Moderne Kräuterküche

Eine Welt jenseits von Schnittlauch und Basilikum

Text: Marina Eger, Fotos: Daniel Schneider

Was waren das noch für Zeiten, als selbst in der Gastronomie nur alibimäßig ein Sträußchen krause Petersilie auf dem Teller drapiert wurde. Lang ist’s her. Zum Glück! Denn frische Wild- und Küchenkräuter sind aus der Kulinarik nicht mehr wegzudenken. Und vielfältiger, als Sie vielleicht annehmen ...

Bis vor kurzem habe ich aus Gänseblümchen noch völlig ahnungslos Blütenkränze geflochten. Jetzt weiß ich: runter vom Kopf und ab damit in die Salatschüssel. Die kleinen Korbblütler sind nicht nur hübsch, sondern vor allem reich an Vitamin C, Magnesium und Eisen. Und machen natürlich auch optisch so richtig was her auf dem Teller. Wer also aufmerksam durch die Natur spaziert, kann ganz nebenbei einen Korb mit heimischen Superfood-Boostern pflücken. Vor allem, wenn man mit Kräuter-Expertin Thea Kornherr einen ausgedehnten Spaziergang unternimmt. Ich hätte Löwenzahn, Brennnessel oder Sauerampfer natürlich links liegen gelassen. Phytotherapeuten wie Thea Kornherr lieben solche Wildkräuter. Nicht nur wegen des Geschmacks, sondern vor allem wegen der tollen Inhaltsstoffe, die dem Körper oftmals einen Gesundheitskick geben. Gut, dass es allein in Deutschland über 1500 «Unkräuter» und Wildkräuter gibt, die man essen kann. Und Spezialisten wie Thea Kornherr, die bei der Zuordnung helfen. Bei einer Kräuter-Expedition lernt man genau, wo man die besten Kräuter sammelt und wovon man lieber die Finger lässt. Und natürlich, wie man Kräuter so verarbeitet, dass sich die Inhaltsstoffe bestmöglich entfalten.

Dieser Mission stellt sich auch Küchenchef Julian Berroth im Restaurant Boteca di Vino. Hier liegt der Fokus auf Küchenkräutern. Die werden unterschiedlich verarbeitet – so, dass sie geschmacklich perfekt passen. Es ist ein großer Unterschied, ob man ein Kraut schneidet, hackt oder zupft. Julian Berroth verarbeitet Kräuter vor allem gerne, indem er sie in einem Sud ziehen lässt. Oder er zaubert daraus ein würziges Kräuter-Öl. Der richtige Wow-Effekt entsteht, wenn man auch mal das verwendet, was oft vorschnell auf dem Kompost landet: den Kräuter-Stängel. Vor allem beim Koriander verblüfft dieses Aroma so manchen
Gast ...

Koriander? Richtig, den mag man ja – oder hasst ihn. Weil er angeblich seifig schmeckt. Doch das muss nicht sein. Sofern die richtige Kräuter-Qualität verwendet wird. Mit Qualität kennt man sich vor allem auf dem Keltenhof in Filderstadt aus. Während im Minutentakt Boeings über die 50 Hektar große Anbaufläche fliegen, werden hier auf den Fildern Kräuter, Wildkräuter, Blüten und Micro-Leafs für die gehobene Gastronomie angebaut. Der richtige Zeitpunkt ist wichtig für den perfekten Geschmack! Geerntet werden die Kräuter jung, noch vor der Blüte – dann entfalten sie das beste Aroma. Und auch der hassgeliebte Koriander schmeckt dann wunderbar – und überhaupt nicht seifig!

 

Tipp 1

Power-Kräuter direkt aus Dettenhausen

Wer Thea Kornherr kulinarisch beeindrucken will, sollte möglichst nicht mit Tomate, Mozzarella und Basilikum ums Eck kommen. Damit erntet man eher ein müdes Lächeln. Kein Wunder, denn in ihrem Kräutergarten Kornherr pflegt sie eine der größten Kräuter-Sammlungen weit und breit. Neben Grapefruit- und Bananenminze tummeln sich 28 weitere Minz-Sorten im Kräutergarten. Und rund 290 weitere Kräuter-Sorten, darunter sogar ein eigener Kornherr Rosmarin: intensiv im Geschmack, mit hauchzarten Nadeln.

