#weinheimatwürttemberg

(Wein-)Heimat für Biene, Eidechse und Co.

Text: Theresa Olkus, Fotos: z.V.g., gettyimages/Anagramm, DieterMeyrl

Etwas fällt auf beim Spaziergang durch die Metzinger Weinberge. Überall blüht es lebendig. Dass sich die Tiere hier wohlfühlen, kann man nicht nur sehen, sondern vor allem auch hören. Es brummt und zwitschert, Bienen und Hummeln summen inmitten von Klee und Blüten in den Rebzeilen, Eidechsen sonnen sich auf den Steinriegeln und Vögel freuen sich über ihre kleinen Häuschen. Die Weingärtner in Metzingen möchten hier Mensch und Tier eine nachhaltige Umgebung bieten.

Zwischen Stuttgart und der Alb und damit zwischen Stadt und Land pur. Metzingen liegt wie eine Art Weininsel am Beginn der Württembergischen Weinstraße und gehört zum Biosphärengebiet «Schwäbische Alb». Im Outlet nebenan kann man Marken aus aller Welt ergattern, in der Metzinger Kelter hingegen Weine aus der Region, die ebenfalls viel Klasse haben. Im Ortskern der «Stadt mit den sieben Keltern» kann man noch immer bestaunen, wie vor Jahrzehnten mitten auf dem Marktplatz Wein gemacht wurde. In einer der historischen Keltern befindet sich heute der Verkauf der Weingärtner aus Metzingen und Neuhausen.

Mit 30 Hektar Rebfläche gehört die Weingärtnergenossenschaft im württembergischen Vergleich eher zu den kleineren. Die über 100 Weingärtnerfamilien sehen diese Übersichtlichkeit allerdings als großen Vorteil: Jeder kennt jeden, man hat einen herzlichen und familiären Kontakt zueinander und kann gemeinsam an neuen Ideen feilen. In die Zukunft schauen die Weingärtner sehr zufrieden. Während im trockenen und heißen Jahr 2018 landauf, landab jeder nach Wasser lechzte und den Sommer damit verbrachte, die Weinberge zu bewässern, konnten sich die Metzinger im Albtrauf hingegen bildlich gesprochen auf der Terrasse ausruhen. Hier kam der Regen immer rechtzeitig, sodass die Trauben ihren Wasserbedarf unbesorgt auftanken konnten.

Nicht nur die hervorragenden klimatischen Bedingungen mit ausreichend Regen und viel Sonne, sondern auch das Gestein macht die Metzinger Hofsteige so besonders: Hier wachsen die Reben auf braunem Jura, einem Boden, wie man ihn im Weinbau in ganz Deutschland nur selten findet. Vielmehr ist er aus dem Burgund bekannt, wo auf ihm große Weine wachsen. Die Metzinger wissen: Die einzigartige Natur ist ihr Kapital. Daher hat man sich 2016 gemeinsam mit dem Tier- und Landwirtschaftsökologen Dr. Jürgen Deuschle zusammengesetzt und ein «Maßnahmenkonzept zur naturschutzfachlichen Auswertung» ausgearbeitet. Sprich – Tier, Natur und die Bewirtschaftung durch die Weingärtner sollen eine gemeinsame runde Sache sein, sodass jeder von jedem profitieren kann. Stück für Stück wurden somit die Weinberge durchgearbeitet und auch unter Mithilfe des Vereins «Förderkreis Metzinger Keltern» überlegt, wo welche Veränderung Sinn macht?

Inzwischen ist so einiges umgesetzt: Steinriegel wurden angelegt, die nicht nur Wärme speichern, sondern auch ein optimales Zuhause für Eidechsen und Kriechtiere sind. Nisthilfen geben Wiedehopf und Co. ein neues Zuhause und die Rebzeilen gleichen einer bunten Gräser- und Blumenwiese, die Insekten anlockt. Saisonal werden Wolff-Mischungen ausgebracht und in die Weinberge eingesät. So nähren sich die Insekten im Frühjahr von saftigem Klee und Löwenzahn, im Sommer von herrlich roten Mohnblumen und im Herbst von bunten Anemonen. Hinzu kommt, dass man bereits vor zehn Jahren begann, in den Lagen in und um Metzingen pilzresistente Rebsorten zu pflanzen. Inzwischen sind es fünf Prozent der Rebfläche, die damit für den Bio-Weinbau zertifiziert sind. Jörg Waldner, der Vorstandsvorsitzende der WG Metzingen-Neuhausen, freut sich über die große Motivation der Mitglieder, die Bewirtschaftung in den Weinbergen Jahr für Jahr nachhaltiger zu gestalten und den Extraaufwand auf sich zu nehmen. «Natürlich kostet das alles nicht nur Zeit, sondern auch viel Energie. Unsere Weingärtner sind jedoch sehr offen und sehen den längerfristigen Sinn dahinter.» Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Bei Erlebniswanderungen durch die Weinberge erfährt man aus erster Hand, dass dieses Konzept auch die Kunden überzeugt. Kein Wunder also, dass die Metzinger auch in Zukunft noch einige Pläne für das «Biotop Weinberg» haben.