Mehr Mittel für Rekultivierung der Ex-Mafia-Weinberge

03.04.2012 - arthur.wirtzfeld

ITALIEN (Parlermo) - Bisher hat die Europäische Union über eine Milliarde Euro in das italienische „Mafia-Projekt“ zur Rekultivierung der ehemaligen von der Mafia kontrollierten Weinberge zu Verfügung gestellt. Aktuell sind weitere Mittel für die von der Mafia konfiszierten Weinberge der ehemaligen Mafiosi Michele Grevo und Salvatore Riina (genannt Toto) in Sizilien, Kalabrien, Apulien und Kampanien vorgesehen.

 

Die italienische Regierung hatte die Weingüter der inhaftierten Mafia-Bosse bereits vor Jahrzehnten beschlagnahmt, doch erst ab 1996 gab es Gesetze, die konfiszierten Ländereien und Immobilien im Wert von vielen Millionen Euro, für die Weinwirtschaft nutzbar zu machen. Seither wurden mehr als 4500 Objekte in verschiedene Genossenschaften integriert.

Erstmals im Jahr 2001 brachten Genossenschaften aus dem Dorf Corleone, rund 60 km von Palermo entfernt, Weine auf den Markt, die man seither in Italien als „Anti-Mafia-Weine“ aus konfisziertem Land tituliert. Auf der diesjährigen VinItaly waren die Weine von Centopassi*, eine Kooperation zweier Genossenschaften aus der Region Corleone, im Rahmen der weiteren finanziellen Unterstützung wieder ein großes Thema.

„Wein kann eine Erlösung für ein von der Mafia ausgebeutetes Land sein“, sagte eine Sprecherin des Gambero Rosso. Und so werden in Italien auch die 61 Millionen Euro von der EU allein für das Programm „Nazionale Operativo Sicurezza“ verstanden, die zur Wiederaufnahme beschlagnahmter 125 Hektar Rebflächen in Sizilien, Kalabrien, Apulien und Kampanien zur Verfügung gestellt werden.

In einem weiteren Projekt engagiert sich das europäische Finanzinstitut Unicredit, um rund 150 Hektar Weinberge in der Nähe von Parlermo, die einst unter Kontrolle des ehemaligen Mafia-Bosses Michele Creco standen, der in 2008 im Gefängnis verstarb, wieder in die Produktion zu führen. Allerdings ist die Umwandlung der Fläche nicht einfach. Die Areale sind zerstückelt und gehören verschiedenen lokalen Kreditinstituten. Auch wirken noch die Einschüchterungen der ehemaligen Mafia-Clans nach, die von der Bevölkerung der Region immer noch in Erinnerung sind.

„Ich denke, wir können aufatmen. Aus unserer Sicht verändert sich die Stimmung und die Einschüchterungen sind beendet.“, schätzt Francesco Galante, ein Sprecher des Libera-Netzwerks, einer Organisation zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Verteilung der beschlagnahmen Ländereien, die Situation ein und ergänzt: „Durch die Hilfen der EU und anderer globaler Institute werden Möglichkeiten geschaffen, die Rekultivierung endlich zu betreiben - es geht also voran.“

„Was einst das Emblem der wirtschaftlichen Kraft der Mafia war, wird nun zu einem Symbol der Wiedergeburt Siziliens“, kommentierte Gaetano Armao, sizilianischer Kommissar für Wirtschaft während seines Besuchs der VinItaly.

*Der Name „Cento Passi“ (ital. für 100 Schritte) ist eine Reminiszenz an den italienischen Politiker und Anti-Mafia-Kämpfer Guiseppe Impastato (auch Peppino genannt). Aus einem jugendlichen Konflikt mit seinem Vater entwickelte Impastato eine Antipathie gegen die Machenschaften der der Mafia. Er organisierte den Widerstand zur Enteignung der Bauern, als in Parlermo eine Start- und Landebahn gebaut werden sollte und gründete einen Radiosender. Durch dieses Medium konnte er die Menschen erreichen und gegen die Mafia wirken. Als Impastato 1978 bei sizilianischen Kommunalwahlen kandidierte, wurde er während des Wahlkampfs von der Mafia ermordet. Im Jahr 2000 wurde das Leben und Kampf gegen die Mafia von Impastato vom Regisseur Marco Tullio Giordana in dem Spielfilm „Cento Passi“ verewigt. Der Filmtitel bezieht sich dabei auf die „100 Schritte“, die zwischen dem Elternhaus Impastatos und dem Haus des lokalen Mafiabosses lagen.