Das Gold von Tirol - Der Teroldego zwischen Tradition und Moderne

17.04.2011 - arthur.wirtzfeld

ITALIEN (San Michele all`Adige) - Zwischen dem Fluss Etsch und dem Wildbach Noce erstreckt sich die Rotaliana-Ebene, Namensgeberin für den wichtigsten Rotwein des gesamten Trentino: Teroldego Rotaliano. Seit dem 14. Jahrhundert prägt diese heimische Rebsorte die Identität der Weinbauern und wird heute auf zirka 500 Hektar im ganzen Trentino kultiviert. Den Troldego habe ich bisher vernachlässigt bis, ja bis ich auf das Weingut Endrizzi, gelegen in San Michele all`Adige vor der der Kulisse des mächtigen Monte Reale aufmerksam wurde.

 

„Leicht ist diese Rebsorte nicht zu verarbeiten", meint Vito Piffer, Önologe bei Endrizzi während unserer Verkostung, "denn die Beerenhaut wird ab einem gewissen Reifegrad sehr dünn und kann schnell platzen, wenn es regnet oder zu feucht wird und das Lesegut fault dann sehr schnell." Zudem muss bei der Ernte genauer als bei anderen Sorten die Reife der Traubenkerne (fachspezifisch: phenolische Reife) mit der physiologischen Reife der Trauben genau beobachtet werden.

Der Teroldego hat zwar nicht so viele Tannine, diese können aber schnell einen unerwünscht bitteren Nachgeschmack im späteren Wein verursachen und damit die angenehm fruchtigen Aromen und die zarte Frische überdecken. Doch Christine Endrici, die Chefin des Hauses, beruhigt sofort: "Seit Vito bei uns ist, haben wir einen Experten für diese Rebsorte, denn er kommt aus dem hiesigen Nonstal."

Dabei gibt Christines Mann, Paolo Endrici, durchaus zu, dass die ersten Versuche ab 2000, dieses besondere Gesicht des Teroldego, den Gran Masetto noch klarer herauszuarbeiten, nicht ganz perfekt liefen: "Erst in 2003 fanden wir die richtige Technologie mit der Trocknung in Räumen bei kontrollierter Temperatur und Feuchtigkeit".

Reife rote und schwarze Beeren, Gewürze und Kräuter sowie eine gewisse Mineralität sind die typischen Wahrnehmungen, die sich wie ein roter Faden durch alle Weintypologien aus Teroldego ziehen. Erreicht wird diese Wiedererkennbarkeit durch rigorose Auslese und beim Gran Masetto und Gran Masetto Dolce durch zusätzliche Trocknung der reifen Teroldegotrauben. Dabei verlieren ihre Beeren noch einmal zwischen 35 und 45 Prozent des Gewichts. "Das ist Wein, der aufwendig ist, doch das nehmen wir in Kauf, um moderne Weine auf den Markt zu bringen", so Paolo Endrici, "genau auf der Linie einer moderaten Genussphilosophie."

Der Wunsch nach eleganten Weinen und der Forscherdrang im Traditionshaus Endrizzi ließ sie jahrelang experimentieren, um das Territorium und die Herkunft des Weins noch stärker zum Ausdruck zu bringen. Damit ist Endrizzi ein Weingut, das dem Teroldego besondere Aufmerksamkeit schenkt und ihn in allen nur erdenklichen Varianten in Reinform und in innovativen Cuvées, passend zum heutigen Lebens- und Ernährungsstil offeriert.

Diese permanente Suche nach Qualität bei gleichzeitiger Wahrung der Typizität der heimischen Rebsorte Teroldego gab mit den Ausschlag, Paolo Endrici mit der Auszeichnung "Cangrande" zu ehren. Seit 1973 wird diese Medaille am Band in massiv Silber mit einer Urkunde jedes Jahr aufs Neue auf der Vinitaly den Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Weinwirtschaft Italiens besonders bemühen. Die Nominierungen kommen direkt aus den einzelnen Regionen, dort wo man genau um die Verdienste der Geehrten weiß.

"Sicher ist das auch eine Anerkennung für unsere umweltschonende Arbeitsweise und das Mitschreiben der Geschichte unserer wertvollsten Rebsorte, dem Tiroler Gold, das hier bei uns purpur- bis granatfarben im Glase funkelt", gesteht Paolo sichtlich gerührt und stolz.

Kaum ein anderer Betrieb im Trentino zeigt unserer Meinung nach so gut die Facetten, die in dieser Rebsorte stecken. "Nach dem Erfolg auf internationalem Niveau des Gran Masetto, der zur Hälfte aus getrockneten Trauben besteht, haben wir uns zum Feiern unseres 125. Jubiläums im letzten Jahr an einen 100prozentigen Passitowein gewagt", erläutert Christine die Entwicklung zu den heutigen Ergebnissen. Und Vito Piffer ergänzt: "Wir wollten beim Gran Masetto Dolce eben probieren, wie weit wir mit dem Welken gehen können, ohne den Wein zu denaturieren und ihn noch als Teroldego erkennbar zu lassen."

Und dies scheint vollends gelungen, obwohl Paolo Endrici betont, noch in einer Studienphase zu stecken. Doch der Wein gibt genau das typische Profil des Teroldego wieder: eine unendliche Fruchtigkeit mit deutlichen Noten von schwarzen und roten Beeren, samtige Tannine und ein gutes Säuregerüst, in dessen Kontext die 11 Volumenprozent Alkohol kaum wahrzunehmen sind. Ein leichter Dessertwein zu herrlichen Mürbeteigkuchen mit Obst belegt, bevorzugt mit roten Früchten… zum Genießen und Träumen.