Österreich: Uhudler im Kombucha

26.10.2012 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Fuschl am See) - Eines muss man den Österreichern lassen: Sie verstehen es, erfolgreiche Getränke zu lancieren. Der aus Thailand importierte Energy-Drink „Red Bull“ ist ein Beispiel. Und dann gibt es seit etlichen Jahren noch Kombucha von Carpe Diem, ansässig in Fuschl am See. Das aus fermentierten Kräutern hergestellte, leicht moussierende Getränk in drei Versionen (Classic, Quitte, Cranberry) hat zwar noch keinen eigenen Formel 1-Rennstall, aber zumindest längst Einzug in die Spitzengastronomie gehalten, sogar in den Hangar 7 in Salzburg, der wiederum zum Red Bull-Imperium gehört.

 

Dortselbst und in vielen anderen gastlichen Stätten in Österreich sowie in sämtlichen Filialen der Weinfachhandelskette Wein & Co (19 Filialen in ganz Austria) gibt es bis Ende Januar 2013 die Limited Edition Kombucha Uhudler, entwickelt wieder von Carpe Diem in Feinabstimmung mit Wein & Co. Das Unternehmen meint dazu: „Wir beweisen, dass wir für Innovationen über das Weinsortiment hinaus der richtige Partner sind.“

Die 0,75-l-Flasche hat einen Fixpreis (3,29 Euro). Der Inhalt soll bei etwa 8 bis 10 Grad getrunken werden. Der Teufel steckt gewissermaßen im Detail. Die Rede ist vom Uhudler, beziehungsweise dem alkoholfreien Saft aus solchen Trauben. Uhudler ist keine Rebsorte, sondern eine Bezeichnung für verschiedene Sorten, die es vorwiegend noch im Südburgenland und vereinzelt in der Steiermark gibt (hier auch scherzhaft „Juhudler“ genannt). Sie alle fallen unter die Kategorie Direktträger und haben im Aroma sowie im Geschmack mit einem normalen Wein nicht sonderlich viel gemein. Die Säure ist meist sehr ausgeprägt. Im Duft kann im positiven Fall viel Johannisbeere durchschimmern, aber ebenso können sich Aromen wie nasses Hundefell breit machen. In der Fachwelt spricht man dann von „Foxton“ oder „Fuchsigkeit“; Nuancen, die im Geschmack ebenfalls spürbar sind.

Die Rebgattung Uhudler ist ein Kind der Reblauskrise, die im 19. Jahrhundert fast den Weinbau in Europa vernichtet hätte. Man wurde ihr Herr durch die Pfropfung von europäischen Sorten auf reblausresistente amerikanische Unterlagen, die der Laus, wie schon in ihrer angestammten Heimat Amerika, nicht mundeten. Zuvor aber wurde versucht, das Problem durch die Einfuhr amerikanischer Sorten und Kreuzung mit europäischen Varietäten zu beheben. Daraus entstanden sog. Hybriden mit Namen wie Delaware, Noah, Isabella, Concordia, Othello und Ripadella, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts viel Verbreitung fanden.

Aber das „Amerikanerblut“ blieb in der Regel erkennbar. Weil die Qualität zudem nicht stimmte und man den Weinen unterstellte, dass sie ungesund sind und zornig machen, wurden die Reben meist wieder ausgehackt. In Österreich kam es 1936 zu einem Verbot der „Rabiatperle“, die damals auf einigen tausend Hektar verbreitet war. Doch im südlichen Burgenland in der Gegend von Heiligenbrunn blieben Areale erhalten, oft im Mischsatz mit klassischen Sorten. Die Trauben konnten für den Hausgebrauch gekeltert, aber nicht offiziell verkauft werden.

Dennoch avancierte der eigentlich illegale Wein vor gut 30 Jahren zu einem Kultgetränk. Wie es oft so ist, schmeckt Verbotenes besonders gut. Der Whisky in Amerika erlebte seinen Siegeszug in Zeiten der Prohibition. Der Wein aus den Direktträgertrauben bekam einen originellen Namen verpasst. Angeblich warfen Frauen ihren Männern nach zu eifrigem Genuss dieses speziellen Weines vor, sie würden „wie ein Uhu aussehen“. Ende der achtziger Jahre gab es erste Bestrebungen, den Uhudler zu legalisieren. Schließlich war es für die Winzer immer schwierig, den Kellereiinspektoren zu erklären, dass hunderte von Liter für den Eigenbedarf bestimmt waren.

Es bildete sich ein „Verein der Freunde des Uhudler“, der Bürgermeister, Richter, Mediziner und Politiker bearbeitete. So darf dieser spezielle Wein seit Sommer 1992 offiziell als Tafelwein im freien Ausschank verkauft werden. Dass er - außer dem Alkohol - gesundheitsschädlich ist, konnte durch Untersuchungen des Instituts für gerichtliche Medizin in Graz widerlegt werden. Seine Werte würden, so die damalige Feststellung, „jenen der weißen und roten Edelweine“ entsprechen.

20 Jahre später, also passend zum Jubiläum, kam jetzt die neue Variante ohne Alkohol, aber mit Kombucha, auf den Markt. Ob es nach dem Ablauf des Verkaufs im nächsten Jahr eine Neuauflage geben wird, entscheiden letztlich die österreichischen Konsumenten. Red Bull-Auflagen sind aufgrund der begrenzten Rebfläche wohl nicht möglich. Mag sein, dass Behauptungen über die besondere Bekömmlichkeit (wissenschaftlich unbewiesen) Zugkraft haben. Kann aber auch sein, dass es zu viele Ablehnungen gibt. Denn Geschmack und Aroma sind im Vergleich mit normalem Kombucha doch deutlich anders und auf jeden Fall sehr gewöhnungsbedürftig.