Guide: Syrah aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Degustation: Miguel Zamorano, Thomas Vaterlaus; Text: Miguel Zamorano

Die Sorte Syrah zählt zu jenen Sorten, die heldenreiche Geschichten erzählen können. Dass etwa einige Weine heute noch das Wort Hermitage im Namen führen, liegt an der Tatsache, dass die Bordelaiser Häuser bis zum 19. Jahrhundert der Langlebigkeit der Syrah von Crozes-Hermitage zumindest auf dem Etikett nacheifern wollten. Über solche erfolgreichen und -losen Kopien liest man genussreich in Jancis Robinsons «Oxford Companion to Wine».

An der nördlichen Rhône in die Welt getreten, hat Syrah mittlerweile die gesamte Welt erobert, sodass sie mittlerweile unter den am meisten angebauten Rebsorten an sechster Stelle steht – mit 190 000 Hektar weltweit, verteilt auf knapp 31 Länder laut OIV-Zahlen von 2017. Knapp ein Drittel davon sind in Frankreich, der Rest ist vor allem in der Neuen Welt vorzufinden: In Australien (40 000 Hektar), Argentinien (13 000 Hektar), Südafrika (11 000 Hektar), den USA (9000 Hektar) oder Chile (8000 Hektar) wird die Syrah-Geschichte vornehmlich weitererzählt. Also dort, wo es warm ist. Dagegen sind die Syrah-Erzählungen in den CHADLändern von anderer Natur, auch weil die Menge hier schlichtweg gering ist im Vergleich zu dem, was in anderen Ländern möglich ist. Doch trotzdem oder gerade deshalb sticht dieser Guide mit hervorragenden Ergebnissen heraus. Aus allen CHAD-Ländern kommen exzellente Syrah. In Deutschland zeigen besonders die Produzenten aus Württemberg und Rheinhessen, was hier alles möglich ist: Kraft gepaart mit Eleganz, ohne dabei den Trinkspass aus den Augen zu verlieren. In Österreich beeindruckt vor allem Dorli Muhr mit ihren Syrah. Und natürlich fördert der Walliser Syrah-Zauberer Jean-René Germanier eine beeindruckende Breite seiner Pyramide zu Tage. Alles in allem sind das Syrah, die es locker mit den grossen Weinen dieser Sorte aufnehmen können.


Resultate, Analysen, Statements

Es gibt die Syrah, die zunächst mit Schwung und Freude, mit Frucht und Spiel in ihren Bann ziehen. Das sind Weine, die ihre Wirkung im Hier und Jetzt entfalten. Kurz: Weine für den Alltag. Und schliesslich gibt es jene Syrah, die sich wie kleine Rätselspiele gebärden, die Zeit in Anspruch nehmen und sorgfältig durchdacht sind, komponiert wie ein sinfonisches Stück aus der Transition von der Spätromantik zur Moderne. Kurz: wie ein Stück von Gustav Mahler. Die Freude stellt sich mit Verzug ein. Eine Gleichung im Übrigen, die sich auf viele Rebsorten übertragen lässt. Der Unterschied zum Syrah ist bloss, dass man mit den hier verkosteten Weinen den Eindruck gewinnt, dass die Syrah-Macher an Rhein, Donau und Rhône dieses Spiel zwischen Romantik und Moderne reproduzieren und damit dem ursprünglichen Beispiel vom nördlichen Rhône-Tal näher sind. Keine grosse Kunst ohne erfolgreiches Kopieren, so lautet oft die Devise genialer Macher.

« Aller Imitation zum Trotz – die hier verkosteten Syrah sind Ausdruck einer erfreulichen Eigenständigkeit. »

Miguel Zamorano Redaktion VINUM

Man darf sehr wohl fragen, ob die CHAD-Winzer dies mit den anderen grossen Rebsorten Frankreichs wie etwa Chardonnay oder Pinot Noir derart hinbekommen. Warum sollten sie, werden nicht wenige einwenden. Schliesslich gelingen mit diesen Trauben auch hervorragende Weine, ohne dass man unbedingt einen Grand Cru aus einer überteuerten Bourgogne-Lage vor Augen hat. Und ja, nicht wenige hier verkostete Syrah sind Ausdruck einer ebenso erfreulichen Eigenständigkeit. Apropos Preise: Einige exzellente CHAD-Syrah sind für relativ wenig Geld zu haben. Man kann nach dieser Verkostung also zu dem Schluss kommen, dass jeder Produzent in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, der Syrah machen kann, das auch tatsächlich tut. Und das ist gut so.

