Lutzmannsburg: Ein burgenländischer Weinort auf Profil-Suche

15.08.2013 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Lutzmannsburg) - An welche Orte denkt der Kenner, wenn es um Weine aus dem Mittelburgenland geht? Wohl zunächst an Deutschkreutz, wo die meisten namhaften Winzer (z.B. Gesellmann, Heinrich, Igler) Zuhause sind. Dann an Horitschon und Neckenmarkt, wo mit dem Winzerkeller die vielleicht beste österreichische Genossenschaft ihren Sitz hat. Auf Lutzmannsburg, dem südlichsten und am nächsten an der Grenze zu Ungarn gelegenen Weinort, kommen Blaufränkisch-Fans zuletzt. Das soll sich nach dem Willen des örtlichen Weinbauvereins allmählich ändern.

 

Der besondere Stellenwert des Lutzmannsburger Wein-Plateaus hoch über der Ortschaft, und von ihr aus nicht ersichtlich, wurde letztes Jahr Mitte Mai deutlich. Badetemperaturen hatten weiter nördlich am Neusiedlersee schon geherrscht, doch wenige Tage später kam es – nach den Eisheiligen – noch zu frostigen Temperaturen auch im Mittelburgenland, die eine Reihe von Weinbergen schädigten. Die Winzer in Lutzmannsburg hatten kein Problem mit dem Frost, ihre knapp 160 Hektar in Höhenlage blieben unbeschadet.

Dass sich in dem 850-Einwohner-Ort erstklassiger Wein erzeugen lässt, musste den elf Weinerzeugern inklusive der seit 1996 mit der Horitschoner Kooperative fusionierten Genossenschaft ein Winzer aus einer anderen Region erst so richtig deutlich machen. Roland Velich aus Apetlon im Osten des Neusiedlersee startete auf dem Lutzmannsburger Plateau 2001 sein Projekt „Moric“ (Moritz gesprochen). Er erzeugt hier aus speziell ausgewählten Rebanlagen Blaufränkisch der Sonderklasse, in der Stilistik burgundisch anmutend. Dass er Lutzmannsburg als Herkunft nicht unterschlug, brachte dem Ort durch die damit einher gehende Berichterstattung auch in internationalen Medien einen gewissen Bekanntheitsgrad ein. Aber die örtlichen Erzeuger bekamen dennoch keinen Aufschwung für ihr Image.

Dabei hätten es einige durchaus verdient, nicht nur das Gut von Herbert Prickler, dem einzigen Lutzmannsburger, der im österreichischen Weinführer „Falstaff“ vertreten ist, sondern beispielsweise auch das Weingut Familie Weber, das der "Falstaff" ebenfalls führt und deren Weine bereits zweimal Falstaffsieger wurden. Wer sich durch die Kollektionen der Betriebe verkostet, stellt fest, dass auch Erzeuger wie die Familien Weber und Magedler, Plöchl und Edwin Weber Blaufränkisch (die hier mit 70 Prozent Anteil dominante Sorte) offerieren können, der erstklassig ist und mit den Weinen der Nachbarorte konkurrieren kann.

In solchen Weinen macht sich ein besonderes Kapital der Lutzmannsburger bemerkbar. Es gibt hier einen hohen Anteil von Weingärten, die über 50 Jahre alt sind oder sogar aus der Zeit vor 1940 stammen. Die älteste Flur, die nachweislich 1906 gepflanzt wurde, findet sich in der Riede (Lage) Haider. Winzer Hans Rohrer hat für seinen kraftvollen, spontan vergorenen Blaufränker deshalb die Bezeichnung „1906“ gewählt.

Experimentierfreudig sind sie auch, die Lutzmannsburger. So kann Herbert Prickler einen gradlinigen, würzigen Sommerwein vorweisen, der wasserhell im Glas schimmert. „Ein gleichgepresster Zweigelt“ erklärt er die nicht vorhandene Färbung. Bei der Anstellung zur Qualitätsweinprüfung hatte er nach eigenem Eingeständnis „Bauchschmerzen“. Aber der in der Optik ungewohnte Wein ging durch.

Was die Lutzmannsburger, deren Weinbau immerhin seit 1218 urkundlich erwähnt ist, in den letzten Jahren etwas dazu verführte, kaum oder nicht die Werbetrommel zu rühren, war vermutlich die 1989/90 erfolgte Entdeckung von Thermalwasser, die 1994 zur Eröffnung einer Sonnentherme unter Regie des Landes Burgenland führte. So wandelte sich die bäuerlich strukturierte Gemeinde zu einem bedeutenden Touristikort. Aber inzwischen hat man durch die Umorientierung der Therme hin zu Familien mit Kindern erkannt, dass der Weinbau davon nicht unbedingt profitiert und man andere Wege gehen muss, um sich zu profilieren.

Deshalb gibt es seit einigen Jahren das „Rotweinerlebnis Lutzmannsburg“ am großen, schattigen Dorfanger am ersten August-Wochenende (diesmal vom 2. bis 5.8.), das Besucher von Nah und Fern anlockt. An manchen Tagen sollen sich schon bis zu 6000 Gäste von Weinhütte zu Weinhütte bewegt haben. Weil es keinen Zapfenstreich gibt, kann der Abend bis zum frühen Morgen dauern. Die Therme ist rund zwei Kilometer entfernt, die dort in den Hotels untergebrachten Familien können gut schlafen.

„Schön war es, aber ich bin hundemüde“, resümierte noch ein paar Tage später ein Weingärtner aus Württemberg, der mit einigen Kollegen aus Ungarn, der Slowakei und Slowenien der Veranstaltung erstmals ein internationales Gepräge gab. Michael Schiefer aus Lauffen am Neckar war einer der Gastwinzer. Er war zufrieden mit dem Verkauf seiner Weine.

Im Vorfeld war eine gewisse Überzeugungsarbeit der Organisatoren notwendig. Nicht jeder Lutzmannsburger Winzer war zunächst glücklich mit dem Vorschlag, die Veranstaltung international anzulegen, zumal noch eine moderierte Verkostung der Lutzmannsburger Blaufränker mit den Gewächsen der Gäste ins Programm aufgenommen wurde. Aber im Nachhinein waren alle Beteiligten selig. 2014 wird es eine Neuauflage geben. Doch zunächst müssen die Winzer jetzt ihren „Tag der offenen Kellertür“ am 9. November überstehen und sich dann vielleicht um die Errichtung eines Weinlehrpfades auf ihrem Hochplateau kümmern, damit Thermen-Touristen vielleicht zusätzlich zu Weintouristen werden.