Profipanel Grüner Veltliner

Frisch

Text: Ursula Geiger, Fotos: Linda Polari

Wer bei Grünem Veltliner aus dem Weinviertel an süffige, unkomplizierte Weine denkt, der wird auf den nächsten Seiten eines Besseren belehrt. Denn das VINUM-Profipanel zeigt die mögliche Vielfalt des Tausendsassas aus dem Norden Niederösterreichs auf. Der Sieger des Panels polarisierte zwar, doch die begeisterte Mehrheit der Degustatoren verhalf ihm dennoch zu einem Glanzresultat.

Das Weinviertel, diese beschauliche und sehr ländlich geprägte Gegend, hat zwei Superlative. Erstens ist es das grösste Qualitätsweinbaugebiet Österreichs, rund ein Drittel der Rebfläche des Landes stehen hier, und zweitens wächst hier fast die Hälfte des weltweiten Bestandes der Sorte Grüner Veltliner. Anders als in der Wachau mit ihren spektakulär steilen Rebterrassen ist die Weinviertler Reblandschaft geprägt von eher sanften Rebhügeln, durchbrochen von Wiesen und Weizenfeldern. Die natürlichen Grenzen sind im Westen der Manhartsberg und im Süden die Donau, die geografischen Grenzen sind im Norden Tschechien und im Osten die Slowakei. Das Weinviertel ist zudem eine der ältesten Kulturlandschaft Mitteleuropas. Bereits vor 7000 Jahren wurden die Menschen hier sesshaft, rodeten die bewaldeten Hügel und machten sich die fruchtbare Erde zu Nutze. Die reichen Keltenfürsten hinterliessen Hügelgräber, die «Mugln» genannt werden. Über die Jahrhunderte hinweg war das Weinviertel einer der Schmelztiegel Mitteleuropas. Mit dem Zweiten Weltkrieg änderte sich das: Das Weinviertel wurde zum Grenzland, zur Pufferzone zwischen Ost und West.

Vielleicht kann man das heute sogar als Segen betrachten, denn die Landschaft, die Gastfreundschaft, die Esskultur, die Traditionen sind noch unverfälscht und pur. Entschleunigung ist angesagt in der Landschaft mit dem herrlich weiten Himmel. Man spürt, dass die Uhren hier langsamer ticken. Umso bemerkenswerter, dass die Region im Jahr 2002 als erste den DAC-Status beantragte. DAC steht für «Districtus Austriae Controllatus», also «kontrollierte österreichische Herkunftsbezeichnung». Das Reglement sieht die Herausarbeitung eines gebietstypischen Profils vor, mit Regeln bezüglich zugelassener Rebsorten, Mindestalkoholgehalt und Stilistik, die hauptsächlich durch den Restzuckergehalt geregelt ist. Als grösstes Weinbaugebiet Österreichs zog sich der Weinriese die Siebenmeilenstiefel an und preschte voraus. Am 1. März 2003 kamen mit dem Jahrgang 2002 die ersten österreichischen DAC-Weine auf den Markt, die nach folgenden Regeln gekeltert wurden: 100 Prozent Grüner Veltliner, 12 Vol.-% Mindestalkohol und trocken ausgebaut. Mit dem Jahrgang 2009 folgte die Weinviertel DAC Reserve, die einen Mindestalkohol von 13 Vol.-% erfordert, leichte Botrytisnoten zulässt und erlaubt, den Wein ins Holz zu legen, solange das charakteristische Pfefferl noch klar erkennbar ist. An diesen Leitlinien orientieren sich die Weinviertler Produzenten. Doch wer etwas aus dem Effeff beherrscht, möchte gerne einen Schritt weitergehen. Warum die Trauben einer Lage (Riede) nicht separat keltern und ausbauen oder den Grünen Veltliner für mehr Würze und Struktur auf der Maische ziehen lassen?

Das neue Selbstbewusstsein der Winzer pusht das Weinviertel enorm. Das honorierten auch die Verkoster des VINUM-Profipanels: Auf den Verkosterblättern war häufig zu lesen «geiler Stoff», «geile Aromatik». Der Auslöser dieser Lobpreisungen ist Leo Uibel, einer der «Jungen Wilden» in Österreich. Er ist dabei, den Grünen Veltliner aus dem Weinviertel zu revolutionieren. Er lässt die Trauben auf der Maische ziehen und verzichtet während der ersten fünf Monate des Ausbaus auf den Zusatz von Schwefel. Zwar wurde teils der Fassausbau moniert oder der Wein «als nicht typisch, aber top» beschrieben, doch letztendlich konnte sich in der Blindverkostung niemand der herrlichen Aromenvielfalt, der präsenten Säure und der ewigen Länge des Uibel’schen Hundsbergs entziehen, einer Lage, in der die 56-jährigen Rebstöcke auf kalkhaltigem Löss stehen und wenige, aber extrem aromatische Trauben hervorbringen. Dem Weinviertel kann dieser Trend nur gut tun: Wird eine Sorte neu interpretiert, steigt auch das Interesse an den klassischen Weinen. Wie soll denn Grüner Veltliner nun sein? Wichtig ist das charakteristische «Pfefferl». Die Noten von weissem und schwarzem Pfeffer zeigen sich oftmals erst am Gaumen, während das Aroma von eingelegtem grünem Pfeffer schon im Duft wahrnehmbar ist. Die leichteren, frischen Qualitäten sind fruchtbetonter und manchmal meint man, einen Hauch von Restzucker zu spüren. Das sind Weine für den Sommer, für den unkomplizierten Genuss, für die erfrischenden Gläser Wein abends auf der Terrasse, denn einmal geöffnet, wird die Flasche garantiert leer getrunken. Die Reserve-Weine sind tiefgründiger, haben mehr Schmelz und zeigen bereits in der Nase viel Würze, die teils auch ätherisch-balsamisch wirkt. Ob cremig-schmelzig oder schlank und von feiner Primärfrucht, die «konstante Qualität der Weine» überzeugte Gastronom Beat Caduff. Lidwina Weh notierte: «Grundsätzlich haben die Winzer des Weinviertels ihre Hausaufgaben gemacht. Die Grünen Veltliner waren sehr ordentlich bis herausragend!