Es gab Zeiten, wo in der Schweiz die Winzer lieber Shiraz produzieren wollten als Syrah. Also möglichst massive und würzige Weine nach dem Vorbild des australischen Barossa- Shiraz. Inzwischen gibt es in Barossa selber diese fetten Gewürzschiff-Weine kaum mehr. Und auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz geht der Trend trotz der verlockenden Möglichkeiten der Klimaerwärmung wieder zu temperamentvollen, kühlen Weinen mit Grip und viel Frische – also zu Klassikern im besten Sinne des Wortes. Das ist das positive Fazit dieser Syrah-Verkostung.

« Syrah von der Pfalz übers Wallis bis nach Niederösterreich zeigt Temperament und kühle Klasse. Bravo!»

Thomas Vaterlaus Chefredakteur VINUM

Viele der gelungensten Weine erinnern vom Typ her an trinkige, aber keineswegs banale Crozes-Hermitages. Dabei spielen die Crus aus dem schweizerischen Wallis, von denen einige in dieser Probe sehr gut abgeschnitten haben, eine Sonderrolle. Sind Syrah in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz immer noch eine rare Spezialität fern der Heimat der Sorte, reifen die Walliser Syrah am Rhone-Fluss, also am schweizerischen Teil jenes Gewässers, wo die Sorte ursprünglich zuhause ist und grosse Weingeschichte geschrieben hat. Auffallend waren auch die Unterschiede in dieser Verkostung. Topweine von grosser Klasse auf der einen, unausgewogene, harsche und oft auch metallisch wirkende Weine auf der anderen Seite. Es lohnt sich also, beim Syrah genau hinzuschauen, bei welchem Winzer man ihn ordert. Darum ist dieser VINUM-Guide ein aktueller Wegweiser für all jene, die wissen wollen, was die Sorte im deutschsprachigen Raum bieten kann. Eine Klasse für sich waren die höchst animierenden Crus der österreichischen Winzerin Dorli Muhr. Syrah funktioniert heute in Niederösterreich offenbar schon fast so gut wie Blaufränkisch.

 

Die Top 10 der verkosteten Weine

RangBeschreibung
1
18,5/ 20
Punkte
Württemberg, Baden, Württemberg, Deutschland
Collegium Wirtemberg
2
18,5/ 20
Punkte
Wallis, Westschweiz, Schweiz
Domaine Gérald Besse
3
18,5/ 20
Punkte
Wallis, Westschweiz, Schweiz
Madeleine et Jean Yves Mabillard-Fuchs
4
18,0/ 20
Punkte
Rheinhessen, Deutschland
Weingut Spiess Riederbacherhof
5
18,0/ 20
Punkte
Württemberg, Baden, Württemberg, Deutschland
Weingut Markus Dobler
6
18,0/ 20
Punkte
Wallis, Westschweiz, Schweiz
Jean-René Germanier SA
7
18,0/ 20
Punkte
Wallis, Westschweiz, Schweiz
Jean-René Germanier SA
8
18,0/ 20
Punkte
Wallis, Westschweiz, Schweiz
Vin d'Oeuvre
9
18,0/ 20
Punkte
Niederösterreich, Österreich
Weingut Dorli Muhr
10
18,0/ 20
Punkte
Niederösterreich, Österreich
Weingut Dorli Muhr

Die Verkostung

Alle Weine wurden bei den Produzenten angefordert. Thomas Vaterlaus und Miguel Zamorano verkosteten die Weine am 24. und 25. Januar 2024. Alle Flaschen wurden verdeckt ausgeschenkt.

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