Überraschend kombiniert

Hotdog und Champagner

Text: Eva Dülligen, Foto: Martin Hemmi

Jeder kennt Geheimtipps bei der Kombination von Wein und Speisen. Die originellsten Mariagen stellen wir Ihnen in dieser Serie vor. Zum aufgepeppten Hotdog empfiehlt Eva Dülligen feinperligen Champagner.

 

Wer zuerst kommt, mampft zuerst. Im Eingangsbereich von Londons derzeit angesagtestem Fastfood-Restaurant warte ich in einer Schlange, die bis auf den Bordstein der Charlotte Street reicht. Seit einem Jahr tischen Sommelière Sandia Chang und Chefkoch James Knappett hier im «Bubbledogs», mitten in Londons Trendviertel Fitzrovia, profane Kost zu Champagnern auf.

Dann bin ich an der Reihe, werde an einen Minitisch begleitet und schon mal mit einer Schampuskarte und einer, die hausgemachte Hotdogs anpreist, versorgt. Bisher habe ich mir das edle Gesöff eher zu Nigiri-Sushi oder Walderdbeeren gegönnt. Hotdogs mit dem renommiertesten und teuersten Schaumwein der Welt runterzuspülen, das fühlt sich an, als könnte man ihn gleich in den Ausguss kippen. Für einen Moment kokettiere ich mit dem Gedanken, einfach ein Gläschen Champagner zu zischen und ins Londoner Nachtleben abzutauchen – ohne den Gaumen vorher mit mousseux durchtränktem Junkfood zu kränken...

Meine Neugier siegt über die Vorurteile. Also entscheide ich mich unter den 13 Hotdog-Varianten für den «New Yorker» und den «K-Dawg». Dazu bestelle ich einen Grand-Cru-Rosé-Champagner Brut, weil dessen beerenfruchtige Säure und sanfte Perlage zum Curry und zur roten Bohnenpaste auf dem Schweinewürstchen im «K-Dawg» passen könnten. Die Luxus-Hotdogs mit Trüffel-Mayo oder geschmolzenem Blauschimmelkäse würfle ich direkt raus – das sind Fakes: Roquefort oder Wintertrüffel schlügen sich besser als authentische Alleingänger. Etwa zu einem Blanc de Blancs ohne Dosage. Da braucht man keine Aromen dieser Art auf einer Wurst im Brötchen. Sie drängeln das Würstchen so stark in die Geschmacksdefensive, dass es ein unfaires Match wäre. Viel spannender ist die puristische Version mit gegrilltem, leicht süsslichem Sauerkraut, die nach einem Extra Brut aus hundert Prozent Chardonnay schreit.

Bistros und Restaurants in Reims reichen zu den Pricklern übrigens nicht selten Andouillette – regionale Wurst aus fein gehackten Innereien. Gern auch geräucherten rohen Schinken aus den Ardennen. Wenn Wein und Leckerbissen aus derselben Region kommen, macht das am Gaumen meistens Sinn. Ein spanisches Pendant wäre die katalanische Salami Salchichón de Vic zum Schaumwein Cava aus der DO Penedès.

Zwar ist eine simple Brühwurst meilenweit von solchen Delikatessen entfernt. Und das Hotdog-Ursprungsland USA liegt ebenso meilenweit weg von der Champagne. Doch ein Biss in den «New Yorker» mit einem Schluck extratrockenen Premier Cru lässt mich aufschmecken: Der Kontrast zwischen dem milden Würstchen unter karamellisiertem Sauerkraut und dem toastig-nussigen Mousseux des Chardonnays geht prickelnd auf.

Versuchen Sie’s!

Die Speise

Der gemeinsame Nenner US-amerikanischer Fastfoodkultur stellt in seiner Urform nichts anderes dar als ein harmloses Frankfurter Würstchen im aufgeschnittenen Brötchen. Also einfach nachzubauen. Will man den Hotdog-Klassiker, wird die Brühwurst von Sauerkraut, Mixed Pickles und Senf getoppt. Seit seinem weltweiten Siegeszug durchlebt der Hotdog die unterschiedlichsten Zubereitungsformen: mal mit karamellisierten Zwiebeln (andünsten, Zucker zugeben und hellbraun brutzeln), knuspriger Hähnchenhaut und geriebenem Parmesan. Dann wieder wird das Würstchen mit dünnem Frühstücksspeck umwickelt und von Spiegelei und Ketchup gekrönt. Man kann variieren, wie man lustig ist. Die Dressings reichen von BBQ Sauce bis Mayo oder Sour Cream.

Der Wein

Mit seiner Hefenase korrespondiert Champagner gut mit dem Weizenbrötchen um die Knackwurst. Aber bevor man den Korken knallen lässt, sollte man den Schaumwein auf den Grad seiner Trockenheit abgetastet haben. Ein Brut Nature mit null bis drei Gramm Zuckergehalt pro Liter ist definitiv zu trocken als Würstchenbegleiter, weil er dessen Salzaspekt zu stark herauskehren könnte. Interessant wird es ab einem Extra Brut oder Brut mit mindestens sechs Gramm Dosage, um auch Zutaten wie Curry oder BBQ-Sauce die Stirn zu bieten.

Die Mariage

Nicht jeder Schampus kann es mit dem «heissen Hund» aufnehmen. Wird diesem zum Beispiel Senf aufgelegt, bedarf es einer gewissen Süsse, um die beissende Würze abzufedern. Ein spritziger Rosé-Champagner verschlankt fettigen Speck und scharfe Saucen durch eine erfrischende, beerengeprägte Perlage. Der sahnig-nussige Aspekt im Grande Réserve aus Pinot Noir und Chardonnay von Vilmart & Cie passt bestens zu allen Käsetoppings. Karamellisierte Zutaten dürsten nach animierender, nicht zu aggressiver Säure, damit der leicht süssliche Röstgeschmack der gebrutzelten Zwiebeln oder Tomaten in angenehme Balance mündet.