WEINSZENE ZÜRICH

SCHÖNER SAUFEN #02

 

Text: Benjamin Herzog, Dominik Vombach, Thomas Vaterlaus, Fotos: Linda Pollari

  • Mövenpick-Gründer Ueli Prager (1916 bis 2011) bot im Zürich der 60er Jahre als Erster Spitzenweine im Glas an.

Philosophisches Bechern im «Niederdörfli», Blue-Hour-Schampus-Nippen im Bankenviertel und esoterisches New-Age-Schlürfen in Aussersihl: Die Weinstadt Zürich bietet auf kleinstem Raum nicht viel weniger als alles!

 

Einmal kam einer nach einigen Riesling-Stunden an der Bar von «Caduff ’s Wine Loft» auf die Idee, man könnte mal ausrechnen, wie hoch der Gesamtwert von allen Weinen ist, die in Downtown Zürich in Weinbars und Restaurants so angeboten werden. Obwohl die Lokale, wo 20 Haut-Brion-Jahrgänge auf der Karte stehen, seltener geworden sind, ergab unsere Schätzung einen Wert, der zwar nicht ganz so hoch ist wie jener der Goldreserven unter dem Paradeplatz. Und doch: Der Weinwert pro Quadratmeter dürfte in der Zürcher Innenstadt so hoch sein wie kaum sonst wo in Europa. Weine wie der 2001er Romanée-Conti, der im Pavillon des «Baur au Lac» für 12 400 Franken (75 cl) auf der Karte steht, tragen dazu bei.

Das Schönste ist aber, dass die Limmatstadt extremste Weingegensätze auf kleinstem Raum bietet. Vom «Baur au Lac» bis zur «Bodega Española» im Niederdorf sind es nur ein paar Meter, aber soziologisch-ethnologisch scheinen die beiden Lokale mindestens tausend Meilen voneinander entfernt zu liegen. Und doch gibt es in Zürich weintrinkende Individuen, die je nach Stimmung in beiden Lokalen verkehren.

Mövenpick Wein-Bar: Happy Wine Hour

Das war knapp. Ein Mann mit ergrauten Schläfen und Aktentasche in der Hand kann uns gerade noch ausweichen. Er schaut kurz auf, starrt uns an, murmelt etwas und ist im nächsten Moment schon wieder um die Ecke gebogen. Auf der Nüschelerstrasse herrscht reger Betrieb, schliesslich ist es kurz nach Feierabend und alles strömt in Richtung Bahnhofstrasse. Wir schauen durch die grossen Fenster rechts von uns, fast alle hohen Zweiertischchen im modern eingerichteten Raum sind besetzt. Die «Mövenpick Wein-Bar» platzt beinahe aus allen Nähten, wie so oft. Wäre es Dienstag, hätten wir reserviert. An jenem Wochentag gibt es jeweils Champagner à Discrétion für 35 Franken, spontane Besuche sind dann unmöglich. Quirin Schaer, der Gastgeber, öffnet uns strahlend die Tür und fragt, ob wir reserviert haben. Wir schütteln der Reihe nach den Kopf und schauen ihn fragend an. «Jetzt kommt erstmal rein, wir finden schon ein Plätzchen für euch», sagt er und führt uns zur langen Bar. Tatsächlich sind noch ein paar Sessel an der Theke frei. Neben uns zwei ältere Herren, die vor einer Flasche Bordeaux sitzen. Kein grosser Name, aber die könnte man sich hier tatsächlich leisten. Jede Flasche kostet genauso viel wie im Mövenpick Weinkeller, so heissen die über die ganze Schweiz verteilten Fachhandelsfilialen, plus 20 Franken Zapfengeld.

