Französischer Wein mit dem Segen des Rabbiners

20.10.2014 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Arpaillargues) - Der Wein von Alexandre Sartène bekommt viel Sonne ab - und hat den Segen des Rabbiners. Denn auf seinem Weingut in Arpaillargues nahe der südfranzösischen Stadt Nîmes keltert der 49-jährige Spross einer jüdischen Familie koscheren Wein nach mehr als 3000 Jahre alten, strengen Vorschriften.

 

Sein Weingut Parnassah - was auf Hebräisch Wohlstand bedeutet - tut seinem Namen alle Ehre. Wenige Jahre, nachdem der einstige Marketing-Berater einen Neustart als Winzer wagte, hat er sich zum weltweit drittgrößten Produzenten von koscherem Wein außerhalb Israels gemausert - nach zwei Winzern in den USA. In Europa ist er der einzige, der ausschließlich Wein für jüdische Kunden keltert.

Auf sieben Hektar baut Sartène Bio-Wein an, chemische Zusätze sind streng verboten. Derzeit werden auf seinem Gut jährlich zwischen 50.000 und 60.000 Flaschen mit rotem Merlot-Wein und weißem Chardonnay abgefüllt und in die ganze Welt exportiert - nach Berlin, Brüssel und Paris, aber auch bis nach Rio de Janeiro und Panama.

Damit der Wein als koscher - also "rein" - gilt, muss das Keltern strikt von einem Rabbiner überwacht werden, der dafür eigens aus Jerusalem anreist. Ihn begleiten zwei "Maschgiach", die darauf achten, dass die Regeln des jüdischen Speisegesetzes Kaschrut eingehalten werden. Der Rabbiner und seine Begleiter sind die einzigen, die nach der Weinlese die Trauben berühren dürfen. Wenn sie nicht da sind, bleibt der Eingang zu den Weinkellern verschlossen, in denen der Traubensaft in großen Behältern gärt.

"Wein und Olivenöl sind die ältesten koscheren Produkte", begeistert sich Sartène, der sein Weingut als seinen Kibbuz bezeichnet. "Sie sind das mythischste aller Geschenke." Er sei nicht gerade ein praktizierender Jude, aber er hänge sehr an jüdischen Traditionen, erläutert der 49-Jährige, der ein weißes Polo-Hemd und auf dem Kopf eine blaue Kippa trägt.

Seine Begeisterung für Wein wurde dem Winzer sozusagen in die Wiege gelegt: Sein Großvater war von Beruf zwar Briefträger, aber auch ein kleiner Weinbauer, dem Sartène als Jugendlicher bei der Ernte half.

Auf die Idee, koscheren Wein anzubauen und zu vermarkten, kam Sartène 1993, als er ein großes Weingut auf einem Hügel oberhalb Jerusalems besichtigte. Bis er sein Projekt lancieren konnte, sollte es aber noch mehr als zwölf Jahre dauern - schließlich musste er für die notwendigen Investitionen eine Million Euro zusammenbekommen. Die Gegend von Nîmes wählte der Franzose aus, weil er ein Fan der dort regelmäßig stattfindenden Stierkämpfe ist.

Anfang 2007 schien das Vorhaben auf gutem Weg. Doch dann mischte sich der Bürgermeister des 800-Seelen-Dorfes Arpaillargues ein, seither gibt es für den Zugereisten aus Paris immer neue Schwierigkeiten. So wartet Sartène noch heute darauf, dass sein Weingut an das örtliche Wassernetz angeschlossen wird. Auch die Anbindung an das Stromnetz lässt auf sich warten - der Betrieb funktioniert dank eines Generators.

"Der Bürgermeister sperrt sich einfach gegen das Weingut", sagt ein Gemeinderatsmitglied. Winzer und Gemeindeoberhaupt fechten ihren Kleinkrieg daher vor Gerichten aus. Mittlerweile sind sie schon beim 27. Verfahren. Der Anwalt des Bürgermeister beteuert, das Gemeindeoberhaupt sei kein "antisemitischer Bürgermeister, der einem Juden Knüppel zwischen die Beine wirft". Verantwortlich sei vielmehr die Präfektur.

Sartène gibt sich dennoch zuversichtlich. Er glaube fest daran, dass die Justiz ihm letztlich Recht geben werde, versichert er. Dann werde er sein Gut erst richtig ausbauen. An Ehrgeiz fehlt es ihm nicht: "Mein Business-Plan, das sind eine Million Flaschen pro Jahr."