Österreich lässt es prickeln

16.12.2013 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Wien) - Sekt war in Österreich trotz eines bekannten Hauses wie Schlumberger, einer Präsenz des deutschen Riesen Henkell sowie der großen Versekter-Aktivitäten des Hauses Szigeti in Gols (Burgenland) mit einem Absatz von rund 25 Millionen Flaschen im Jahr lange Zeit trotz der 2005 erfolgten Streichung der nach deutschem Beispiel erhobenen Sektsteuer eher ein Randthema. Aber inzwischen ist Austria mit den Pricklern offensiv geworden.

 

Als vor kurzem der ORF in seiner Reihe „Eingeschenkt“ den österreichischen Sektmarkt in den Mittelpunkt stellte und hier etwas dick aufgetragen vom „Sektland Österreich“ gesprochen wurde, fand zeitgleich bereits der fünfte „Tag des österreichischen Sektes“ statt. Für Sekt im TV hatte sich vorher ein Österreichisches Sektkomitee stark gemacht, das vergleichbar ist mit den Weinkomitees, die es in den verschiedenen Anbaugebieten gibt und die hier zum Beispiel die Regeln für den DAC-Status, das Herkunftsmodell von Wein-Österreich, erarbeitet haben. Ziel der Vereinigung ist es, bei den Österreichern mehr Bewusstsein für das heimische Produkt zu wecken und hier vor allem deutlich zu machen, dass nahezu 100 Prozent des Sektes aus österreichischen Grundweinen erzeugt werden (das Weinviertel und die Gegend rund um Poysdorf ist beispielsweise ein emsige sprudelnde Quelle).

Eine „Höherpositionierung“ in der öffentlichen Meinung wird angestrebt. Erreicht werden soll sie durch eine exakte Kennzeichnung und diverse Qualitätskriterien. Sekt aus österreichischem Wein ist ab 2014 auch ein Thema für die Aktivitäten der Weinmarketing Österreich, die ihre Beitragsordnung auf neue Füße gestellt hat und mittlerweile Mittel aus der Sektbranche bekommt. Mitglieder des Komitees sind die großen Häuser wie Schlumberger, Kattus und Inführ sowie Grundweinerzeuger wie Riegelhofer in Poysdorf und die Genossenschaft im burgenländischen Andau. Vorsitzender für die nächsten fünf Jahre ist Herbert Jagersberger von Schlumberger, als Geschäftsführer agiert ehrenamtlich der ebenfalls dem Haus Schlumberger verbundene Benedikt Zacherl.

Interessant bei Schlumberger ist, dass das Unternehmen zu 100 Prozent dem deutschen Hauses Underberg in Rheinberg gehört. Aber man kann in Wien sehr eigenständig agieren und verleibte sich hier vor einigen Jahren von Konkurrenz Kattus dessen Renommier-Marke Hochriegel (Auflage rund zwei Millionen Flaschen im Jahr) ein. Beim Schlumberger-Sekt selbst hat man bei Proben immer wieder mal den Eindruck, dass das Image besser als die Qualität ist.

Damit das Komitee nicht zu sehr von den Markennamen geprägt wird, ist ein individueller Erzeuger wie Szigeti dabei. Und damit auch namhafte Winzer wie Steininger und Bründlmayer in Langenlois, die bekannt sind für ausgezeichneten Sekt, ein Mitspracherecht haben, wird ein zusätzlicher Ausschuss für „Sekthersteller nach der traditionellen Methode“ gegründet. „Über diesen Weg sind selbstversektende Winzer mit eingebunden“, meint Zacherl.

Einige Erzeuger warteten gerade in letzter Zeit mit bemerkenswerten Produkten auf. Die Brüder Norbert und Peter Szigeti, die 1991 mit der Sektproduktion begannen und inzwischen über eine Million Flaschen unter eigenem Namen füllen (verteilt auf etwa 30 verschiedene Sorten und Frizzante), präsentierten kürzlich ihren 2011er Gols Prestige brut aus Trauben von Blaufränkisch, Pinot Noir, Chardonnay und Zweigelt, der mit raffiniertem Fruchtspiel und feinwürziger Aromatik überzeugt. Im Frühjahr 2014 sollen vier Lagensekte aus dem Burgenland und Niederösterreich folgen.

Der Traisentaler Markus Huber, einer der Aufsteiger in Österreich in den letzten Jahren, hat als Vorbilder Top-Champagner-Häuser. Er wartet neuerdings mit drei erstklassigen, betont herben Pricklern vom Chardonnay 2012 (saftig, vibrierend, verspielt), Grüner Veltliner 2012 (zartes Pfefferl im Duft, anhaltende Würze) und Pinot Noir Rosé 2010 (elegant, delikate, Frucht, verspielt) auf. Allesamt sind sie nach der klassischen Methode in Auflagen von einigen tausend Flaschen erzeugt. Den Verdacht, dass er künftig auch mit Rotwein aufwarten will, wehrt der Reichersdorfer ab: „So etwas sucht man nicht bei uns, das muss nicht sein. Aber ein Rosé-Sekt vom Pinot ist eine Bereicherung des Sortiments.“

Auch in der Steiermark, wo Schilcher-Sekt von Erzeugern wie Christian Reiterer in Lam (Weststeiermark) ein Geheimtipp ist, kommt eine neue Sekt-Botschaft. Hannes Harkamp aus St. Nikolai, der in Leibnitz in der Villa Hollerbrand eine Sektmanufaktur eröffnet hat, begann seine Sektproduktion vor Jahren mit einem 2007er Muskateller. Jetzt wurde der schäumende Portfolio mit einem 2010er Reserve Zero dosage ergänzt, der – wie schon die Bezeichnung sagt – ohne jede „Schminke“ (Dosage) auskommt. Pinot Noir, Weißburgunder und Chardonnay stehen Pate für diesen noblen, herrlich gradlinigen und nachhaltigen Sekt mit feinem Nuss-Aroma. Er ist vielleicht das Beste, was man derzeit als Sekt in Österreich bekommen kann.

PS: Die derzeit nicht erhobene Sektsteuer soll bald wieder eingeführt werden, vermutlich pro Flasche ein Euro. Die Branche protestiert und verlangt, dass dann zumindest auch bei Frizzante und Secco abkassiert wird, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.