Französisches AOC-System steht unter Druck

01.07.2013 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Paris) – Die künftige Ausrichtung des französischen Systems zur Klassifizierung, Appellation d’Origine Contrôlée (AOC), das aus den 1930er Jahren stammt, steht zunehmend unter Druck. Längst werden heftige Debatten geführt. Beteiligt sind ein Großteil der Erzeuger aber auch der Handel und die Politik. Alle fordern sie eine Überholung des Systems.

 

„Das AOC-System hat sich zu einem wirtschaftlichen Instrument entwickelt, statt unser Terroir zu sichern“, bewertet Geneviève Teil, Forscher bei der French National Institute for Agricultural Research (INRA) mit Sitz in Paris. Die Regeln seien weit weg vom Ursprungsgedanken. Die Verordnungen des Systems würden letztlich das biologische Gleichgewicht stören, die Ausbeute sei zu hoch und damit leide das Terroir, meint Geneviève Teil: „Kommerz und Politik ersetzen Qualität – das kann nicht sein.“

AOC-Weine werden anhand mehrerer Kriterien geprüft. Die meisten Fehler sind flüchtige Säure aber die überwiegende Mehrzahl der abgewiesenen Weine repräsentieren einfach nicht die Typizität für einen AOC-Status. Allein in der Region Bordeaux wurden in 2011 von 10.000 Proben 17 Prozent als problematisch eingestuft. Zwölf Prozent wiesen kleine Störungen auf, weitere 4,5 Prozent wurden als fehlerhaft bezeichnet und 0,5 Prozent erhielten eine kritische Bewertung. Kleinere Mängel führen lediglich zu einer Warnung, kritische dagegen werden aus dem Verkehr gezogen. Schwere Fehler hingegen können vom Erzeuger angefochten werden oder eben ohne AOC-Siegel als „Vin de France“ in den Verkauf gebracht werden.

Unter den Reformern gibt es eine Reihe von Winzern, die Gruppe ist als „Les Refusés“ bekannt, die glauben, dass die Problematik nicht in der Weinbereitung liegt, sondern am AOC-System selbst. „Es gibt nur eine kleine Anzahl von Weinen die wegen technischer Probleme abgelehnt werden. Die meisten fallen bei den Prüfungen durch, weil sie nicht die geforderte Typizität für einen AOC-Status mitbringen“, erklärt Geneviève Teil. „Das Problem ist einfach erklärt: Durch die heutige moderne Technik entsprechen die Weine nicht mehr dem Standard aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Wir verwenden neue Barriques, die Weine haben einen Hauch von Vanille, sind fruchtig und würzig. Die Hefen haben sich verändert oder es werden welche eingesetzt, die es vor 70 Jahren noch nicht gab. Da ist es doch klar, dass sich die Weine anders präsentieren.“

Einig über eine Reform des AOC-Systems sind sich die „Les Refusés“ mit allen anderen Erzeugern, denen das AOC-Siegel verwehrt wird. Für sie formuliert Geneviève Teil: „Die Art und Weise wie Qualität und Typizität abgegrenzt wird, muss zügig und drastisch neu definiert werden.“