Schon als kleines Mädchen war Thea Kornherr begeistert von der Kräuter-Vielfalt im elterlichen Betrieb. Wen wundert’s: Später wurde aus der weltweit gefragten Top-Floristin eine bekannte Phytotherapeutin, die ihr Wissen gerne weitergibt. In eigenen Workshops, als Referentin auf Fachveranstaltungen oder auch an Köche. Die sich gemeinsam mit Thea raus aus der «Kräuter-Komfortzone» wagen und auch mal was Neues ausprobieren. Brennnessel-Soufflé oder Mädesüß-Creme überraschen nicht nur geschmacklich, sondern sind wahre Gesundheits-Booster. Eine Handvoll Brennnessel enthält so viel Vitamin C wie drei Kilo Orangen. Mädesüß gilt als natürliches Aspirin und lässt sich direkt in der Natur sammeln. Sofern man sich auskennt – oder gemeinsam mit Thea Kornherr eine Kräuter-Expedition unternimmt. Besonders jetzt im Frühling macht das großen Spaß, weil die jungen Triebe nach dem Winter eine wunderbare Frische auf den Teller bringen. Und ganz nebenbei den wintermüden Stoffwechsel so richtig ankurbeln. Da hat Frühjahrsmüdigkeit keine Chance!

Der passende Wein

Weingärtner

Cleebronn-Güglingen eG, Cleebronn

2017 Emotion CG Riesling trocken

Geprägt von knackigen Pfirsicharomen, Orangenzeste und Kumquat. Komplexer Körper mit feincremiger Textur, etwas Schärfe und mineralischer Tiefe.

Preis: 16,50 Euro | www.cleebronner-weinshop.de

Lecker!

Wildkräuter-Suppe, cremiger Erbsen-Parmesan-Wildkräuter-Aufstrich oder knackiger Wildkräuter-Salat?
Bei Thea Kornherr dreht sich auch kulinarisch alles rund um frische Wildkräuter. Hier entstehen vitaminreiche und nährstoffreiche Gerichte – mit jeder Menge guten Inhaltsstoffen und einem tollem Geschmack!

Rezept-Download: www.weinheimat-wuerttemberg.de/rezepte

 

Tipp 2

Gourmetküche in der Ex-Bäckerei

Dass Chefkoch Julian Berroth mittwochmorgens auf dem Wochenmarkt die besten Zutaten für seine sterneverdächtigen Menüs besorgt, klingt wie ein Märchen. Ist es aber nicht. In der Boteca di Vino wird Ware nicht bestellt, sondern vor Ort eingekauft. Direkt beim Erzeuger, dort wo die Qualität am besten ist. Jede Menge Inspiration gibt’s «umsonst» dazu. Perfekt für Berroth, der alle zwei Wochen neue Menüs entwirft, die allabendlich rund 30 Gäste begeistern. Nur 30? Für mehr ist in der ehemaligen Botnanger Bäckerei kein Platz. Boteca-Gäste schätzen genau diese «Wohnzimmer-Atmosphäre» weg von der City. Was als Hobby-Gastronomie eines ehemaligen Daimler-Managers begann, ist unter Profi Sebastian Werning zu einer Erfolgsgeschichte geworden. Auch wenn jeder Stuttgarter Immobilienkunde beim Anblick der Boteca-di-Vino-Küche den Kopf schütteln würde. So winzig? Was will man denn da kochen? Das beste Risotto der Stadt. Und natürlich kreative Gerichte mit dem gewissen Etwas! Dafür sorgen vor allem jede Menge Kräuter, die vielfältig eingesetzt werden! Nicht nur als Sud oder als Öl runden sie die Gerichte perfekt ab. Die Art, wie Kräuter hier eingesetzt werden, erzielt oft einen Wow-Effekt. Den die Gäste in der Boteca di Vino so sehr lieben. Genau wie die umfangreiche Weinkarte mit rund 250 Positionen. Auch hier spürt man die Liebe zur Region. Viele Weine stammen aus Württemberg, die Weinbegleitung zum Menü wird von Chef und Weinkenner Sebastian Werning gekonnt ausgesucht.