Bei knapp 600 Weinen auf der Karte lässt sich für jede Laune etwas Passendes finden. Wir bestellen erst mal eine Portion vom legendären Rindstartar. Die Stimmung um uns herum ist ungezwungen und es wabern Gesprächsfetzen in Englisch, Französisch und Schwyzerdütsch durch den Raum. Hier herrscht internationales Flair, und genau das schätzen viele Geschäftsreisende, erzählt uns Quirin Schaer. In diesem Moment betritt ein ergrauter Herr in den besten Jahren die Bar, bewegt sich zielstrebig in Richtung Theke und begrüsst alle Mitarbeiter mit Handschlag. «Gehört der zum Team?», fragen wir Quirin Schaer .«Nein, aber er ist Stammgast und gehört zur ‹Familie›.»

Vini Vergani: Schweizer Italianità

«Oha, eine neue Weinzeitschrift!», denkt man, wenn man das erste Mal das «Vergani»-Magazin in den Händen hält. Nichts deutet daraufhin, dass das hochwertige und durchgestylte Printprodukt von einem Weinhändler herausgebracht wird. Vergeblich suchen wir nach Hinweisen auf Rabatte oder nach entlarvenden Werbetexten, nicht mal ein Bestellcoupon ist zu finden. «So eine Werbebroschüre würde zu uns nicht passen», sagt Gianni Vergani, der mit seinem Bruder Luca und seiner Schwester Flavia die fünfte Generation im Unternehmen verkörpert. Familie Vergani weiss, wie man als Weinhändler in Zürich langfristig Erfolg hat – mit marktschreierischer Werbung und Rabatten sicher nicht. «Vergani dal 1892» steht auf dem Cover des Magazins. Mehr als 120 Jahre alt ist das Traditionsunternehmen also. Das Editorial zum Thema «Die Tradition von morgen» ist natürlich vom Chef persönlich – Reto Vergani – verfasst. Im Magazin sind neben Reportagen über die italienischen Weinregionen und Porträts der Vergani-Winzer sowie der belieferten Restaurants auch Fotos des alljährlich stattfindenden Fests «Vino e Pane» zu finden, aufgenommen von Flavia Vergani selber. Dieser Event erinnert mehr an ein Quartierfest als an eine Präsentation eines Weinhändlers, und ebenso familiär geht es bei den legendären Dinners «Tavola della Nonna» im Gewölbekeller des Weinladens zu.

Gianni Vergani war sich lange nicht ganz sicher, ob seine Familie nicht vielleicht doch etwas zu grosszügig mit den Kunden ist, indem sie ihnen ein teures Magazin druckt oder sie für wenig Geld bewirtet. Bei den Essen im Gewölbekeller verkündet sein Vater beispielsweise, dass jeder so viel Grappa trinken könne, wie er wolle, man müsse einfach die schmale Wendeltreppe noch selbstständig hochkommen. Und so hat sich die «Famiglia Vergani» auf den Kompromiss geeinigt, jedem Gast im Gewölbekeller einen Teil des Eintrittspreises in Gutscheinen für den Laden zurückzugeben. Der Mix aus italienischem Selbstbewusstsein, schweizerischem Understatement und familiärer Gastlichkeit ist es, der Familie Vergani für Zürichs Weinszene unverzichtbar macht.

Caduff ’s Wine Loft: «Never Chichi!»

Über Beat Caduff ist gerade ein 270 Seiten dicker Bildband erschienen, aber man könnte über diesen Kerl auch einen 500-seitigen Roman schreiben, der garantiert spannender wäre als das kitschige Weinkrimigesülze von Autoren wie diesem Martin Walker. Als Beat Caduff vom schönen Schanfigg ohne Seil und Haken nach Zürich «abgestiegen» ist, liess er sein Jagdgewehr oben, die guten Weine, die er zuvor in seiner Pension mit dem zärtlichen Namen «Anita» ausgeschenkt hatte, nahm er mit ins Tal. Bei der Eröffnung seiner «Wine Loft» in der ehemaligen Blumenhalle im Jahr 1998 gab’s eine zweitägige Party, es war ein Gelage, wie man es heute im profitorientiert durchrationalisierten Zürich nicht mehr findet. In den ersten Jahren war die «Wine Loft» crazy, jetzt,wo sie zur Institution geworden ist, geht es hier etwas ruhiger zu. Das Energiezentrum ist die Bar, an der man immer ein Plätzchen findet, genau darum ist dieses Lokal perfekt geschaffen für spontane Besuche. Hier sitzt man also und realisiert beim zweiten Schluck eines Premier Cru aus dem Burgund, dass neben einem ja tatsächlich gerade ein renommierter Weingutsbesitzer von der Mosel am Tresen steht, der auf seinen Händler wartet. Und wer noch genauer hinschaut, sieht womöglich, dass ein paar Stühle weiter ein englisch sprechendes Pärchen, das eigentlich eher nach Gin Tonic aussieht, gerade einen Montrachet von der Domaine de la Romanée-Conti bechert, einfach so, an einem Donnerstag, zum Apéro.