Ob ein Gelegenheitstrinker den Ursprungscharakter, also die DAC, erkennen kann, möchte ich in Frage stellen. Aber alles, was probiert wurde, zeigt: Grüne Veltliner aus dem Weinviertel bieten hohen und vielfältigen Genuss. Im hochwertigen Bereich waren ein paar sehr charakterstarke Weine mit dabei. Was mir auffällig gut gefiel, waren auch die leichteren Grünen Veltliner, die einfach perfekt, sehr präzise und einladend waren.» Hans Babits notierte in seinem Statement: «Durchwegs gute Weine und meistens wirklich typische Vertreter der Traubensorte. Die leichteren Weine bestechen mit Süffigkeit, Frische und Würze. Animierende Spassweine eben, die ihren eigenen Charakter haben und doch sehr universell eingesetzt werden können.» Die reiferen, schmelzigen und tiefgründigen Reserve-Qualitäten sind hervorragende Essensbegleiter. Sie passen zum klassischen Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat oder zu aromatischen, mit Majoran gewürzten Blutwürsten und Bratkartoffeln. 

16.5 Punkte
Weingut Dürnberg, Falkenstein
Reserve Grüner Veltliner Tradition 2017

Aprikose pur, dennoch frisch und mineralisch. Am Gaumen Noten von grüner Papaya sowie von reifem, rotem Apfel. Elegant mit dezentem Pfefferl. 2018 bis 2022.

Preis: 12 Euro
www.duernberg.at | www.wein-bastion.de 

 

16 Punkte
Weingut Wolfgang Seher, Zellerndorf
Ried Nussberg – Obermarksdorf Grüner Veltliner 2017

Purist mit muskulösem Körper, pikanter Würze und einem herrlichen Duft von Birnen, Akazienblüten und weissem Pfeffer. 2018 bis 2019.

Preis: 13 Euro
www.weingutseher.at | www.vinoterra.de 

 

16 Punkte
Weingut Gschweicher, Röschitz
Klassik Groove 2017

Frische Zitrusnase, ein Hauch von Bergamotte. Fülliger Auftakt, kräftig strukturiert, die Kraft wird von der rassigen Säure abgepuffert. 2018 bis 2019.

Preis: 6,50 Euro
www.gschweicher.at 

 

16 Punkte
Weingut Setzer, Hohenwarth
Reserve Grüner Veltliner «8000» 2016

Noten von grünen Nüssen, eingelegter grüner Pfeffer, etwas Estragon und Kerbel, dann gelbfleischige Frucht. Gehaltvoll und von kräuterwürziger Art. 2018 bis 2020.

Preis: 23,40 Euro
www.www.weinfurore.de 

 

17 Punkte
Weingut R & A Pfaffl, Stetten
Reserve Hommage 2017

Reifer Apfel und gelbfleischige Frucht in der Nase, Holunderblüten und Kerbel. Kraftvoll, cremig am Gaumen, Noten von Waldhonig, getragen von einer reifen, saftigen Säure. 2018 bis 2020.

Preis: ca. 40 Euro
www.pfaffl.at | www.silkes-weinkeller.de 

 

16.5 Punkte
Bioweingut Weber, Roseldorf
Reserve Grüner Veltliner 2015

Reife Mirabellen, weisse Blüten und ein Hauch Muskatnuss und Noten von Brioche. Druckvoll und komplex am Gaumen, Power, gepaart mit reifer, saftiger Säure und einem animierenden Pfefferl. 2017 bis 2022.

Preis: 15 Euro
www.biowein-weber.at 

 

16 Punkte
Weingut Hagn, Mailberg
Klassik Grüner Veltliner 2017

«Summer in the City», notierte Nicole Vaculik. Fruchtiger Auftakt, zarte Würznoten, lebendige Frische, modern und unkompliziert. 2018 bis 2019.

