Südafrikanische Wein-Profis verurteilen den Human Rights Report

19.09.2011 - arthur.wirtzfeld

SÜDAFRIKA (Kapstadt) - Führende Mitglieder der südafrikanischen Weinszene haben den Human Rights Report nun als statistisch unzuverlässig und irreführend kritisiert. Wir berichteten zum Thema ausführlich im August in einer Serie von 5 Beiträgen unter dem Titel: „WOSA kritisiert Bericht von Human Rights Watch 1-5“, bezogen auf den Ausgangsartikel: „Human Rigths Watch: Kritik an Arbeitsbedingungen auf Südafrikas Wein- und Obstfarmen“, dieser wiederum bezogen auf den Human Rights Report.

 

Der zentrale Vorwurf von Human Rights Watch (HRW) bezog sich insbesondere auf „düstere“ und „gesundheitsgefährdende“ Bedingungen der Arbeiter auf Südafrikas Obstplantagen und Weingütern. Dabei wurde aufgelistet, dass Arbeiter Pestiziden ungeschützt ausgesetzt wären, schlecht bezahlt würden, dass oftmals eine sanitäre Grundversorgung fehlen würde und u.a. auch, dass die Arbeiter nicht in Gewerkschaften vertreten seinen. „Die landwirtschaftliche Industrie hier in Südafrika ist in menschliches Elend verstrickt“, argumentierte Daniel Bekele, Direktor von Human Rights Watch, seinen Bericht.

Durch viele Zeitungsartikel weltweit und nicht zuletzt durch Beiträge in den Online-Medien rückte insbesondere die südafrikanische Weinindustrie in den Vordergrund. Jetzt häufen sich scheinbar berechtigte Zweifel an dem Bericht, zu mindestens die Weingüter betreffend. Michael Fridjhon, einer der erfahrensten Weinjournalisten in Südafrika verwies in einem Artikel in der Business Day auf die „kleine“ Gruppe der befragen Güter sowie auf „Boulevard Art“ dargestellte „Enthüllungen“. „Von rund 60 Betrieben insgesamt seien lediglich 21 befragt worden – davon seien nur ein Drittel Wein produzierende Betriebe, was wiederum lediglich 0,5 Prozent der rund 4000 Weinerzeuger Südafrikas entspräche“, so Fridjhon.

„Warum lässt ein vermeintlich so gut gemeinter Bericht alle Kriterien einer statistischen Genauigkeit vermissen, wenn doch HRW die Arbeiter vor Repressalien schützen will“, frage Fridjhon in seinem Beitrag. Außerdem beklagt er vermeintliche Verallgemeinerungen und auch die Fokussierung auf die Verwicklung der Weinindustrie, wenn doch weitgehend nur landwirtschaftliche Betriebe und nur sehr wenige, für eine Statistik nicht geeignete Anzahl an Weinerzeugern, für den Bericht befragt wurden. „Ich wende mich insbesondere gegen den Begriff Weingüter, denn in der Statistik von HRW ist es keineswegs klar, ob die vorgetragenen Vorwürfe überhaupt auf Weingüter zutreffen“, schreibt Friedjhon.

In Südafrika sind hochrangige Vertreter der landwirtschaftlichen Industrie gleichermaßen bestürzt. Deren Tenor ist: „Sicher kann eine Menge Wahrheit in dem Bericht stecken, aber leider ist er einseitig, unausgewogen und es fehlt an Objektivität. Als Ergebnis scheitert der Bericht der HRW leider daran, dass er mitnichten hilft, die Täter zu identifizieren, er verschleiert sogar. Sollten die einzelnen Vorwürfe nachprüfbar sein, so sollten insbesondere die im Bericht bekannt gemachten Straftaten gesetzlich verfolgt werden.“ Weiterhin bedauert die Branche, dass durch unprofessionelle Erfassungen, Befragungen und auch gerade dadurch bedingt fehlerhafte Statistiken seitens der HRW die Chance verpasst wurde, die in den letzten Jahren schon wesentlich verbesserten Arbeitsbedingungen nun noch weiter zu verbessern.

„Während die Weinwirtschaft in Sachen Arbeitsbedingungen große Fortschritte gemacht hat, sind die übrigen landwirtschaftlichen Betriebe nicht so von der Regierung gefördert worden“, erklärt Fridjhon. „Es kann durchaus sein, dass hier Frustration herrscht und auch letztlich die Gesetzgebung versagt hat, gerade darin, den am meisten gefährdeten Teil der Gesellschaft besser zu schützen.“ Und Su Birch, Direktorin der Wines Of South Afrika (WOSA), deren Organisation von der Weinindustrie gefördert wird, sagt: „Wir haben den Fachleuten der HRW erklärt, dass die zwei angeblichen Weinfarmen, bei denen Beanstandungen erfasst wurden, keine Weingüter sind. Im Übrigen beleuchtet der Bericht überwiegend Farmen, die isoliert gelegen sind und von der heutigen Realität modern produzierender Betriebe, weit entfernt sind und definitiv ihr Produkte nicht exportieren.“

Ob dem Bericht, der offensichtlich die gesamte Weinnation Südafrika aufgerüttelt hat, nun auch Einbußen im Export, insbesondere nach Großbritannien, nach sich zieht, dafür gibt es keine Hinweise. „Ja, wir hatten Reaktionen auf den Märkten erwartet, aber es geschieht nichts“, sagt Kevin Gallagher, Geschäftsführer des südafrikanischen Weinhandelsunternehmen SA Weine. „Ich denke, dass viele unserer Abnehmer die Produzenten kennen und sie auch schon besucht haben, so können sie sich ein eigenes Bild machen“.