Thomas Vaterlaus im Interview über die Schweizer Weinwelt - VINUM Weinguide Schweiz 2022

Die CH-Weinwelt ist farbiger denn je!

Wie hat sich die Schweizer Weinlandschaft in den letzten fünf Jahren verändert?

Sie ist viel farbiger geworden. Etwa mit Top-Schaumweinen, auch Pét-Nat, maischevergorenen Weissweinen und Einzellagen-Pinot Noir.

In welcher Region sehen Sie das grösste Potenzial?

Das kommt auf die Sorte an. Aber am Jurasüdfuss, besonders in Neuenburg, tut sich in Sachen Pinot Noir Spektakuläres.

Welchen Herausforderungen sehen sich die Schweizer Winzer gegenüber im Hinblick auf Klima/Absatz?

Bezüglich Klimaerwärmung gehören die helvetischen Winzer bis heute eher zu den Gewinnern. Die sehr heissen Jahre erfordern mehr Sensibilität im Rebberg. Was den Absatz anbelangt, gilt es, die Schweizer Konsumenten noch mehr für die stetig wachsende Zahl an Topweinen der heimischen Winzer zu sensibilisieren und zu begeistern.

Was sind die Besonderheiten des Jahrgangs 2021?

Mit Hagel, Dauerregen und den daraus folgenden Mehltau-Schäden wird 2021 vielerorts als ein Jahr zum Vergessen in die Geschichte eingehen. Doch die Hoffnung bleibt: Nächstes Jahr wird sicher viel besser!

Welche Rolle spielt der Bioweinbau in Zukunft?

Die Biowinzer wurden 2021 hart geprüft. Es ist wichtig, dass die Winzer deswegen nicht das Vertrauen in die biologische Anbaumethode verlieren, denn sie ist generell betrachtet heute ein Garant für hochstehende und eigenständige Weine. Und für Konsumenten garantiert ein biologisch angebauter Wein emotionalen Mehrgenuss, weil das Trinkvergnügen nicht auf Kosten des ökologischen Gleichgewichtes geht.

Eine Rotwein-Region, die zu Recht in aller Munde ist?

Graubünden und Neuenburg, weil hier die Schweizer Paradesorte Pinot Noir mehr und mehr Crus hervorbringt, die das Prädikat «Weltklasse» verdienen. Das gleiche gilt für die Top-Syrahs aus dem Wallis.

Der Schaumwein-Tipp?

Etwa der Coeur de Cuvée Brut Nature Millésimé 2013 von Domaine Henri Cruchon in Echichens oder der De Facto Chasselas Pét-Nat von der Domaine La Colombe in Féchy, beide stammen aus dem Waadtland.

Welche fünf Regionen muss man auf dem Schirm haben?

Die Bündner Herrschaft, das kleine, aber feine Vully am Murtensee und Neuenburg. Aber auch im Berner Oberland, genauer gesagt in Spiez, tut sich Erstaunliches. Und Zürich überrascht mit seiner Dichte an Topwinzern.

Ist Piwi tatsächlich so cool, wie überall erzählt wird?

Der Dauerregen im Sommer 2021 hat gezeigt, dass ein wirklich konsequenter Bioanbau wohl nur mit pilzwiderstandsfähigen Sorten möglich ist. Zudem verfügen heute weisse Piwi-Sorten wie Sauvignac, Souvignier Gris, Johanniter und Solaris über das gleiche Qualitätspotenzial wie die besten konventionellen weissen Sorten. Darum bin ich überzeugt, dass besonders bezüglich weisser Sorten die Piwi-Anbaufläche rasch ansteigen wird.

Welche Regionen erleben ein Revival?

Das Waadtland mit seinen grossartigen Lagen am See, wo der Chasselas dank wiederentdeckten alten Klonen zunehmend Terroir- Weine mit Temperament hervorbringen wird. Und wir werden ein neues Tessin erleben, wo der Merlot zwar die Leitsorte bleibt, aber die Sortenvielfalt zunehmen wird.

Wein auf über 1000 Meter Höhe – und werden wir mehr davon trinken müssen?

In Visperterminen entstehen heute schon, 1150 Meter über Meer, Weine, die keineswegs kühl und schlank anmuten. Aber ich denke, dass sich klimabedingte Anpassungen langfristig – wenn überhaupt – eher im Bereich zwischen 500 und 700 Metern abspielen werden. Die Mehrheit der Schweizer Winzer wird die kommenden Klimaveränderungen wohl eher über Anpassungen im Sortenspiegel ausgleichen.

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