Gelungene Balance zwischen Fülle und Eleganz

Rotweine aus Portugal

Fotos: Revista de Vinhos und Wines of Portugal

Portugals Winzerinnen und Winzer haben in den letzten Jahren das Kunststück geschafft, trotz der Klimaerwärmung zunehmend animierende und ausgewogene Rotweine in die Flaschen zu bringen, die gleichermassen mit sinnlicher Fruchtfülle und Eleganz überzeugen, bei zunehmend gemässigtem Alkoholgehalt. Dies gilt genauso für die neue Generation der roten Tafelweine im Dourotal im Norden des Landes, wie für die Gewächse im südlich gelegenen Alentejo. Dank dieser Entwicklung werden Rotweine mit mehr als 14.5 Volumenprozent Alkohol heute allmählich zur Minderheit. Diese von immer mehr Produzenten angestrebte Stilistik beruht nicht nur auf einem früheren Lesezeitpunkt, sondern genauso auf einer entsprechenden Sorten- und Standortwahl bei Neuanpflanzungen, sowie neuen Techniken bei der Reberziehung und im Ausbau. Im Alentejo beispielsweise stammen elegante Rotweine zunehmend aus höheren Lagen, zum Beispiel aus der Subregion Portalegre, wo Weinbau bis annähernd 1000 Meter über Meer betrieben wird, oder aber aus Neuanlagen im Einflussgebiet des kühlen Atlantiks im westlichen Alentejo. Auch in anderen Anbaugebieten Portugals sind einerseits Höhenlagen und andererseits die Nähe zum stets kühlen Atlantik fast schon Garanten für ausgewogene Weine.

Die autochthone Vielfalt in Portugal

Ebenso wichtig ist aber die Sortenwahl. Es gibt in Portugal über 200 alteingesessene rote Sorten, von denen heute rund 50 heute eine bedeutende Rolle spielen. Dabei kultiviert jede Region ihre eigenen, über Jahrhunderte an das Terroir adaptierte Sorten. Im Douro sind es vor allem die fünf Leitsorten Touriga Nacional, Tinta Roriz (auch Aragonez oder Tempranillo genannt), Tinta Cão, Touriga Franca und Tinta Barroca, welche die mithin besten Rotweine hervorbringen. Es gibt hier aber auch immer noch einen grossen Bestand an sehr alten, oft über 100 Jahre alten Rebgärten, sogenannten «Vinhas Velhas», die im Mischsatz bepflanzt sind und ebenfalls herausragende Weine hervorbringen. Im Alentejo erleben sehr gut an die Hitze adaptierte Gewächse wie Alicante Bouschet und Trincadeira eine Renaissance, die oft zusammen mit Aragonez (Tempranillo) zu einer Assemblage vereint werden. Inzwischen haben die Winzerinnen und Winzer gemerkt, dass die autochthonen Sorten weitaus besser geeignet sind, um den portugiesischen Rotweinen ein klares und unverwechselbares Image zu verleihen. Übrigens: Auch reinsortig ausgebaut überzeugen die Rotweine mehr und mehr. So ist die Sorte Baga in der nordwestlich gelegenen Region Bairrada ein Garant für ausdrucksstarke Weine mit kernigem Gerbstoff und präsenter Säure. Ähnlich wie die Nebbiolo-Crus aus dem Piemont verfügen die Bairrada-Gewächse über ein erstaunliches Entwicklungspotential. Völlig andere Eigenschaften zeigen dagegen Weine, die aus Castelão, eine der ältesten Sorten Portugals, von mehrheitlich sandigen Böden im Anbaugebiet Tejo südöstlich von Lissabon gekeltert werden. Sie verfügen im besten Falle über viel tieffruchtigen Charme und eine angepasste, saftige Säure.

Die permanenten Qualitätsverbesserungen bei den Rotweinen beruhen auch auf einer Vinifikation, die heute wieder weniger auf High Tech-Verfahren und den Einsatz von neuem Eichenholz setzt. Viele Güter arbeiten inzwischen lieber wieder mit sogenannten Lagares, das sind poolartige Becken, meist aus Granit, in denen die Trauben mit blossen Füssen getreten und so eingemaischt werden. Das Resultat sind ausdrucksstarke Weine mit viel Charme und Finesse. Und das portugiesische Rotweinwunder ist noch lange nicht zu Ende. Andere wiederentdeckte Sorten dürften mittelfristig für Furore sorgen. Wir sind gespannt!