Beat schenkt immer 25 Weine glasweise aus, kein Billigzeug, sondern erstklassige Ware, selbst einen Mouton-Rothschild, einen Latour oder eine TBA von der Mosel gibt’s manchmal per Deziliter. Und ja, unten im Keller gibt’s dann noch 2222 andere Weine, vielleicht sind es auch 1999 oder 3333, so genau weiss das hier keiner, genug gibt’s auf jeden Fall. Wie dieser an sich profane Keller dank vieler Flaschen und Wein-Holzkisten, spektakulär beleuchtet von 33 Kerzen, zu einem fast sakralen Raum wird, c’est magique! Aber Achtung: Schon einige Massanzüge, die allzu sorglos zwischen Flaschen und Kerzen herumtigerten, haben hier Feuer gefangen. Jetzt haben wir gar nichts über Beats Küche gesagt: Nun, sie ist federleicht deftig und rustikal international, «beatologisch» eben – und «never Chichi»!

Bü’s: Farbenfrohe Legende

Die Bahnhofstrasse mag das teuerste Pflaster der Schweiz, ja von ganz Europa sein. Doch abends ist hier tote Hose. Das Einzige, was dann noch schillert, sind die Golduhren in den Auslagen. Ansonsten pfeift nur der Wind entlang der kahlen Fassaden. Doch selbst in dieser Einöde gibt es ein Lokal, wo wir das pralle Weinleben finden. Allein schon die Adresse, die Kuttelgasse, verspricht Schlemmereien wie in den Bouchons von Lyon. Nun, ganz so deftig wird der Abend dann nicht. Und doch: Im «Bü’s» fühlt man sich ein wenig wie in einem französischen Bistro, wo Schweizer italienischen Wein ausschenken. Bei Jörg Bühler oder eben «Bü» ist der Name Programm: kein Tag ohne den Chef im Service. Bü ist ein Gastgeber, wie er im Buche steht, er schwebt förmlich zwischen den Tischen, fragt den einen Gast nach dem Befinden, während er beim nächsten bereits den Teller abräumt. Er ist freundlich, aber nie zu freundlich, eine Tugend in Zürich, die von Auswärtigen oft fälschlicherweise als Arroganz angesehen wird. Hätte Bü keine Schwäche für Hemden mit farbigen Mustern, würde man ihn den Grossteil des Abends gar nicht wahrnehmen, so sicher und selbstverständlich, wie er sich im Raum bewegt.

