Ungarische Topwinzer präsentierten in Berlin

01.12.2011 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Berlin) - Seit dem 1. Mai 2004 ist Ungarn Mitglied der Europäischen Union. Dem Weinbau, der ein nicht unwichtiger wirtschaftlicher Faktor ist, hat das bislang keinen Rückenwind verschafft - was wohl auch mit den wirtschaftlichen Problemen des Landes und einer gewissen politischen Isolation durch umstrittene gesetzgeberische Maßnahmen zusammen hängen mag. In den Jahren davor - und nach der politischen Wende ab 1990 - machte der Weinbau noch große Sprünge im Zuge weit reichender Privatisierungsmaßnahmen. Ungarn nahm Abschied von der Massenproduktion aus kommunistischen Zeiten, unter denen sogar die Renommierregion Tokaj gelitten hatte. Zahlreiche neue Betriebe entstanden. Investoren aus verschiedenen Ländern wurden aktiv. Das Haus Underberg stand sogar kurz davor, große Teile des Anbaugebietes Tokaj zu erwerben. Aber dieses Investment war der ungarischen Regierung dann doch etwas zu groß geraten; es wurde abgeblockt.

 

Gleichwohl konnten die ungarischen Winzer bald zeigen, dass ihre Heimat ein sehr gutes weinbauliches Potenzial hat. Doch das vernimmt man in anderen Ländern kaum, weil es kein gemeinsames Marketing für Wein gibt. Der Burgenländer Georg Stieglmar, der im Ruhestand beim Nachbarn etwas Weinbau betreibt, erzählt von einem gewissen Neidfaktor: „Meine ungarischen Kollegen registrieren, dass sehr viele Journalisten und Weinhändler nach Österreich kommen und fragen mich, warum die nicht auch Ungarn besuchen.“ Seine Antwort: „Weil die Österreicher mit ihrer Weinwerbung Geld in die Hand nehmen und einladen, während die Ungarn nichts tun.“

Jetzt hat zumindest ein Ungar die Initiative ergriffen. Dr. Jószef Czukor, Botschafter in Berlin, regte eine Weinpräsentation in seinem Haus an und paktierte hier mit dem Berliner Weinhändler Horst Hummel, der selbst in der Region Villány einen 7,5-Hektar-Betrieb besitzt und seine Kontakte zu den Kollegen spielen ließ. Mit Erfolg: über ein Dutzend Weingüter stellten ihre Weine vor und konnten sich über ein reges Interesse (weit über 300 Besucher) freuen.

Die Erzeuger kamen aus zwei Regionen: Villány ist eine anerkannte Rotweingegend im Südwesten und war damit ein gutes Kontrastprogramm zu den Beteiligten aus Tokaj, die deutlich machten, dass in diesem Gebiet im Nordosten längst nicht mehr nur edelsüße Aszú (Ausbruchweine) erzeugt werden, sondern aus den klassischen Sorten Furmint, Harslevelü (Lindenblättriger) und Muskat auch gute trockene Weine entstehen können.

Mit dabei war ein Tokajer-Aushängeschild, nämlich das zum französischen AXA Millésimes gehörende Weingut Disznókő, das seine besten Süßweine, die hochwertigen Trockenbeerenauslesen entsprechen, mitgebracht hatte (für Kenner: Aszú 5 und 6 Puttonyos). Mit herben Weißweinen überraschte Château Dereszla angenehm. Eine trockene Cuvée hat es im Exportgeschäft sogar ins Regal des Kaufhof geschafft (Preis hier um 5 Euro).

Die Winzer aus Villány offerierten fast ausschließlich Rotweine. Darunter befanden sich einige der besten Tropfen, die man derzeit in Ungarn bekommen kann. Die Weine - bevorzugt Kékfrankos (Blaufränkisch), Cuvées sowie Cabernet Sauvignon und Cabernet franc - haben viel Stoff, sind im Alkoholgehalt manchmal etwas arg hoch (14,5 „Volt“ gibt der ungarische Süden locker her) und wurden überwiegend gekonnt in Barriques ausgebaut. Bei den Preisen zeigt man Selbstbewußtsein: Die gut gereiften Premium-Qualitäten (viel aus 200 und 2008, kaum etwas aus 2009) kosten ab 16 Euro aufwärts und kletterten schon mal über 50 Eur0.

Doch Winzer wie Bock, Attila Gere (der seit fast 20 Jahren mit dem Burgenländer Franz Weninger bei einigen Weinen zusammen arbeitet), Tiffán, Vylyan, Wassmann, Malatinszky uns Szende sowie der Deutsche Hummel (seit 2008 Bio) können auch im preiswerteren Bereich achtbare Weine offerieren, die gut strukturiert sind und ein ansehnliches Alterungspotenzial vorweisen.

Hier einige höherpreisige Hits: 2003 Grand Selection von Tiffán (53,50 Euro), 2007 Bock Cuvée Premium (33,50), 2009 Cabernet franc von Malatinsky (39,50), 2007 Cabernet franc Alte Reben (26 Euro) und Solus 2007 (45 Euro) von Attila Gere, 2006 Nuenium-Cuvée von Vylyan (34,20). Horst Hummel ist da mit seinen 25 Euro für seine 2006er J.M.-Cuvée schon vergleichsweise bescheiden, ebenso mit den 19,50 Euro für den sensationellen 2009er Portugieser mit dem originellen Namen „Jammertal“. In das würde Hummel vermutlich versinken, wenn er als Berliner Händler nur mit einem solchen Preisniveau aufwarten würde. Empfehlung: 2008 Kékfrankos, viel Feuer und Biss für zurückhaltend kalkulierte 8,50 Euro.

Weil die erste Präsentation gut angenommen wurde in Berlin, ist man auf den Geschmack gekommen: Bereits am 4. Februar findet die nächste Veranstaltung, diesmal im ungarischen Kulturzentrum, statt. Thema: Big Bottle Party.