. Bis man sich durch die unzähligen Einträge und Diskussionen gekämpft hat, braucht es viel Geduld. Meistens kombiniere ich mehrere Rezepte, und dieses Mal lief der erste Test so gut, dass ich die Methode vorläufig beibehalte: Die Ribs werden mit einer Dry Rub, also einer trockenen Gewürzmischung, die aus Zucker, Salz, Paprikapulver, Kumin und einigen anderen Gewürzen besteht, eingerieben. Nach 24 Stunden im Kühlschrank garen die Ribs für vier Stunden in Hickory-Eichen- und Buchenrauch. Die lange Garzeit macht das Fleisch so zart, dass es förmlich vom Knochen fällt.

In den USA trinkt man zum Barbecue Bier. Vor allem aromatische Sorten wie IPAs (Indian Pale Ales), denn der intensive Rauchgeschmack und die Gewürze schreien nach einem Partner auf Augenhöhe. Wein schien mir von Beginn an nicht passend, und alle Versuche, ob weiss, oder rot enttäuschten mich.

Also was tun, wenn kein Bier im Haus ist? Dann gibt es Cidre! Im Sommer habe ich immer eine Flasche Apfelschaumwein im Kühlschrank. Cidre ist leicht, unkompliziert und ungemein trinkig. Zu den würzig-rauchigen und leicht süsslich schmeckenden Spareribs passt ein Glas frischer Cidre mit kräftiger Säure, einem Hauch Restzucker und spürbarem Tannin perfekt. Rein geschmacklich und aromatisch gesehen ergänzen sich Ribs und Cidre hervorragend. Dazu kommt, dass Schweinefleisch und Apfel sowieso ein Traumpaar sind.

Versuchen Sie’s!

Die Speise

Als Spareribs werden häufig die sogenannten Babybackribs verkauft. Das sind die kleineren Rippchen aus dem Kotelettzuschnitt, also keine klassischen Spareribs. Sie sind zarter und fleischiger. Egal welche Ribs man verwendet, es sollte zuerst die Silberhaut auf der Unterseite entfernt werden. Anschliessend werden sie mit einer Gewürzmischung, die in der Regel aus Zucker, Salz und aromatischen Gewürzen besteht, mariniert. Besonders gut passt eine Memphis-Style-Mischung. In Frischhaltefolie verpackt bleiben die Ribs nun für mindestens 24 Stunden im Kühlschrank. Im Smoker werden sie dann für etwa vier Stunden bei circa 100 Grad im Rauch gegart. Testen Sie unterschiedliche Räucherspäne. Um zu verhindern, dass die Ribs austrocknen, kann eine Mischung aus Apfelessig und Cidre aufgetragen werden. Es lohnt sich zu experimentieren.

Der Wein

Apfelwein ist nicht gleich Apfelwein. Wer sich ein wenig in die Materie einarbeitet, wird schnell feststellen, dass die aus Apfelmostkonzentrat hergestellten Supermarkt-Apfelweinchen rein gar nichts mit handwerklichen Produkten gemein haben. In der Kombination mit den Spareribs ist es im Grunde nicht besonders wichtig, woher der Cidre beziehungsweise Apfelwein kommt. In Europa gibt es hervorragende Produkte, aber er sollte nicht süss sein, sondern trocken. Er darf spürbares Tannin und eine entsprechende Griffigkeit zeigen. Klassiker aus der Bretagne, aber auch ein flaschenvergorener Sidra aus Asturien sind empfehlenswert und eignen sich gleichermassen. Der Cidre darf ruhig etwas «funky» sein.

Die Mariage

Apfel und Schweinefleisch passen zueinander, was auch die Basis für die etwas extrovertiertere Kombination aus Cidre und geräucherten Spareribs bildet. Das fettige Schweinefleisch nimmt die griffigen Tannine des Apfelschaumweins sehr gut auf, schwächt sie etwas ab, sodass die Mariage rundum harmonisch wirkt. Die Kombination aus der leichten Süsse der Spareribs und der kräftigen Säure des Cidre gipfelt in einem sehr angenehmen und genussbringenden süss-sauren Gaumeneindruck. Dazu kommen teils in beiden Komponenten vorhandene und verbindende aromatische Elemente wie Raucharoma und Gewürznoten.