Teroldego - eine zu unrecht vergessene Rebsorte

27.01.2011 - arthur.wirtzfeld

ITALIEN (Mezzolombardo) - Das Trentino ist seit je her eine Grenzregion, eine Region, die häufig schnell durchfahren wird und selten das Hauptziel einer Reise darstellt. Reisende ziehen meist weiter in Richtung Gardasee oder Toskana. Die Vielfältigkeit des Trentino, seine Schönheit, wird dabei oft verkannt. Die Region, in der die südlichen Dolomiten langsam zu sanften Hügel übergehen, ist viel mehr als nur ein enges Tal mit Autobahn. In ihr findet sich so mancher vergessene Schatz, wie die autochthone Rebsorte Teroldego. Die erst wieder durch den langjährigen Einsatz von Elisabetta Foradori aus der Vergessenheit zurückgeholt wurde.

 

Als „Tiroler Gold“ wurde die autochthone Rebsorte Teroldego von den Habsburgern nicht zu Unrecht bezeichnet. Sie war der Wein, der vor dem ersten Weltkrieg in Wien am liebsten getrunken wurde. Damals war das Trentino Teil von Österreich- Ungarn. Der in einigen wenigen Teilen des Landes noch heute verbreitete deutsche Dialekt, sowie die imposanten Keller, die in der Gegend um Mezzolombardo entstanden sind, sind Zeugen kaiserlicher Vergangenheit. Nach dem ersten Weltkrieg wurden die jahrhundertelangen Beziehungen zum Norden unterbrochen. Die Rebsorte Teroldego wurde im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft auf hohe Erträge ausgelegt. Sie wurde bis vor einigen Jahren aufgrund seiner intensiv roten Farbe zur Farbverbesserung mit anderen Sorten verschnitten. Die Individualität der Sorte, ihr Charakter, ging dabei verloren. Heute weiß man, dass der Teroldego genetisch gesehen der Sohn des Lagreins und ein Cousin der Rebsorte Syrah ist.

Große Weine zeichnen sich durch ihre Vielschichtigkeit aus. Vielschichtigkeit entwickelt sich durch Vielfalt. Diese kann sich nur in einem lebendigen Weinberg entwickeln. Der Weg zum lebendigen Weinberg ist die Biodiversität - und diese fehlte dem Teroldego. Sie musste mit viel Liebe wiederhergestellt werden. Die Agrarpolitik der 60er und 70er Jahre setzte auf hohe Erträge und die Weinberge wurden im Zuge dieser Politik meist mit ertragreichen Teroldego-Klonen bepflanzt. Diese genetische Selektion führte dazu, dass kleine und lockerbeerige Biotypen des Teroldego nur noch in wenigen, alten Weinbergen zu finden waren, die Vielfalt der Rebsorte wurde beinahe zerstört.

Elisabetta Foradori ist es zu verdanken, dass die Rebsorte in ihrer genetischen Vielfalt heute noch existiert. Fünfzehn Jahre arbeitete Elisabetta Foradori an der Neuselektion des Teroldego, um ihn vor dem Vergessen zu bewahren. Nach einem langen Prozess der Selektion konnte sie die Weinberge mit fünfzehn verschiedenen, kleinen, lockerbeerigen Klonen neu bepflanzen und somit die Biodiversität der Rebsorte wiederherstellen.

Als dieser Prozess die ersten qualitativen Ergebnisse brachte, folgte ein weiterer Schritt: die Wiederherstellung der Biodiversität im Weinberg, im Boden. Dies begann im Jahre 2003 als die Umstellung des bis dahin konventionellen Betriebes auf biodynamische Landwirtschaft erfolgte.

Die Schwemmlandböden des nördlichen Trentinos sind geprägt durch Gestein und Sand der umherliegenden Gebirge, sie sind die ideale Voraussetzungen für den Teroldego. Drei Gesteinstypen (Dolomit, Granit und Porphyr) aus drei geologisch verschiedenen Gebirgszügen führte der Fluss Noce im Laufe der Jahrtausende zusammen. Hier entfaltet die Rebsorte Teroldego ihre Vielschichtigkeit, ihren Charakter. Mineralität, Frucht und Frische zeigen wie vielfältig sich das kühle Klima der Alpen einerseits und die Wärme des Südens andererseits in einem Wein entfalten. Wie keine andere Rebsorte ist der Teroldego in der Lage Eleganz und Kraft zu verbinden und kommt dennoch mit relativ niedrigen Alkoholgehalten um die zwölf Volumenprozent aus.

Der reinsortig ausgebaute Teroldego von Foradori trägt den Namen des Weinguts und lässt dadurch die enge Verbundenheit zu dieser autochthonen Rebsorte erahnen. Die Lese des aktuellen Jahrgangs 2007 war die früheste Lese in der Geschichte des Weingutes Foradori. Aufgrund eines milden Winters kam es zu einer Frühblüte, dies wirkte sich auf den gesamten Vegetations- und Reifeprozess aus, sodass bereits Mitte September die Lese beendet war, einen Monat 
 früher als gewohnt. Die warmen Nächte im September sorgten für harmonische Weine. Blaubeeren, Mandelnoten und zarte Kirschnoten prägen den Foradori 2007. Im Mund präsentiert er sich harmonisch, ausgewogen mit Tiefe und Struktur bei 12,5% Alkohol. Foradori 2007 ist ein Wein, der auch leicht gekühlt im Sommer genossen werden kann.

Das Weingut Foradori hat seinen Sitz in Mezzolombardo im Trentino und wurde 1901 erbaut. 1985 wurde das Familienweingut von Elisabetta Foradori übernommen. Von Beginn an konzentrierte sie sich auf die nahezu ausgestorbene Rebsorte Teroldego. Die 25 Hektar Rebfläche sind zum größten Teil mit Teroldego bepflanzt. Ihrer Piornierleistung ist es zu verdanken, dass die Vielfalt des Teroldego erhalten geblieben ist. Elisabetta Foradori gilt heute als die ungekrönte Königin des Teroldego.