Die Meister des Bistecca

La Bistecca

Fotos: z.V.g.

Das Bistecca alla Fiorentina gibt es eigentlich nicht: Es gibt viele Bistecche. Und fast jeder Koch in der Toskana hat sein eigenes Rezept dafür.

Dario Cecchini in Panzano brät das Stück im Ganzen acht Minuten pro Seite auf dem Grill über offenem Feuer an, im «Ristoro di Lamole» in Greve dauert das nur drei Minuten, allerdings wird das Steak schon vorher in Scheiben geschnitten – und kommt nach dem Grill nochmals in die Pfanne. Aber das Ergebnis ist ähnlich: ein saftiges Stück Rindfl eisch, innen noch roh, aussen knusprig und mit der nötigen Fettschicht versehen, um es richtig geschmackvoll zu machen. Vermutlich ist es das bekannteste Gericht der toskanischen Küche.

Eine Anekdote besagt, dass die Entstehung des Bistecca auf die San-Lorenzo-Festlichkeiten im 16. Jahrhundert zurückgeht, bei denen traditionell riesige Mengen von Rindfl eisch – «Gran Pezzo» genannt – über einem off enen Feuer gebraten und an die Feiernden verteilt wurden. Eine Horde englischer Händler kam darüber so ins Schwärmen, dass es lautstark nach noch mehr «Beefsteak» verlangte – daraus wurde das «Bistecca».

Dabei ist ein Bistecca alla Fiorentina einem Porterhouse- oder T-Bone-Steak sehr ähnlich: Die bis zu 1300 Gramm schweren und bis zu sechs Zentimeter dicken Scheiben werden aus dem Filet, dem Knochen und dem flachen Roastbeef geschnitten, so dass ein T-förmiges Knochenstück in dem Steak verbleibt. Dann kommt das Stück auf den Grill, wobei es manchmal vorher mit Olivenöl eingestrichen wird, manchmal nicht. Nach kurzer Bratzeit wird das Steak gewendet und auf der gegarten Seite gesalzen. Nachdem die andere Seite ebenso lang gegrillt wurde, salzt man auch sie. Jetzt wird das Fleisch mit einem Stück frischer Butter belegt oder mit Olivenöl beträufelt, sofort angerichtet und nach Wunsch mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle gewürzt.

Kaum ein toskanisches Restaurant, das etwas auf sich hält, kann es sich leisten, kein Fiorentina auf der Karte zu führen. Im häufigsten Fall stammt das Fleisch dafür vom toskanischen Chianina-Rind, einer heimischen Rasse. Es wird seit einigen Jahren wieder vermehrt gezüchtet.

 

Es muss nicht immer Chianina sein

Für Chefkoch Valentino im «Ristoro di Lamole» ist das Chianina hingegen nicht die erste Wahl für das Bistecca: Er verwendet Fleisch aus den Abruzzen, eine Kreuzung aus Limousin und aus der eigenständig-toskanischen Maremmana, das von der Metzgerei «Gabriella» in Greve verarbeitet wird.

Dario Cecchini verwendet in seiner Metzgerei in Panzano ebenfalls kein Chianina, sondern eine spanische Rasse. Die Fleischqualität sei besser für das Bistecca, meint er. Denn: «Dabei geht es nicht so sehr darum, welche Rasse das Rind ist, sondern vielmehr, was es zu fressen bekommen hat, ob es artgerecht leben durfte oder nur als Ware behandelt wurde.»

Dario Cecchini ist zwar längst eine Berühmtheit und zeigt weltweit, wie man richtig grillt. Doch wenn er zuhause ist, dann findet man ihn hinter der Theke seiner Metzgerei im Ortszentrum von Panzano: «Ich bin schliesslich der Macellaio von Panzano: Das Dorf mit seinen 900 Einwohnern erwartet, dass ich auf meinem Posten stehe wie mein Vater und Grossvater vor mir. Ein Mann muss wie ein Baum sein: Er muss in der Erde und den Traditionen verwurzelt sein und sein Kopf, seine Krone, muss im Himmel oder besser: im Jetzt sein.»

Kann man das Bistecca im «Ristoro di Lamole» auf der Terrasse mit Blick auf das Chianti in trauter Zweisamkeit geniessen, sitzt man bei Dario Cecchini in einem grossen, hellen Raum gemeinsam mit anderen Gästen an einem langen Tisch. Viele Touristen aus aller Welt pilgern natürlich in sein Lokal, um Bistecca zu essen: saftig, gut mit Fett durchzogen und geschmackvoll, wie es sein soll. Für Dario Cecchini ist jedoch das Bistecca alla Fiorentina nicht wirklich das beste Stück vom Rind: Er zieht das Panzanese vor, das auf der Kuppe des Rindes, etwas hinter dem Bistecca liegt: geschmackvoller, kerniger noch als das Bistecca, aber kaum bekannt.

Nur abends bietet Dario in seinem Lokal Erlebnisgastronomie der besonderen Art: Gegen einen Obolus von 50 Euro pro Person gibt’s in seinem Officina della Bistecca ein All-inclusive-Menü. Kredenzt werden Carpaccio di Culo, Fagioli, natürlich Bistecca und noch vieles mehr. Dazu gibt’s den Hauswein Vino di Vittorio, nach seinem Produzenten benannt. Um in den Genuss all dieser Köstlichkeiten zu kommen, sollten Sie lange vorher reservieren!