Zur Einstimmung reicht uns Bü ein Glas Weisswein aus der autochthonen Österreicher Sorte Roter Veltliner und erläutert das Tagesangebot: Ein festliches Menü steht auf der Karte, schliesslich ist es kurz vor Weihnachten. Bü gehört wohl zu den wenigen Wirten, die ihren Kunden solche schrägen Raritäten gleich kistenweise verkaufen. Doch einem wie Bü glaubt man eben, dass etwas schmeckt. Und wer mal keine Lust auf Entdeckungen hat, wählt einen Klassiker aus der Weinkarte und isst dazu ein Cordon bleu. Weinmässig kann Bü jedem was bieten, dem Banker, der seinen Bonus verpulvern will, ebenso wie dem Weininteressierten, der einfach was Gescheites trinken möchte. Bü’s Begeisterung ist bei allen Flaschen im Preis inbegriffen. Legendär ist nicht nur Bü’s Weinwissen, sondern auch seine Geschichten von masslos überladenen Weihnachtsdekorationen oder mit Charme verspotteten FC-Basel-Fans (Bü’s Herz schlägt für den FC Zürich). Oder auch seine Art, sich im richtigen Moment in Szene zu setzen. Noch lange werden wir uns daran erinnern, wie er bei unserem letzten Abschied die Fersen seiner spitzen, glänzenden Schuhe in bester «Dinner for one»-Manier zusammenschlug: «Klack!», bis bald!

Cafe Boy: Alles kann, nichts muss

Als wir uns umsehen, können wir es kaum glauben: Niemand trinkt Wein. Dafür wird munter mit Bier und Saft angestossen. Computerspezialisten trinken mittags offenbar keinen Wein. Zumindest nicht im «Cafe Boy». Zur Erklärung sei erwähnt, dass das «Boy» mittags als Kantine für die Hausnachbarn, ein IT-Unternehmen, fungiert. Wir entscheiden uns für einen ungeschminkten Mittagswein: Kapitel 1 vom österreichischen Querkopf Christian Tschida. Ein Wein, der es in anderen Zürcher Restaurants schwer hätte, denn dort zählen oftmals nur prestigeträchtige Namen. «Gegen den Mainstream habe ich mich schon immer gewehrt», sagt Stefan Iseli, der Weinverantwortliche. Er kennt seine Gäste und versteht es wie der Verkäufer in einem guten Plattenladen, sie auf ihrer Entwicklung als Weintrinker zu begleiten. Die Gäste honorieren dies mit Vertrauen. Dementsprechend gut laufen im «Boy» auch erklärungsbedürftige Natur- und Orange-Weine – viele von Weinhändler Hagen Britz. Der verlor schon vor Jahren in Frankreich sein Herz an die lebendigen Weine und ist heute einer der wenigen spezialisierten Weinhändler in der Schweiz. «So lebendig wie die Vins Libres ist auch das Thema Wein», sagt Iseli. Britz grinst und sagt, dass er für nächstes Jahr grosse Pläne hat. Es geht um einen ehemaligen Nachtclub, Vin Libre und Kunst. Genaues kann er noch nicht verraten.

Stefan Iseli und sein Partner, der Koch Jann M. Hoffmann, machten das «Cafe Boy» innerhalb kurzer Zeit zu einer der angesagtesten Quartierschenken der Stadt. Anstatt sich auszuruhen, eröffneten die beiden vor zwei Jahren den «Nachtjäger». Was als Weinbar startete, wurde Anfang 2015 zum Restaurant und wird von Gastgeberin Patricia Gerber und Koch Kevin Ashbrook geführt. Das Konzept sei unkomplizierter, die Offenweinkarte verspielter und es fänden immer wieder Veranstaltungen mit Lieblingswinzern statt, erzählt uns Iseli. Der Mittagsservice im «Cafe Boy» ist mittlerweile vorbei, alle Gäste sind gegangen, und Iseli setzt sich zu Freunden an einen Nachbartisch. Pause, denn am Abend weht ein anderer Wind.

4 Tiere: Kompromisslos

In der Weinbar «4 Tiere» geht es familiär zu. Vor eineinhalb Jahren wurde sie von vier Freunden und Weinfreaks gegründet, mit dem erklärten Ziel, in Zürich endlich ein Lokal zu wissen, in dem man nicht schräg angeschaut wird, wenn man nur eine Flasche Wein und keine Tellergerichte auf dem Tisch stehen hat. Auch wir nehmen heute nur ein Glas zum Apéro, stehend an der Bar. Neben den Offenweinen bietet das «4 Tiere» auch gut 400 Flaschenweine und nicht weniger als 50 Ginsorten an, dazu kleine Weinbegleiter wie Wurst, Käse oder Trockenfleisch. Auf Essen verzichten wir heute ganz, es geht noch ein Haus weiter.

