Szekszárd im ungarischen Süden: Neue Rotwein-Hochburg mit Kadarka?

17.01.2013 - R.KNOLL

UNGARN (Szekszárd) - Was kennen Weinkenner von Ungarn? Sicher Tokaj, die berühmte Süßweinregion, die – was den Weingeschmack betrifft – immer herber wird. Dann noch vielleicht von einem Urlaub das Gebiet am Plattensee (Balaton), Eger (wegen des „Stierblut“) und vielleicht die Rotweinregion Villány im tiefen Süden und Sopron als unmittelbaren Nachbarn des Mittelburgenlandes (weil dort der österreichische Topwinzer Franz Weninger ein Spitzenweingut aufgebaut hat). Aber zu beachten ist auch eine ebenfalls im Süden gelegene 36 000-Einwohner-Stadt mit Weinbergen, die mit dem württembergischen Bietigheim-Bissingen 1989 eine Partnerschaft einging: Szekszárd.

 

Kürzlich war eine Delegation von Winzern in Württemberg, um den Schwaben ungarischen Wein einzuschenken und um zu demonstrieren, dass man durchaus dem Ruf gerecht wird, eine „kommende Rotwein-Hochburg“ zu sein (wie es ein deutscher Internet-Händler propagiert). Zum Teil wurde dabei Deutsch gesprochen. Einige der Weinbauern haben entsprechende Wurzeln, weil Donauschwaben im 18. Jahrhundert in Szekszárd sesshaft wurden. Dazu gehört die Familie Heimann, die 1990 ihren Weinbaubetrieb gründete, aber seit 1758 in Ungarn lebt. Senior Zoltán Heimann bekam 2011 den „ArtVinum Preis“ für europäische Weinkultur in Stuttgart überreicht, sein Junior (25), ebenfalls ein Zoltán, studiert in Geisenheim und Montpellier Weinbau, womit die Zukunft des Weingutes langfristig gesichert ist. Zumal er mit respektablen Gewächsen in Bietigheim-Bissingen besonders positiv auffiel.

Angetan hat es dem jungen Heimann vor allem die uralte Sorte Kadarka, für die Szekszárd einst berühmt war. Billiger, schlichter Kadarka aus Bulgarien und Mazedonien, der in deutschen Regalen zu finden war, schädigte den Ruf der Sorte. In Szekszárd war sie einst ein wichtiger Bestandteil des „Bikavér“ (Stierblut), einer roten Cuvée, die mit dem gleichen Namen auch in Eger (Erlau) bekannt war und ist. Aber hier wurde das „Stierblut“, um das sich Legenden von tapferen Kriegern ranken, erst später eingeführt.

Szekszárd Bikavér gibt es nach wie vor, aber mehr stolz sein können die Winzer aus dem kleinen Anbaugebiet 144 Kilometer südlich von Budapest auf andere rote Cuvées aus Sorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Syrah. Hier trumpfen vor allem Winzer wie Istvan Bodri (ein gelernter Jurist), Heimann, der ungarische „Winzer des Jahres 2004“, Ferenc Takler sowie der deutsche Schwabe Markus Schieber und seine ungarische Frau Anita (eigentlich promovierte Juristin) auf, die eigentlich Ackerbau in Ungarn betreiben, aber plötzlich in der gekauften Fläche von über 4000 Hektar auch Rebland vorfanden und jetzt das Beste daraus machen. Schiebers 2009er Cuvée aus den beiden Cabernet-Sorten ist elegant und hat viel Tiefgang. Heimanns „Barbar“ aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Blaufränkisch/Kékfrankos und Tannat (der einzige in Ungarn) ist vielschichtig, geschmeidig – und jeden seiner 25 Euro wert (für ungarische Top-Rotweine noch ein moderater Preis).

Doch zurück zum Kadarka, der einiges mit dem schwäbischen Trollinger gemeinsam hat, nicht nur die späte Reife. Wenn man sich der Sorte gezielt annimmt, wie es neben den beiden Heimanns und Ferenc Takler auch noch der „Winzer des Jahres 2011“, Peter Vida, mit 90 Jahre alten Reben macht, dann kann daraus ein Wein mit Profil entstehen. In Württemberg haben das in den letzten Jahren einige Betriebe kapiert. Sie reduzieren die Trollinger-Erträge stark und setzen wieder auf die traditionelle Maischegärung und nicht auf die Maischeerhitzung, die Marmeladendüfte verursachen kann. Sie bauen die Wein im klassischen Holzfass aus und gönnen ihm etwas Reifezeit. Das Ergebnis sind dann kraftvolle, spannende Weine mit angenehmen Gerbstoffen – wie sie auch in Szekszárd mit Kadarka möglich sind. Wenn es die sympathischen ungarischen Winzer verstehen, diese Sorte noch mehr in den Vordergrund zu stellen, dann haben sie damit eine Chance, sich besonders zu profilieren. (r.knoll)