Unique wineries of the World - Deutschland

Weingut Dr. Bürklin-Wolf

Text: Rudi Knoll, Fotos: z.V.g., Free Vector Maps.com

Biodynamie und der Reiz der Reife

Sie singt gern im Chor, nennt Lesen und Skifahren als Hobby, liebt Hunde – und ist eine durchsetzungskräftige, erfolgreiche Chefin eines deutschen Traditionsgutes, das neben Bassermann-Jordan, Reichsrat von Buhl, zu den «drei grossen B der Pfalz» gehört: Dr. Bürklin-Wolf im idyllischen Weinort Wachenheim.

«Ich schlafe gut auf faszinierenden reifen Rieslingweinen.» 

Bettina Bürklin-von Guradze

Bettina Bürklin-von Guradze übernahm den 1597 gegründeten Betrieb 1990. Berühmt gemacht hatte ihn bis dahin vor allem der Jurist und Vizepräsident des Deutschen Reichstages, Dr. Albert Bürklin aus Karlsruhe, der 1875 Luise Wolf heiratete und als Branchenfremder einen Musterbetrieb formte. Das ging über hundert Jahre gut. Trotzdem gab es qualitative und wirtschaftliche Makel, als die junge Chefin Bettina Bürklin- von Guradze das Weingut über 100 Jahre später übernahm.

Bald erfolgte eine Konzentration auf die besten Lagen und eine deutliche Reduzierung der Fläche. 1994 dann der nächste elementare Schritt, in einer Zeit, in der in Deutschland gerade begonnen wurde, über ein neues Qualitätssystem nachzudenken. Bei Dr. Bürklin-Wolf wurde dagegen gehandelt! In Anlehnung an die burgundische Regel mit Premier Cru und Grand Cru und auf Basis einer Lagen- Klassifizierung von 1828 bekamen ihre Rieslinge die Zusatzbezeichnungen «G.C.» und «P.C.», womit die weinrechtlichen Vorschriften elegant umgangen wurden. Damit schuf das Pfälzer Weingut ein Vorbild für die heutigen Regeln der Prädikatsweingüter mit Grossen Gewächsen und Ersten Lagen.

Beifall für diesen Schritt gab es erst mit Verspätung. Im Weingut wurde er durch eine deutliche Steigerung der Qualität begleitet. Der langjährige Kellermeister Fritz Knorr (er verstarb 2012 im Alter von nur 59 Jahren) konnte ab den 90er Jahren aus dem Vollen schöpfen und vor allem exzellenten Riesling einbringen, der ein enormes Lagerpotenzial hat. «Ich schlafe sehr gut», lacht die vierfache Mutter und spielt damit auf ihr Schlafzimmer an, das sich über der grossen Schatzkammer befindet, in der verkäufliche (!) Weine zurück bis Jahrgang 1994 liegen. «Reife Weine sind faszinierend», strahlt sie. Die «G.C.» werden erst nach zwei Jahren verkauft. Im Keller gilt für die Spitzenkategorien: ausschliesslich Spontangärung, Ausbau im alten Stück- und Doppelstückfass.

Im Jahr 2000 legte Bürklin-Wolf einen weiteren, richtungsweisenden Meilenstein durch die Umstellung auf biodynamischen Weinbau. Seit 2008 ist das Weingut offiziell zertifiziert. Einige erfahrene Berater gaben Schützenhilfe. Mitarbeiter zweifelten, aber die Chefin (in der «Welt am Sonntag» zur «Rebellin im Weinberg» ernannt) liess nicht locker. Sie bemerkte bald einen Unterschied: «Ich kann jetzt unsere Lagen richtig herausschmecken.» Dafür ist im Keller der junge Geisenheim-Absolvent Nicola Libelli, 33, zuständig. Er war Praktikant in Wachenheim, dann zweiter Kellermeister und wurde schliesslich Nachfolger seines Vorbildes Fritz Knorr.

Unsere Spitzenweine

2017er Wachenheimer Riesling

Ein schon bemerkenswerter Orts­wein, der qualitativ durchaus das Zeug zu einem «P.C.» hätte. Sehr klare, zarte Würze im Aroma, ruht in sich, sanft und elegant auf der Zunge, ist ein ex­zellenter Essensbegleiter.

2017er Wachenheimer Altenburg «P.C.»

Eine von sechs Toplagen aus den Orten Wachenheim und Ruppertsberg. Die Hanglage am Waldrand umfasst lediglich 1,2 Hektar, auf Dr. Bürklin-Wolf entfallen 0,4 Hektar. Der Wein hat eine enorme Spannung, ist sehr komplex, mit feinem Nerv und langem Abgang.

2015er Wachenheimer Gaisböhl «G.C.»

Dr. Bürklin-Wolf ist in neun Grand-­Cru-Lagen vertreten. Beim Gaisböhl ist man Alleinbesitzer der acht Hektar, von denen 5,2 Hektar klassifiziert sind. Die Weine sind ungemein facettenreich, vielschichtig, mit reifer Säure­struktur und ausgewogenem Körper. Der Abgang ist fast endlos.