„Der 1825er duftete nach Feigen und Marmelade“

30.04.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (München) - Das Produkt, mit dem er seit vielen Jahren zu tun hat, versteckt sich sogar etwas in seinem Namen. 1983 trat Hervé Deschamps als 27-Jähriger nach dem Studium in Dijon seinen Dienst im Champagnerhaus Perrier-Jouẽt an und war vier Jahre zweiter Mann, ehe er voll in die Verantwortung genommen wurde. Kürzlich kam er nach München, um im „First 181“ im Olympiaturm bei Otto Koch zwei neue Jahrgänge vorzustellen.

 

„Diese Nobelmarke kenne ich schon einige Jahrzehnte“, blickte Hausherr Otto Koch zurück in seine Münchner Anfänge mit dem legendären „Le Gourmet“ auf der Theresienhöhe. Die Champagner mit den unverkennbaren Jugendstil-Etiketten hatte er damals bereits auf der Karte. Umso mehr freute er sich, dass jetzt der 2006er Belle Epoque und der 2007er Belle Epoque Edition bei ihm Deutschland-Premiere hatten, begleitet von einigen anderen noblen Pricklern bis hin zu einem 2000er Chardonnay Blanc de Blancs.

Die Champagner waren durchgängig delikat und spannend. Der 2006er ließ im Aroma zarte Brioche und feine Mineralität erschnuppern, zeigte im Geschmack feine Würze und eine delikate Frucht (50 % Chardonnay, 45 % Pinot Noir und etwas Pinot Meunier). Der zwiebelfarbene 2007er Rosé präsentierte sich zart, verspielt, filigran (90 % Chardonnay und Pinot Noir, beide aus den besten Grand Crus-Lagen). Aber auch der Mann, der für sie Verantwortung trug, verdiente Interesse und hatte im Interview mit Rudolf Knoll einiges zu erzählen.

 

Hervé Deschamps, Kellermeister von Perrier-Jouẽt, im Interview mit Rudolf Knoll:

 

Was sind Sie eigentlich für ein Jahrgang?

HD: Ich wurde 1956 geboren, im Sternzeichen des genießerischen Stier.

Hatten Sie in der Familie weinbaulichen Bezug?

HD: Bereits meine Großeltern betrieben etwas Weinbau, aber sie verkauften ihren Ertrag. Heute gehören die Flächen einem Cousin.

Und was macht der mit den Trauben, verkauft er sie an Sie?

HD: Nein, er beliefert Billecart-Salmon. Ist auch keine Schande.

Wie viel eigene Rebfläche hat das Haus Perrier-Jouẽt?

HD: Rund 65 Hektar in Toplagen, damit decken wir etwa 25 Prozent unseres Bedarfs für die jährlich rund drei Millionen Flaschen, von denen 85 Prozent in den Export gehen.

Welche Sorte ist die wichtigste?

HD: Pinot Noir hat bei uns einen Anteil von rund 50 Prozent. Chardonnay liegt bei 35 Prozent.

Also nur 15 Prozent Pinot Meunier, der ja in Deutschland Müllerrebe oder Schwarzriesling heißt. Hat diese Sorte in der Champagne eigentlich noch Bedeutung?

HD: Sie ist zweifellos nichts für die Schmuddelecke. Aber in manchen Häusern wird sie am liebsten totgeschwiegen, obwohl sie für die Produktion nicht unwichtig ist.

Wie ist es um die Vorräte im Keller bestellt?

HD: Gut, wir haben immer einen Vorrat von rund elf Millionen Flaschen.

Ein paar davon sollen sehr, sehr alt sein…

HD: In der Tat haben wir eine Schatzkammer, zu der nur ich den Schlüssel habe. Gelegentlich stecke ich ihn ins Schloss.

Und öffnen dann eine Rarität wie im Jahr 2009, als bekannt wurde, dass Perrier-Jouẽt eine Flasche des Jahrgangs 1825 entkorken ließ. Was haben Sie damals empfunden?

HD: Ich habe zunächst vor allem an den damaligen Kellermeister und die Arbeiter im Weinberg gedacht, die so etwas möglich machten. Der Flascheninhalt war zwangsläufig oxidiert, der Champagner hatte damals sehr wenig Schwefel bekommen. Aber er duftete nach Feigen und Marmelade und moussierte noch etwas. Deutlich besser präsentierte sich vor knapp drei Jahren der Jahrgang 1911, den wir aus Anlass des 100. Geburtstages unseres 1811 gegründeten Hauses öffneten. 1911 war ein sehr gutes Jahr. Er war in der Farbe blass, doch die Perlage war sehr lebhaft. Man hat bei beiden Proben gemerkt, dass sich der Stil des Hauses über den langen Zeitraum eigentlich nicht geändert hat und immer die Finesse im Vordergrund stand und steht.

Gibt es noch einen Vorrat aus 1825?

HD: Zwei Flaschen sind noch da. Aber ob wir uns an sie jemals heranwagen, ist fraglich.

Perrier-Jouẽt ist seit 2005 Bestandteil des hinter Diageo weltweit zweitgrößten Spirituosenproduzenten Pernot Ricard, dem nicht nur mit G.H.Mumm ein weiteres namhaftes Champagnerhaus gehört, sondern der zudem Eigentümer zahlreicher Whiskymarken aus Schottland, Irland und den USA ist. Sind Sie verpflichtet, auch mal Whisky zu trinken?

HD: Das muss man mir nicht befehlen. Ich genieße gelegentlich gern einen guten Whisky aus unserem Portfolio, zum Beispiel den Single Malt Glenlivit oder den Blended Scotch Royal Salute.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Deschamps.