Fritz Rieder - der extreme Weinviertler

26.09.2013 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Poysdorf) - „Jawohl, ich bin ein extremer Winzer“, lacht Fritz Rieder aus Kleinhadersdorf, einem Ortsteil von Poysdorf im Weinviertel an der sog. Brünner Straße, die Wien mit der zweitgrößten Stadt Tschechiens verbindet. Viele seiner Kollegen in diesem Raum erzeugen hauptsächlich Grundweine für die österreichische Sektproduktion; einige legen Wert auf überdurchschnittliche Gewächse. Aber am meisten profiliert hat sich im Verlauf von knapp 20 Jahren das Weingut Weinrieder – so dass viele den 55-jährigen als „Herr Weinrieder“ ansprechen.

 

Warum sein Weingut nicht wie er heißt, erklärt er ganz einfach: „Rieder ist ein häufiger Name im Weinbau. Auch in Poysdorf gibt es ein paar Weinbauern mit diesem Namen.“ Mit Weinrieder hat er sich eine Alleinstellung erworben. Die hat er gewissermaßen auch mit einer speziellen Weinart, zumindest in dieser Region. Eiswein ist eine besondere Spezialität von Fritz Rieder.

Deshalb war er auch in der Lage, kürzlich zu „Weinrieder-Extrem“ einzuladen und bei dieser Gelegenheit über 30 Eisweine aus drei Jahrzehnten sowie weitere edelsüße Granaten und seine besten trockenen Weine zu entkorken. Rund 500 Händler, Gastronomen und sonstige Weinfans pilgerten extra nach Kleinhadershof, um – so Fritz – „Weine abseits vom gewohnten Mainstream“ zu verkosten.

Zu Veranstaltungen mit Zugkraft lud der Winzer schon mehrfach ein. Aber das Weinarchiv mit zahlreichen reifen Gewächsen wurde erstmals in diesem Umfang geplündert. Zurück ging es bis ins katastrophale Jahr 1980. Dem 1980er Eiswein vom Müller-Thurgau gab das Magazin Falstaff vor gut 30 Jahren 21 von 20 möglichen Punkten. Aber damals war Eiswein für Österreich noch etwas Neues und offenbar schwer einzuschätzen. Heute würde die Note anders ausschauen.

Für Fritz Rieder war die Extrem-Bewertung natürlich Motivation, auf diesem Feld weiter zu machen. „1979 war mein erster Jahrgang. Ich hatte damals wenig Ahnung und habe mir anfangs alle möglichen Dellen geholt“, erzählt er offen. „Nur edelsüß klappte recht gut.“
Wenn man sich von alt nach jung durch probiert, stellt man auch einen Lernprozess fest. Die Eisweine wurden mit den Jahren immer besser, immer klarer im Aroma. Und sie zeigen eine beachtliche Stabilität, etwa der 1986er Welschriesling, geerntet am 24. Dezember. Welschriesling und Rheinriesling spielen die Hauptrollen in der Eiswein-Produktion des Betriebes. Echte Größe zeigen zum Beispiel der 2002 und 2003 Riesling Schneiderberg, die es durchaus mit bedeutenden deutschen Eisweinen aufnehmen können.

2011 war ein besonders spannender Jahrgang in letzter Zeit. In der 5-Hektar-Lage Hölzler spekulierte Rieder bis ins neue Jahr: erst am 2. Februar wurden die Trauben vom Welschriesling geerntet. Der Wein entwickelte sich zu einem sehr typischen Eiswein, knackig, mit brillanter Frucht. Daneben gibt es noch eine weitere Welschriesling-Eiswein-Version, bezeichnet als „Privat“, die sich ungemein mineralisch und mit viel Spannung präsentiert.

Interessant ist diese Weinart auch wegen ihrer Preise. In Deutschland kostet ein überzeugender Eiswein aus gutem Haus eine dreistellige Summe, wenn ein bedeutender Name dahinter steht, kann es schon mal vierstellig bei Auktionen werden. Beim Weingut Weinrieder bleiben die Preise zweistellig, die „Basis“ ist schon für 19,50 Euro zu haben (2012 Welschriesling, ein rassiger „Weckruf“ mit feinem Apfelduft).

Hin und wieder wagt sich Rieder an Trockenbeerenauslesen, meist vom Chardonnay. Strohwein machte er nur ein einziges Mal, 1997. Obwohl das nicht das Gelbe vom Ei war, stellte der Kleinhadersdorfer den Wein bei „Extrem“ vor. Schließlich hatte er viele Trostpflaster im Glas zu bieten.

Dazu gehören seit einer Reihe von Jahren auch seine trockenen Weine vom Riesling und Grüner Veltliner. Früher war er hier anspruchslos. Ein Erlebnis mit einem Gastronomen vor rund 25 Jahren führte ihn auf den richtigen Weg. „Der hat mir verdeckt Wein eingeschenkt, der mich nicht froh machte. Als ich ihm sagte, den könne man wegschütten, meinte er nur, das sei ein Weinrieder-Wein…“.

Kantig und etwas derb waren die Weine einst, die Kellertechnik war unzureichend. Dann ersetzte er alte Fässer und eine Kelter, die Trauben mehr strapazierte als auspresste. Ab dem Jahrgang 1997 wurden die Weine deutlich besser. Heute kann er vor allem mit Reserve-Qualität von hohem Niveau aufwarten. Zu seinen Kellergeheimnissen gehören etwas Maischestandzeit und längeres Lager auf der Feinhefe. Vergoren werden die Weine relativ warm. „Dabei bildet sich mehr Glycerin, der Alkohol wird besser eingebunden“, hat Rieder gelernt. Wer es nicht weiß, siedelt seine Weine schon mal in Spitzen-Betrieben der Wachau an. Nur im Preis sind sie deutlich günstiger.

Gegründet wurde das Weingut übrigens 1928 von Großvater Franz, der damals bei einer Bank beschäftigt war und ein Leidtragender des Börsen-Crash wurde. „Daraufhin hat er sich neu orientiert und wurde Winzer“, weiß der Enkel. Wer weiß, wie sich sein Leben bei einer anderen Entscheidung des Opas entwickelt hätte. Zocken liegt ihm beim Weinbau im Blut. Vielleicht würde er heute an der Börse spekulieren… aber so muss er sich um die Zukunft seines 20-Hektar-Betriebes kümmern. Die Aussichten sind gut: Junior Lukas war sechs Monate beim deutschen Spitzenwinzer Klaus-Peter Keller in Flörsheim-Dalsheim in der Ausbildung!