"Doyen der Wachau" - Abschied von Josef Jamek

18.03.2011 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Joching) - Er war fast so etwas wie ein menschliches Synonym der Wachau. Josef Jamek aus Joching (berühmtes Kürzel JJJ) prägte die Weinlandschaft an der Donau wie kein anderer und trug entscheidend zum internationalen Ruhm dieses eigentlich kleinen Gebietes mit gerade 1400 Hektar bei. „Ein großer Mann, der für die Region unwahrscheinlich viel geleistet hat“ - diese Aussage von Franz Hirtzberger, dem Vorsitzenden der Schutzvereinigung Vinea Wachau (die 1983 von Jamek mit begründet wurde), gemacht zu seinem 80. Geburtstag am 4. November 1999, hat nach wie vor Gültigkeit, als es hieß, Abschied zu nehmen von dem bedeutenden Wein-Österreicher, der vor wenigen Tagen im Alter von 91 Jahren verstarb.

 

Das Weingut in Joching gründete sein Vater Anton 1912. Der sieben Jahre später geborene Sohn Josef besuchte von 1934 bis 1936 die Weinbauschule in Krems und übernahm danach schon Verantwortung im Keller. Nach sechs überstandenen Kriegsjahren überlegte der junge Mann, ob er ergänzend zum Weinbau die von den Eltern gegründete, aber zerstörte Gaststätte weiter führen sollte. Ein befreundeter Gastronom redete ihm gut zu. So wurde Josef Jamek Winzer und Gastronom. Kurz vor seinem 80. Geburtstag, damals lebte er schon sehr zurückgezogen, erzählte er, dass es ihm immer Freude gemacht hatte, täglich vielen Menschen zu begegnen und sich mit ihnen auszutauschen.

Die Stammgäste sahen dann den schlanken Mann mit dem eisgrauen Bürstenschnitt, wie er die Gäste an den Tisch brachte, beim Service half, schnell mal guten Bekannten eine kleine Weinprobe zelebrierte und die Augen überall hatte. Besonders gute Bekannte durften mit ihm einen Ausflug in seine Riede (Lage) Klaus machen, die er 1959 erwarb und durch mühselige Terrassierung nicht nur zu einer der Spitzenlagen Österreichs, sondern außerdem zu einem Naturdenkmal formte.

Im gleichen Jahr entschloss er sich, generell auf die Anreicherung von Wein zu verzichten – ein mutiger Schritt, denn vor Jahrzehnten gab es auch immer wieder mal Ernten mit geringem Zuckergehalt in den Trauben, etwa 1965 und 1980. Jamek sagte dann: „Man muss den Weinen eben mehr Zeit lassen.“ Der Verzicht auf den Zuckersack wurde später für alle Vinea Wachau-Mitglieder Pflicht. Die hohe Säure in solchen Jahren bekam er durch den geschickt praktizierten biologischen Säureabbau in den Griff. Der Süße verschloss er sich nicht generell: „Wenn es die Natur gibt, warum nicht?“ Ebenfalls ungewöhnlich waren seine niedrigen Schwefelgaben. Beim Rotwein vom Zweigelt übte er sogar gelegentlich totalen Verzicht. „Behutsam“ war eines seiner Lieblingswörter beim Beschreiben des Weinausbaus.

Beharrlich war er außerdem. Als in den sechziger Jahren gegenüber von Dürnstein in Rossatz ein monströses Kraftwerk mit Stausee in Planung war, trug Jamek den Protest in höchste Regierungsetagen und war als Mitglied einer „Viererbande“ mit Franz Prager, Franz Hirtzberger sen. und Wilhelm Schwengler von der Dürnsteiner Genossenschaft entscheidend daran beteiligt, dass die Pläne ad acta gelegt wurden. Bald darauf hatte es der „Arbeitskreis zum Schutz der Wachau“ auch noch geschafft, den Schwerkraftverkehr von beiden Seiten der Donau zu verbannen, was Tourismus und Weinbau sehr entgegen kam.

Josef Jamek, der „Doyen der Wachau“, hing lang am Weinbau und der Gastronomie. Es dauerte bis weit in die neunziger Jahre hinein, ehe er sich entschloss, alles an Tochter Jutta und deren Mann Hans Altmann zu übergeben. Schön, dass ihm danach doch noch rund 15 geruhsame Jahre an der Seite seiner Frau Edeltraud verblieben, die er 1941 geheiratet hatte. Im Mai hätten sie die seltene Gnaden-Hochzeit feiern können. Es reichte nicht mehr ganz. Am 14. März 2011 entschlief Josef Jamek sanft und wurde zwei Tage später, wie es sein Wunsch war, im Kreis der Familie ohne große Zeremonien beigesetzt.