Neue VDP-Klassifikation mit jeder Menge Schlupflöcher – Teil I

28.01.2012 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Neustadt / Weinstraße) - Die rund 200 Mitglieder der Prädikatsweingüter vermarkten Wein von 4900 Hektar und sehen sich als Flaggschiff des deutschen Weinbaus. Jetzt wurde die vereinsinterne Klassifikation geändert. Aber die Geburtswehen sind noch nicht überstanden.

 

Der Berg kreißte und gebar - vermutlich einen Mäusezirkus. Bei seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung in Neustadt/Weinstraße präsentierte der Vorstand des „VDP. Die Prädikatsweingüter“ eine Beschlussvorlage, die schon im Vorfeld Aufregung nicht nur in den Reihen des Verbandes verursacht hatte, die aber einstimmig durchging.

Teile der Überlegungen wurden vorher bei einem „Kamingespräch“ mit Weinjournalisten präsentiert, mit dem Hinweis, dass die Versammlung erst alles absegnen muss. Ein voreiliger Teilnehmer präsentierte kurz darauf bereits scheinbare Wahrheiten und sorgte damit für einigen Trubel in der Szene. Er vermeldete die Abschaffung des „Ersten Gewächses“ im Rheingau für VDP-Mitglieder und ein Verbot der Deklarierung „trockener Kabinett“.

Man kann zwar sagen, dass hier indirekt späteren Tatsachen vorgegriffen wurde. Aber auch nicht. Denn der VDP hat seinen regionalen Vereinigungen und den Mitgliedern jede Menge Schlupflöcher offen gelassen, um über Herkünfte, Lagenangaben und Geschmäcker eigenständig zu entscheiden. Doch bleiben wir zunächst einmal bei den Kernpunkten der neuen VDP-Regeln. Künftig soll es, ab dem Jahrgang 2012 ein vierstufiges System geben:

  • Große Lage
  • Erste Lage
  • Ortswein
  • Gutswein

Die Großen Lagen werden in den Regionen festgelegt, um dann bei einer überbetrieblichen Einigung außerdem optional Erste Lagen auszuweisen. Das heißt mit anderen Worten: Jede Region kann selbst entscheiden, ob sie Große und Erste Lage oder nur Große Lage will, beziehungsweise ob sie auf ein vier- oder dreistufiges System setzt. Bislang liefen die Großen Gewächse (für herbe Weine) und die Ersten Lagen (für fruchtige Spitzenweine) etwas verwirrend nebeneinander. Die einfachen und mittleren Lagen gehen in den Gutsweinen (die unterste Kategorie) und den Ortsweinen (zum Beispiel „Niersteiner Riesling“) auf. Diese sind dann, je nach Entscheidung des regionalen VDP, mal intern Zweit- oder Drittwein.

Ein Hintergrund der Neuregelung ist die internationale Handhabung. Grand Cru ist im Burgund die Spitze, ein Premier Cru (Erste Lage) damit gewissermaßen die zweitrangige Herkunft. Wieder ein bisschen anders ist es im Bordelais. Hier gibt es bekanntlich die Bezeichnung Grand Cru (Großes Gewächs), die sich allerdings nicht direkt auf eine Lage bezieht, sondern auf ein Château. Im Médoc haben 61 Häuser Grand Cru-Status, aber die am höchsten eingestuften (Lafite, Latour, Margaux, Mouton-Rothschild und Haut-Brion) Betriebe sind wiederum Premier Crus - nicht ganz einfach zu verstehen für Leute, die sich in der Branche nicht perfekt auskennen...