Der passende Wein

Heuchelberg

Weingärtner eG, Schwaigern

2015 Acolon trocken Qualitätswein

Ein großer Wein mit Vanille-, Sauerkirsch- und Brombeeraromen. Tiefgründig und opulent für besondere Momente und Anlässe.

Preis: 4,88 Euro | www.heuchelberg.de

Lecker!

Ein Menü ohne Kräuter? Undenkbar im Restaurant Boteca di Vino! Küchenchef Julian Berroth verrät seine liebsten Rezepte: gebratene Garnele mit Avocado-Creme und grüner Kräuter-Melange, Lammkarree im mediterranen Kräutermantel mit Rote-Bete-Jus, Cranberrys und Buschbasilikum. Und ein leicht abgebeiztes Lachsfilet mit Gurken-Koriander-Dill-Sud, Sesam und Erbsensprößlingen. 

Rezept-Download: www.weinheimat-wuerttemberg.de/rezepte

 

Tipp 3

Lieblingskräuter der Sterneköche

Ein Gemüsehof auf den Fildern ohne Filderkraut? Gibt’s sowas? Na klar: den Keltenhof in Filderstadt. Familie Daumüller konzentriert sich auf ein Produktsortiment, das Spitzengastronomen in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz begeistert: Baby & Micro Leaf, Wildkräuter, Wiesenkräuter, essbare Blüten, außergewöhnliche Salate und Spezialitäten wie wilden Brokkoli und Blumenkohl. 1999 begann die Erfolgsgeschichte mit dem Anbau von Baby-Leaf-Salaten in Top-Qualität, die tatsächlich nach etwas schmecken! Die Gastronomie war begeistert und wollte mehr. So ist die Produkt-Bandbreite Jahr für Jahr gewachsen. Gleich geblieben sind höchste Qualitätsansprüche, die kompromisslos eingehalten werden. Einzigartig: Vom Saatgut über die Ernte bis hin zur Verarbeitung durchläuft ein Produkt den kompletten Zyklus auf dem Keltenhof. Maßgeblicher Erfolgs-Baustein ist die innovative Produkt-Weiterentwicklung. Rote und grüne Oxalis-Blätter gehören zum Beispiel mittlerweile zum Standardsortiment in Küche und ganz neu auch Bar – dafür sorgt die Herbs-Spirit-Box mit gefriergetrockneten Wildkräutern und Blüten. Solche Produkte entstehen zusammen mit Spitzenköchen und Barkeepern oft in der Keltenhof-Versuchsküche mit Blick auf die die Felder. Hier entwickelt auch der Seminarkoch und Vertriebsleiter Andreas Holzäpfel neue Kreationen – zum Beispiel mit der Studentenblume Tagetes. Nicht nur die Blüten werden verwendet, die jungen Blätter schmecken nach japanischem Bergpfeffer und geben auch gerne Desserts in der Sterneküche den gewissen Kick!

Der passende Wein

Lauffener

Weingärtner eG, Lauffen

Lauffener Weinwerkstatt Chardonnay QbA trocken

Durch die Barrique-Lagerung besticht dieser Wein mit seiner gold-gelben Farbe im Glas, feinen Tabak-Noten und Aromen von Birne und Apfel.

Preis: 8,90 Euro | www.wg-lauffen.de

Lecker!

Wenn Spitzenkoch Andreas Holzäpfel in der Keltenhof Küche seine köstlichen Kreationen auftischt, dürfen besondere Kräuter und Blüten nicht fehlen. Ebenso wenig regionale Spitzenprodukt von Partnern aus dem JRE Genussnetz, wie Schwarzwald-Miso und Mozzarella vom Bodensee. Seit Rezept: Keltenhof Bittersalate «Aperitiv 2019» mit Zichorien, Mango-Chutney und Büffel-Mozzarella.

Rezept-Download: www.weinheimat-wuerttemberg.de/rezepte