Hochmoselübergang: Case-Studie - Phantasie der Verzweiflung

23.07.2011 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Ürzig / Zeltingen-Rachtig) - An der Mosel droht es ernst zu werden. Baustraßen werden planiert, der Bau der Hochmoselbrücke (1,7 km lang, 160 Meter hoch) über einem der malerischsten Moseltäler könnte noch im August beginnen. Einige Lokalpolitiker und Bürger der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues glauben, die zu erwartenden Beeinträchtigungen für den Tourismus, neben dem Weinbau der bedeutendste Wirtschaftszweig in der Region, könne man ausgleichen. Am 19. Juli kam es zu einer skurrilen Abschlussveranstaltung einer "Case Study" der FH Worms mit dem Titel "Hochmoselübergang und Zukunftswerkstatt". Das Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde hatte das Thema Hochmoselübergang über Jahre hinweg totgeschwiegen. Diese Veranstaltung wurde darin jedeoch bereits im Vorfeld bejubelt.

 

Die Fragestellung, der sich die 3 Studentinnen der Fachhochschule Worms unter Leitung von Prof. Scherhag gewidmet hatten, war eine im Prinzip unlösbare Aufgabe: Wie lassen sich die Beeinträchtigungen durch den Bau der Schnellstraße B50 neu (im Autobahnmaßstab) und der Moselhochbrücke kompensieren?

Die Brücke, vordergründig die Hauptquelle der Beeinträchtigungen, solle als Attraktion beworben werden, so der kühne Vorschlag. Farbliche Gestaltung, Illumination, angebauter Lift oder eine Treppe nach oben, eine Radfahrerbrücke sollte angebaut und eine aerodynamische Schutzwand auf der Brücke installiert werden. Für Aktivitäten wurden eine Traktorsafari vorgeschlagen, ein Wasserpark, ein Erlebnisweinberg, eine Mountain-Bike-Strecke oder eine Sommer-Rodelbahn. Zur Einweihung sollte ein Brückenfest vorbereitet, oder besser noch die Landesgartenschau an die neue Autobahn geholt werden. Eine Raststätte am westlichen Brückenkopf oder Imbissbude soll den Wert der Straße heben. Auch für die Bauzeit gab es Vorschläge: Verschönerung der Baustelle mit bedruckten Planen. Ein Highlight sei der Baustellentourismus, dessen Organisation bereits begonnen habe.

Diejenigen, die immer schon für den Mammutbau waren, gerieten ins Schwärmen. Die anderen verließen nach und nach das traurige Schauspiel. Die Frage der Realisierung der Ideen erledigte sich schnell: Jede bauliche Veränderung an der Brücke sei unzulässig, so musste der anwesende Bürgermeister von Bernkastel-Kues, Herr Port, einräumen. Was aus den anderen Vorschlägen werden könnte, offenbart ein Blick zur bauähnlichen Winninger Brücke (Fertigstellung 1972): nichts. Es fehlten damals die finanziellen Spielräume, so die knappe Bemerkung einer der Studentinnen. Und sie fehlen heute mehr denn je.

Wie ist die Situation heute? Die Moselschleife zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach, das sogenannte Herz der Mosel, genießt Weltruf. Millionen Gäste kommen jährlich aus dem In- und Ausland, um die Landschaft und den Wein zu genießen. Und es sind die begehrtesten Riesling Weine unseres Planeten, die genau hier wachsen. Nicht ohne Grund hat sich die nationale und internationale Presse ungewohnt kritisch mit dem Hochmoselübergang auseinandergesetzt. Das veraltete, überdimensionierte und mit nicht mehr gültigen Begründungen geplante Schnellstraßenprojekt würde eine Schneise der Verwüstung in die Region tragen. Dass dies durch nichts ausgleichbar ist, konnte man bereits im Erörterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren aus dem Jahr 1999 nachlesen.

Georg Laska von der Bürgerinitiative Pro-Mosel bringt es auf den Punkt: "Die Beste Förderung der Moselregion ist zugleich die Billigste: Ein Stopp dieses Wahnsinnsbaus, der mit viel zu hohen regionalen und finanziellen Risiken behaftet ist!"