Gerade wollen wir los, da stoppt uns Oliver Ullrich, Geschäftsführer und Mitbegründer. «Ich muss euch was zeigen», sagt er mit einem bubenhaften Grinsen. Er bringt zwei Spirituosengläser mit je einer transparenten und einer leicht bronzierten Flüssigkeit. «Sagt mir, was ihr meint», sagt Ullrich mit einer gewissen Erwartung in der Stimme. Zuerst riechen wir an der transparenten Flüssigkeit. Der Duft ist herb, auch zitrisch, hat holzige Aromen, aber auch Frucht. Ein unglaublich komplexer Brand, der sich im Glas stark entwickelt. Trotz seiner Jugendlichkeit ist er schon sehr harmonisch am Gaumen – wie gemacht für Duft- und Geschmacksfetischisten. Um die bronzierte Version blind zu verkosten, bleibt uns keine Zeit, Oliver Ullrich kann seine Begeisterung nicht länger verstecken und beginnt zu erzählen. Er hat uns soeben die ersten Muster des neuesten Streichs der «4 Tiere» präsentiert: den Nginious-Gin als pure Version und als Limited Edition, die im Wermutfass reifte. «Warum macht ihr jetzt auch noch einen eigenen Gin?», fragen wir ketzerisch und wissen schon, dass es den «4 Tieren» hier nicht darum geht, etwas komplett Neues zu schaffen, sondern etwas Bekanntes so umzusetzen, dass es ihnen gefällt. Komplett kompromisslos. Das hat ja bei der eigenen Bar schon geklappt. Was da wohl noch kommen mag? Wir werden es sicher beim nächsten Besuch erfahren, denn in der kleinen Bar mit dem grossen Angebot bleibt einem nichts verborgen.

Bodega Española: Jamón von Ramon

Es gibt Geschichten, die können nur hier passieren. Sonst nirgends in Zürich und vielleicht auch sonst nirgends auf der Welt. Ein Zürcher Künstler kehrt nach 15-jährigem Exil in New York in seine Heimat zurück, besucht am ersten Abend die Bodega, setzt sich zu einer Runde von flüchtigen Bekannten von damals, worauf ihn einer fragt: «Lange nicht mehr gesehen, warst du in den Ferien?» Und während der Rückkehrer noch mit offenem Mund da sitzt, kommt Santiago, das Kellner-Urgestein, an den Tisch und schenkt ihm automatisch den Rioja Crianza ein, den er vor 15 Jahren immer trank. Es gibt hier auch den englischen Gentleman, der um Mitternacht einen Tempranillo nippt, neben sich eine Tasche von Grieder. Eigentlich hatte ihn seine Frau nach dem Lunch nur schnell von ihrer Hotelsuite im «Baur au Lac» in die Luxusboutique geschickt, um ein Kostüm abzuholen, doch dann lief der arme Mann zufällig an der Bodega vorbei, wurde magisch ins Innere gezogen und vergass die Zeit. Die Kellner übrigens, die schon seit Jahrzehnten hier arbeiten, heissen Santiago, Sindo, Manuel und Ramon und haben immer einen guten Spruch auf Lager. Wenn sie mit einem teuren Gran Reserva durchs Lokal laufen und einer der Stammgäste frech sein leeres Glas hinhält, heisst es schon mal: «Zu teuer für dich, Kumpel, aber kannst du machen eine Fotokopie!»

