Unique Wineries of the World

Grillette Domaine de Cressier

Fotos: weinweltfoto.ch / Siffert, Free Vector Maps

Mit der Präzision von Uhrmachern

Hinter dem Aufschwung, der in der Domaine de Grillette gegenwärtig in verschiedenen Bereichen spürbar ist, steht ein Duo, das seine Kraft auch aus Gegensätzen schöpft. Sie, die 36-jährige Annie Rossi, seit 2015 die Regisseurin und Kellermeisterin der Domäne, stammt aus Orange im südlichen Rhônetal, hat zuvor für verschiedene Weingüter in Südfrankreich gearbeitet, aber auch bei Cloudy Bay in Neuseeland. Er, der 60-jährige Matthias Tobler, ebenfalls Önologe von Beruf, ist im Thurgau aufgewachsen und vertritt als Präsident des Verwaltungsrates die Besitzerschaft. Alle wichtigen Entscheidungen, vor allem auch was die Stilistik der Weine anbelangt, treffen sie gemeinsam. Tatsächlich sind die Grillette-Weine in den letzten Jahren spürbar geradliniger, klarer und in jener Weise mineralischer geworden, die sich in einem Anflug von Salzigkeit ausdrückt.

«Klar sind die Jurakalkböden von Cressier prädestiniert für Burgundersorten wie Pinot Noir und Chardonnay. Aber auch Spezialitäten wie Sauvignon Blanc, Viognier oder Merlot gelingen vorzüglich.»

Das gilt besonders für die Weissweine. Matthias Tobler führt die Veränderung auch auf die Umstellung zur biodynamischen Bewirtschaftung zurück, die schon 2013 eingeführt worden ist. «Wir haben beispielsweise sehr gute Erfahrungen mit verschiedenen Pflanzentees gemacht. Ein Wallwurztee nach einem Sturm etwa tut den Rebbergen sichtlich gut», sagt er.

«Uhrmacher des Weins» nennt sich das Team der Domaine de Grillette, und diese Bezeichnung trifft ins Schwarze. Denn auf der Rebfläche von stolzen 18,7 Hektar werden nicht nur 14 verschiedene Rebsorten angebaut, sondern auch rund 80 eigenständige Parzellen kultiviert. Das ist gewissermassen die Klaviatur, mit der hier die Weine komponiert werden. Und wie die Uhrmacher, die in ihren Ateliers seit Jahrhunderten an ihren «Grande Complication», also ihren komplexen mechanischen Uhrwerken, feilen, werden hier jährlich bis zu 60 Selektionen separat vinifiziert, als Basis für die rund 20 Gewächse, die dann abgefüllt werden. Weine wie der Top-Pinot-Noir Graf Zeppelin sind eine Hommage an die illustre Geschichte des Weingutes, das 1884 gegründet worden ist. Grillette versorgte nämlich die Luftschiffe auf der Südroute, die von Friedrichshafen über Casablanca bis Montevideo führte, mit Wein. Auf der langen und gemächlichen Reise hatten die Gäste genug Zeit, die Grillette-Crus zu geniessen.

Den Ruf eines Vorreiters der Neuenburger Weinszene erarbeitete sich das Gut aber vor allem in den letzten 60 Jahren. Schon 1964 wurde hier Chardonnay angepflanzt, 1994 folgte der Sauvignon Blanc und 1996 schliesslich der Viognier. Obwohl auch in der Domaine Grillette rund 60 Prozent der Rebfläche mit den Burgundersorten Pinot Noir und Chardonnay bestockt sind, die in den Jurakalkböden ihre besten Eigenschaften zeigen, gilt das Gut schon fast als eine Arche Noah der Spezialitäten, die nicht nur wie anderswo in homöopathischen Mengen angebaut werden. «Wenn wir uns für eine neue Sorte entschieden haben, dann pflanzen wir mindestens einen halben Hektar damit an», sagt Matthias Tobler. So haben sie in den letzten Jahren die Schweizer Neuzüchtung Divico, aber auch Rheinriesling und Chenin Blanc in ihren Sortenspiegel aufgenommen. Gut möglich, dass ihnen auch mit diesen Sorten bald ähnlich charaktervolle Gewächse gelingen wie mit dem Sauvignon Blanc, der im Terroir von Grillette weniger seine Holunder-Stachelbeeren-Charakteristik zeigt, dafür mehr edle Zitrusfrucht, oder dem überraschend kraftvollen und vielschichtigen Merlot.

Drei Spitzenweine

Résonance Blanc 2018

Dieser Blanc de Noirs von Pinot- Noir-Trauben wurde im Stahltank ohne Säureabbau vinifiziert. Helles Gelb, verführerische Aromen von Aprikosen, Cassis und Frühlingsblumen. Im Gaumen feinfruchtig, knackig und sehr frisch.

Viognier Les Guillembergs 2018

Auf kalkhaltigem Moränenboden gewachsen, ohne Säureabbau im Edelstahl vinifiziert und teilweise in gebrauchten Barriques ausgebaut. Aromen von Aprikosen und Pfirsich, auch Gebäck, im Gaumen kräftig und reichhaltig, sehr gut strukturiert, mit präsenter Säure.

Merlot Vernissage Les Clous 2017

In Barriques vergoren und über 18 Monate ausgebaut. Reif und warm wirkende Aromatik mit Waldbeeren, Sauerkirschen, Pflaumen und edler Würze. Im Gaumen dicht gewoben, mit feinkörnigem Tannin und einer saftigen Säure.

Das könnte Sie auch interessieren

image

Helvétique et bourguignon

Neuchâtel

A priori, l’influence du lac empêche toute comparaison entre les vignobles de Neuchâtel et de la Bourgogne. Néanmoins, les subtils Pinot Noir du nord-ouest de la…