Preis: 7,20 Euro
www.hagn-weingut.at |  www.steiermarkt.de

 

16 Punkte
Weingut Holzmann, Bad Pirawarth
Ried Hamert Grüner Veltliner 2017

Noten von Graphit und weissem Pfeffer, reife Birne. Zupackend am Gaumen, viel Grip, dank der herrlich saftigen Säure. 2018 bis 2019.

Preis: ca. 15,50 Euro
www.weingutholzmann.at

 

16 Punkte
Weingut Norbert Bauer, Jetzelsdorf
Diermannsee Grüner Veltliner Alte Rebe 2017

Animierend mit frischer Kräuterwürze in der Nase und gelbfleischiger Frucht am Gaumen. Diskrete Restsüsse, in schöner Balance zur lebendigen Säure. 2018 bis 2019.

Preis: 8,90 Euro
www.bauer-wein.com

 

17 Punkte
Weingut Weinrieder, Kleinhadersdorf Poysdorf
Reserve Grüner Veltliner 2015

Ganz andere Stilistik: Holzfassausbau mit kräftigen Röstnoten, dennoch feine Frucht (Mirabelle); kräftige Struktur am Gaumen, endet auf diskrete Noten von Lakritze. 2018 bis 2022.

Preis: 12,50 Euro
www.weinrieder.at 

 

16.5 Punkte
Weingut Diem, Obermarkersdorf
Ried Nussberg Grüner Veltliner 2017

Florale Noten, frische Mandelkerne und reifes Kernobst. Präsente Säure am Gaumen, mittlerer Körper, würzig-pfeffriges Finish. 2018.

Preis: 8,50 Euro
www.diem-weine.at | www.vinothek-hacker.de

 

16.5 Punkte
Weingut Schwarzböck, Hagenbrunn
Ried Aichleiten Reserve Grüner Veltliner 2016

Noten von Pfirsich und Aprikose, dazu frisch geschnittenes Gras. Schmelzig am Gaumen, mit würziger Säure und überaus animierender Herbe. 2018 bis 2022.

Preis: 18,50 Euro
www.schwarzboeck.at |  www.divo.ch

 

16 Punkte
Weingut Hirtl, Poysdorf
Reserve Grüner 2015

Noten von Kernobst und grünen Kräutern, dazu weisse Blüten. Viel Schmelz am Gaumen, herrliche Länge. Guter Speisenbegleiter. 2018 bis 2022.

Preis: 15 Euro
www.weingut-hirtl.at |  www.cantinaadornetto.de

 

16 Punkte
Weingut Prechtl, Zellerndorf
Ried Leitstall Reserve Grüner Veltliner 2016

Duftige Nase, Noten von Orangenzeste. Gehaltvoll am Gaumen, sehr geschmeidig, reife, perfekt eingebundene Hammer-Säure. Ein Must zum Wiener Schnitzel. 2018 bis 2020.

Preis: ca. 15 Euro
www.linke-weine.de | www.avinum.ch

 

16.5 Punkte
Weingut Hofbauer-Schmidt, Hohenwarth-Mühlbach
Reserve Grüner Veltliner 2016

Auf der würzigen Seite, Noten von Karamell, leicht nussig, dann frische Mandarine. Am Gaumen viel Fruchttiefe und feine Reifenoten. 2018.

Preis: ca. 15 Euro
www.weinstoeckl.de | www.schuhmacherweine.ch

 

17.5 Punkte
Weingut Uibel, Ziersdorf
Ried Hundsberg Reserve Grüner Veltliner 2015

Poliertes Messing. Braucht Luft, dann reifer Apfel, geriebene Nüsse. Cremig auf der Zunge, fantastisch reife, tragende Säure. Geile «beige» Interpretation der Sorte. 2018 bis 2025.

Preis: ca. 30 Euro
www.purgourmet.ch | www.die-weingaleristen.de

 

16 Punkte
Weingut Hebenstreit, Kleinriedenthal
Grüner Veltliner 2017

Reife gelbe Frucht kitzelt die Nase wach, die mineralische Präsenz lässt aufmerken. Am Gaumen lebendig und frisch mit zartem Pfefferl. Entertainer mit toller Balance. 2018 bis 2020.

Preis: 8 Euro
www.weingut-hebenstreit.at

 

16 Punkte
Weingut Jordan, Pulkau
Ried Holzpoint Grüner Veltliner 2017

Würzig, frischer Auftakt, dann honigsüsse Frucht, maximaler Trinkfluss, kompromisslos trocken, mit fast salzigen Noten im Finale. Herrlich geradliniger Grüner Veltliner. 2018 bis 2020.

Preis: ca. 20 Euro
www.moosmutzel.com | www.regliweine.ch

 

16.5 Punkte
Weingut Zull, Schrattenthal
Ried Äussere Bergen Reserve Grüner Veltliner 2015

Intensive Fruchtnoten, Ananas, Maracuja, zarte Holzwürze, Estragon und ein bisschen nasse Wolle. Lebendige Säure am Gaumen. Powerwein mit Potenzial. 2018 bis 2022.

Preis: ca. 21 Euro
www.millevins.ch | www.volkhardts.de 

 

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