Vini Portugal

Portugal: Alte Methoden prägen neue Topcrus

Fotos: z.V.g.

Das aktuelle portugiesische Weinwunder beruht auf verschiedenen Faktoren: Da ist der grosse Schatz an alteingesessenen Sorten oder die vielfältigen Terroirs. Genauso wichtig ist aber die Renaissance von traditionellen Weinbereitungs-Methoden, wie sie schon die Römer angewendet haben. Etwa die Maischengärung in offenen Lagares oder die Vinifikation in Tonamphoren, «Talhas» genannt.

Vidigueira ist eine idyllische Kleinstadt im Alentejo. Es gibt hier römische Ausgrabungsstätten und auch viele Weinkeller im Dorf muten antik an, stehen doch hier heute wieder Dutzende von Amphoren aus Ton mit einem Fassungsvermögen zwischen 800 und 1’200 Liter, in denen Rotwein vergoren und mazeriert wird. Fast wären diese Amphoren verschwunden. Mit dem Einzug moderner Kellertechnik hielt man sie für überflüssig. So wurden sie bis in die 70er Jahre geschreddert und als Baumaterial verwendet, später konnten sie auch für gutes Geld an Antiquitätenhändler verkauft werden. Die Renaissance der «Talhas» begann vor 20 Jahren. Nicht aus sentimentalen oder nostalgischen Gründen, sondern weil immer mehr Winzer zum Schluss kommen, dass die Mikrooxidation in der Tonamphore sehr elegante, von einer kühlen Finesse geprägte Weine hervorbringt. Vor allem aber pure, authentische Weine, die nicht wie beim Eichenholzausbau von Würznoten mitgeprägt werden, die vom Behältnis stammen. Kein Wunder erleben die «Talhas» nun in ganz Portugal wieder eine Renaissance. Engagierte Winzer zahlen für die Tonamphoren heute längst ebenso viel Geld wie Antiquitätenhändler. Allein in der Region von Vidigueira sind schätzungsweise wieder 200 «Talhas» im Einsatz, in ganz Portugal dürften es tausende sein.

Bevor die Trauben entrappt, heute aber auch zunehmend wieder mit den Stielen in die «Talhas» kommen, werden sie von den Winzern mit blossen Füssen, oder aber von Robot-Systemen in sogenannten Lagares gestampft. Während der rund dreiwöchigen Gärung in den Amphoren wird der Tresterhut zweimal täglich mit Stangen in den gärenden Saft zurückgestossen. Gleichzeitig werden die «Talhas» mit kaltem Wasser oder nassen Tüchern gekühlt. Ist der Wein vergoren und klar, wird er vom Trester auf dem Amphorenboden abgezogen und in verschiedenen Behältnissen weiter ausgebaut.

Fuss oder Silikon?

Die erwähnten Lagares sind das zweite «ancestrale» Konzept, dass inzwischen in ganz Portugal wieder eine Renaissance erlebt. Lagares sind flache Becken aus Granit, in denen die Maische mit blossen Füssen getreten wird, um Farbe und Inhaltsstoffe aus den Traubenhäuten zu extrahieren. Das Verfahren gilt als besonders schonend, weil die weichen Fussballen die Traubenkerne und Stiele nicht verletzen. So wird verhindert, das störende Bitterstoffe in den Saft gelangt. Bei Neubauprojekten werden solche Lagares heute auch aus Beton oder Edelstahl gefertigt. Zudem werden sowohl die alten als auch die neuen Lagares mit Kühlsystemen ausgestattet, so dass die Gärtemperatur gesteuert werden kann. Das traditionelle Fusstreten in den Lagares erfordert viel Personal (in der Regel ein Dutzend Personen) und Zeit und erfolgt nach einem exakt festgelegten Ablauf. Zuerst gruppieren sich die Erntehelfer in Reihen, die aufeinander zugehen, um die Trauben systematisch zu quetschen, danach stampft jeder für sich allein. Weil Arbeitskräfte auch in Portugal rar sind, kommen immer mehr Robot-Systeme zum Einsatz, bei denen die Trauben von Metallpedalen, abgefedert mit Silikonaufsätzen, gestampft werden.

Mit den «Talhas» und Lagares feiert das antike Weinmachen in Portugal in einer zeitgenössisch adaptieren Form ein spektakuläres Comeback. Nur eines hat sich gegenüber früher geändert. Wurden einst alle Weine auf diese Weine bereitet, so sind diese aufwendigen Praktiken heute den Spitzenweinen vorbehalten.

Weiterführende Infos: www.winesofportugal.pt