Österreichische Traditionsweingüter haben ihre „Erste Lage“ an der Donau

22.03.2010 - R.KNOLL R.KNOLL

ÖSTERREICH (Krems-Stein) - 1992 startete der damals gerade ins Leben gerufene Verein Österreichische Traditionsweingüter einen Versuch mit einer Lagenklassifizierung und der Ausweisung von „Ersten Lagen“, wurde aber vom Gesetzgeber zurück gepfiffen. Jetzt hat die ÖTW-Vereinigung, die 23 Güter in den Gebieten Kremstal, Kamptal, Traisental und Wagram repräsentiert, Anleihe an der Praxis des deutschen Verbandes der Prädikatsweingüter (VDP) genommen. Der Jahrgang 2009 von Riesling und Grüner Veltliner wird, sofern er aus einer von 46 ausgewiesenen Lagen kommt, mit dem Wortzeichen „1ÖTW“ geschmückt.

 

Dessen Form ist dem 1er-Symbol des VDP sehr ähnlich. Kein Zufall, sondern das Ergebnis einiger Gespräche von Michael Moosbrugger, dem ÖTW-Vorsitzenden und Chef des renommierten Weingutes Schloss Gobelsburg, mit Steffen Christmann, dem VDP-Präsidenten. Dabei wurde sogar darüber diskutiert, ob man das VDP-Zeichen nicht einfach übernehmen soll, um auf internationalem Feld zu demonstrieren, dass Austria und Deutschland gemeinsam für Spitzenlagen eintreten. Doch das hätte bei manchen Leuten wohl eine Erinnerung an 1938 und „Gross-Deutschland“ geweckt…

Eine Vorprüfung der Weine hält man, anders als beim VDP, nicht für erforderlich. Moosbrugger verweist darauf, dass die Mitgliedsbetriebe allesamt als sehr gut bekannt sind und man ihnen durchaus die Eigenverantwortung überlassen kann. Das ist beim VDP und seinen 200 Mitgliedern nicht auf breiter Front der Fall; immer wieder schlüpfen in Gebieten, die nicht streng selektieren, schwächere Weine in die „Gewächs“-Klasse. Eine Ertragsbegrenzung wurde nicht für notwendig erachtet. „Unsere Erntemengen sind ohnehin schon sehr gering“, meint Moosbrugger.

Bei der Auswahl der Lagen konnten die Weingüter nicht allein entscheiden. Die Vorstandschaft stimmte über Anträge ab und bezog in ihre Entscheidung sowohl die Erfahrungswerte der Winzer als auch das Feedback der Weinliebhaber und die Preise, die am Markt erzielt werden, ein. So ähnlich hat das auch beim VDP funktioniert, mit Ausnahme des „Ersten Gewächses“ im Rheingau, das eine weingesetzliche Grundlage hat und auch Nicht-VDP-Mitgliedern offen steht, sofern sie Besitz in entsprechenden Fluren haben (was im Rheingau dazu führte, dass mittelmäßige und manchmal sogar miserable „Erste Lagen“ auf den Markt kommen).

Wie bei den „Großen Gewächsen“ des VDP haben die „Ersten Lagen“ der Regionen an der Donau nur eine privatrechtliche Basis. Und sie stehen auch nur den ÖTW-Mitgliedern offen. Andere Regionen könnten nachziehen. Ein heißer Kandidat ist die Region Wagram, in der gleich zwei Vereinigungen (Weingüter Wagram und Wagramer Selection) um das Interesse der Genießer buhlen. Die Weingüter Wagram zeichnen bisher Topweine mit einem „WW1“ aus, aber in der Regel ohne Lagenangabe. Ein kleiner Verein mit (vorläufig) nur sieben Mitgliedsbetrieben weist bereits seine besten Lagen als „Erste“ und „Große“ aus, nämlich die Steirische Klassik mit Häusern wie Polz, Tement und Gross.

Insider befürchten Verwirrung bei den Konsumenten, weil noch nicht mal die DAC-Regel mit gebietstypischen Herkunftsweinen in den Regionen außerhalb der Weinbaugebiete richtig verstanden wird und auch die weit verbreitete Bezeichnung „Reserve“ unterschiedlich definiert wird. Andere fordern, dass eine Lagen-Klassifikation auf breite, wissenschaftliche Basis gestellt gehört, weinrechtlich abgesichert sein soll und allen offen stehen muss, sofern sie erstklassige Fluren vorweisen können.

Ein gesetzgeberisches Votum befürchtet der Verein Österreichische Traditionsweingüter nicht, nachdem die Steirer schon seit einigen Jahren unbehelligt blieben und auch nirgendwo auf der Flasche der Begriff „Erste Lage“ auftaucht. Lediglich das Symbol ist auf dem Etikett zu finden. Irgendwann in den nächsten Jahren soll noch eine „Große Lage“ kommen, mit Weinen aus speziellen „Filetstücken“. Aber zuvor muss sich die „Erste“ durchsetzen. Funktionieren wird das nur mit durchgängig überzeugender Qualität. Hier hat der VDP Lehrgeld bezahlt – und noch mehr das Elsass, dessen Grand Cru-Flut zu einer Menge enttäuschender Weine geführt hat. Moosbruggers Gobelsburg, Bründlmayer, Jurtschitsch, Loimer und Co. darf man zutrauen, dass sie diesen Fehler nicht machen .