Noch bis nach dem Krieg lagerte der Wein hier in Holzfässern im Keller. Ein edelsüsser Garnacha, der ewig im Fass schlummerte, wurde Mitte der 60er Jahre in Flaschen abgefüllt und galt noch in den 90er Jahren als Geheimtipp für Eingeweihte. Das Interieur der Weinstube ist seit 1951, als die Familie Winistörfer das Lokal übernommen hatte, dasselbe. Nur der alte Ölofen wurde vor 20 Jahren durch einen Gasofen ersetzt. Das gutbürgerliche spanische Restaurant im ersten Stock, dessen Interieur seit 1874 nie verändert wurde, ist eine Welt für sich. Es gibt Stammgäste, die seit Jahrzehnten unten in der Weinstube sitzen und noch nie die Treppe hochgestiegen sind. Doch gerade unter diesen Parterresitzern gibt es noch etliche, welche die Bodega als ihre Wohnstube bezeichnen. Gibt es ein schöneres Kompliment für ein Wirtshaus? Im Gegensatz zu den wilden 60er und 70er Jahren, wo sich hierein paar filmreife Szenen abgespielt haben, gehen heute alle brav um Mitternacht nach Hause, auch wenn das Lokal bis zwei Uhr morgens offen bleiben dürfte. Und doch findet man hier noch immer bedeutend mehr Originale als Langweiler. Manche Zürcher würden lieber aufs Grossmünster verzichten, als auf ihre Bodega Española.

Die besten Weinlokale in Zürich

 

4 Tiere

Feldstrasse 61 | 8004 Zürich

Tel. +41 (0)44 240 00 88 | www.viertiere.ch

Jeden Montag einen Mouton, Big Bottle Night, Häppy Apéro, Tasting-Tuesday, Rent a Bar: eine kleine Weinbar mit grossen Ideen.

 

Mövenpick Wein-Bar

Nüschelerstrasse 1 | 8001 Zürich

Tel. +41 (0)44 211 91 39 | www.moevenpick-wein.com

Wenn die Banker ihren Büros glücklich entflohen sind, feiern sie hier Afterworks. Nirgends sonst in Zürich gibt es so gute Weine für so wenig Geld. Auch die Küche arbeitet tadellos.

 

Bodega Española

Münstergasse 15 | 8001 Zürich

Tel. +41 (0)44 251 23 10

Die Taverne im ersten Stock ist seit 1874 unverändert, die Weinstube unten seit 1951: Im schnelllebigen Zürich vermittelt die Bodega mehr Wertbeständigkeit als jede Bank. Übrigens: Unten wird getrunken und nicht vornehm genippt.

 

Bü’s Restaurant, Bar, Bütique

Kuttelgasse 15 | 8001 Zürich

Tel. +41 (0)44 211 94 11 | www.buetique.ch

Sein bürgerlicher Name Jörg Bühler falle in seinem Lokal so häufig wie das Wort Bonusverzicht an der nahen Langstrasse, das sagt doch eigentlich schon alles über diesen vinophilen Gastgeber mit den vielen farbigen Hemdchen.

 

Restaurant Cafe Boy

Kochstrasse 2 | 8004 Zürich

Tel. +41 (0)44 240 40 24 | www.cafeboy.ch

Kein Homosexuellentreffpunkt, wie manche denken, wenn sie den Namen hören. Stefan Iseli und Jann M. Hoffmann zelebrieren einen Wine-City-Groove, wie es ihn sonst nur in Berlin gibt. «No Mainstream!» heisst ihre Parole.

 

Caduff ’s Wine Loft

Kanzleistrasse 126 | 8004 Zürich

Tel. +41 (0)44 240 22 55 | www.wineloft.ch

Der grösste Weinfreak, den man in «Caduff ’sWine Loft» finden kann, ist immer Beat Caduff selbst. Und auch am Herd macht ihm keiner etwas vor. Das verleiht seinem Lokal fast 100 Volumenprozent Authentizität.

 

Vini Vergani

Zentralstrasse 141 | 8003 Zürich

Tel. +41 (0)44 451 25 00 | www.vergani.ch

Keine Bar, kein Restaurant und doch mehr als nur eine Weinhandlung: Im Kellergewölbe geht ab und zu ordentlich die Post ab. Die Verganis zelebrieren Wein-Italianità mit Züri-Style pur.

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