Gerhard Roth aus Wiesenbronn: 40 Jahre „Personenschutz“ als Bio-Winzer

16.07.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Wiesenbronn) - Ein stolzes Jubiläum kann 2014 im fränkischen Wiesenbronn begangen werden. Winzer Gerhard Roth entschloss sich vor 40 Jahren, auf ökologischen Weinbau umzusteigen, weil er durch Spritzmittel gesundheitliche Probleme bekam. Er hat es nicht bereut…

 

Sein Namensvetter, der deutsche Dichter und Lyriker Eugen Roth (1895-1976) schrieb jede Menge Verse über „Menschen“. Etwa den: „Ein Mensch erkennt, dass es nichts nützt, wenn er den Geist in sich besitzt. Weil Geist uns dann erst Freude macht, sobald er zu Papier gebracht.“

Genau das machte Gerhard Roth (65) aus dem Steigerwald-Weinort Wiesenbronn, als er vor kurzem zahlreiche Stammkunden, Freunden und einigen Medienvertreter zu einem Jubiläumstag begrüßte. Im Roth'schen Weingut mit ökologischer Bausubstanz dozierte der Winzer vom handgeschriebenen Zettel, was er unter Bio-Weinbau versteht und warum er 1974, damals mit wenig Rebfläche und gerade in der Umstrukturierung von Landwirtschaft/Weinbau zum reinen Weinbau steckend, das Risiko einging, auf konventionelle Methoden und vor allem die damals üblichen Spritzmittel zu verzichten. „Das ist in erster Linie Personenschutz für alle, die im Weinberg arbeiten.“

Allergien machten im vor 40 Jahren zu schaffen. Er erkannte den Zusammenhang mit der Chemie, beschloss „zurück in die Zukunft zu gehen“ und ignorierte die Lehrmeinungen, die damals keinen Grashalm in den Rebzeilen zuließen. „Leicht war es nicht“, erinnert sich Gerhard Roth. „Es gab keine einschlägige Literatur wie heute. Ich suchte mir Gleichgesinnte in ganz Europa, um die spärlichen Erfahrungen auszutauschen, die wir hatten.“ Klar doch, dass damals die Kollegen in der Nachbarschaft an die Stirn tippten, als sie sahen, dass es der junge Winzer in seinen Flächen wuchern ließe. „Es gab rufschädigende Äußerungen ohne irgendwelche Grundlagen. Ich musste feststellen, dass weder Intelligenz noch Bildung vor dummen Aussagen schützen.“

Roth ließ sich indes nicht von seiner Richtung abbringen. Er wurde 1985 eines der Gründungsmitglieder des damaligen Bundesverband Ökologischer Weinbau (heute: Ecovin), trat aber einige Jahre später wieder aus, weil ihm Querelen im Verein nicht gefielen. So wurde er Mitglied von Naturland. Sein System im Weinberg konnte er immer wieder verbessern und im Lauf der Zeit an mehr als 50 Lehrlinge weitergeben. Eine Reihe dieser Azubis stellte später Zuhause ebenfalls auf Öko-Weinbau um.

Zufrieden kann er heute feststellen, dass diese Art der Produktion mittlerweile anerkannt ist. „Das ist nichts für Nostalgiker, sondern hochmodern. Aber sie erfordert Wissen und Erfahrung.“ Roth gehörte zu den ersten Öko-Winzern, die qualitativ positiv auffielen. Wer in den 70er und 80er Jahren die Weine aus dieser Szene probierte, wurde häufig mit groben Weinfehlern konfrontiert. Seitdem immer mehr gute und sehr gute Erzeuger auch aus den Reihen des Verbandes der Prädikatsweingüter (VDP) umgestiegen sind, gibt es jede Menge guter Bio-Weine. Der Wiesenbronner ist seit über zehn Jahren Mitglied in dieser Nobelvereinigung und hat in seiner Eigenschaft als immer etwas störrischer Winzer auch noch andere Akzente gesetzt. So setzte er sich erfolgreich dafür ein, dass die Sortenbezeichnung Blaufränkisch anstatt Lemberger für Franken zugelassen wurde. Als das noch nicht genehmigt war, wandte er einen kleinen Trick an: auf dem Hauptetikett stand „Lemberger“ mit allen notwendigen Details inklusive Prüfnummer. Auf dem Rückenetikett stand „Blaufränkisch“ quasi als Marke.

Roth setzt überhaupt sehr stark auf Rot. Über 50 Prozent seiner Produktion von 20 Hektar entfallen auf rote Sorten. Neben dem Blaufränkisch hat er ein geschicktes Händchen für Spätburgunder und diverse Cuvées. Bei Weiß sind Silvaner und Riesling seine Stars. Neu ist der „Q.E.D“, ein gemischter Satz verschiedener Weißwein-Sorten, der neun Monate im Betonei lag und hier viel Druck und Würze entwickelte.

Den Rücken frei halten ihm zwei Frauen. Gattin Ute ist die gute, geduldige Seele im Haus, die im Herbst auch für die Versorgung der Mitarbeiter im Weinberg zuständig ist und hier manchmal 24 Stunden auf Achse ist. Tochter Nicole war nach ihrem Weinbaustudium in Geisenheim ein Weilchen im Marketing und Export namhafter Häuser tätig, kehrte aber wieder in den Heimatort zurück und ist jetzt zuständig für das Management sowie den Vertrieb und bestimmt gemeinsam mit dem Vater die Weinstilistik. Für die Zukunft der zweiten Tochter Kerstin hat der fürsorgliche Vater ebenfalls gesorgt, durch den Bau eines Roth-Wein-Hotels direkt neben dem Weingut (17 nach Rebsorten benannte Zimmer). Fazit nach Eugen Roth: „Ein Mensch, der Freude macht, ist Gerhard Roth.“