Remstäler Winzer-Talente

27.03.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Remstal) - Das Remstal im Osten und Nordosten von Stuttgart ist mit seinen 780 Hektar Rebfläche nicht unbedingt eine Macht im 11 400 Hektar großen Württemberg. Aber was die Weinqualität betrifft, wäre das Ländle ohne das Remstal arm dran. Die meisten der Top-Wengerter des Anbaugebietes haben hier ihren Sitz. Und es werden immer mehr.

 

Gert Aldinger, Rainer Schnaitmann, Karl (Hans) Haidle, Jürgen Ellwanger, Jochen Beurer, Wolfgang Klopfer, Albrecht Schwegler, das sind alles Namen, die bei Weinkennern weit über Württemberg hinaus einen guten Klang haben. Die Fellbacher Weingärtner darf man nicht vergessen, schließlich konnte sich die kleine Kooperative 2013 über den 3. Platz und damit die beste Platzierung einer deutschen Genossenschaft beim stark besetzten internationalen Genossenschaftscup des Weinmagazins Vinum freuen. Die Remstalkellerei in Weinstadt, mit über 600 Hektar Fläche eine der großen Kooperativen Württembergs, spielt zwar in diesem Konzert nicht mit. Aber sie ist auch nicht so dominant, dass in ihrem Schatten nicht neue Blüten aufgehen können.

MARCEL IDLER

Unmittelbare Nachbarn des Riesen sind die Weingüter Idler in Weinstadt-Strümpfelbach und Eißele in Kernen-Stetten. Marcel Idler, dessen Eltern vorher ihre Trauben an die Remstalkellerei ablieferten, schloss im Juli 2012 sein Studium auf der Weinhochschule Geisenheim ab und entschloss sich sofort zum Sprung ins kalte Wasser der Selbstständigkeit auf drei Hektar. Die Fläche (überwiegend Pacht) wird im Nebenerwerb bewirtschaftet; Sicherheit gibt ihm eine feste Anstellung. Den kleinen Betrieb findet man im Ortskern von Strümpfelbach. Das Haus mit geräumigem Keller gehörte früher Idlers Großeltern.

Der 26-Jährige, der schon im Alter von 16 Jahren erstmals Wein machte, hatte einen glänzenden Start mit dem Jahrgang 2012. Vor allem seinen verschiedenen Rieslingweinen merkt man an, dass er bei einem Spezialisten, nämlich Hans-Peter Wöhrwag in Untertürkheim in die Lehre ging. Schon der Gutswein ist herrlich knackig und mineralisch. Der „vom bunten Mergel“ überzeugt mit feiner Würze. Ein delikates Fruchtspiel weist der aus eingeschrumpelten Trauben erzeugte „endlos“ auf; hier wartete er bis Mitte November mit der Lese. Aber der Star in der Riesling-Kollektion ist der druckvolle, regelrecht unter Spannung stehende Wein von 40 Jahre alten Reben.

Bei den Rotweinen ist eine Cuvée „Reserve“ mit 85 Prozent Cabernet Sauvignon und Merlot Idlers würzig-feuriges Aushängeschild. Aber auch der Trollinger, ebenfalls von alten Reben, und die Cuvée „Vom Keupergrund“ haben Trinkfluss.

JOCHEN EIßELE

In Kernen-Stetten hat Junior Jochen Eißele Schwung in den sieben Hektar großen Betrieb der Eltern Edgar und Andrea gebracht. Seit er im Keller Regie führt, wird auf die Angabe von Prädikaten und Lagen verzichtet. Der Jungwinzer hat sich dafür eine eigene Qualitätspyramide aufgebaut. Die Basisweine tragen nur die Sortennamen, die vormaligen Lagenweine bezeichnet er als „Neo“, „Passion“ heißen seine Premiumweine. Besonders trumpft er mit seinem nervigen, vielschichtigen Riesling und dem Sauvignon blanc „Neo“ auf, verwöhnt die Nasen mit einem aromatischen Rosé-Secco „Neo“ vom Muskat-Trollinger und kann außerdem mit seinem Spätburgunder auftrumpfen. Die gebrauchten Barriques für dessen Ausbau stammen vom Malterdinger Topwinzer Bernhard Huber.

JOHANNES BÄUERLE

Dass jemand mit Namen Bäuerle in Württemberg kein Bürohengst sein kann, sondern mit der Landwirtschaft zu tun hat, ist logisch. In der Tat gibt es in Fellbach einen Betrieb, der bekannt ist für seinen Spargel, die Erdbeeren und Tafeltrauben. Weinbau war früher so nebenbei ein Thema, aber die Trauben bekam die örtliche Genossenschaft. Doch Junior Johannes Bäuerle (27) wollte schon von Jugend an „Wengerter“ werden, wie seine Großeltern.

Vater Klaus genehmigte ihm eine entsprechende Ausbildung bei der Remstalkellerei und anschließenden Praktikas vor fünf Jahren in Neuseeland (wo er im Betrieb des Badeners Karl Heinz Johner einiges in Sachen Qualität mitbekam) sowie in der Cantina Schreckbichl, eine der besten Genossenschaften in Südtirol. Danach machte Bäuerle die Ausbildung zum Weinbautechniker. Heute bewirtschaftet er 5,5 Hektar. Sein Sortiment ist durchgängig stimmig. Star in der Kollektion ist der cremige Grauburgunder; beim Sauvignon blanc merkt man, dass Bäuerle von Johner, der in Neuseeland bedeutenden Sauvignon erzeugt, gut aufgepasst hat. Viel Spaß machen der Trollinger Blanc de Noirs und der Riesling-Sekt. Bei den Rotweinen, die durchgängig auf der Maische vergoren werden, sind vor allem Cabernet Sauvignon und Spätburgunder hervorzuheben. Dass der junge Mann sein Handwerk versteht, hat sich schnell herumgesprochen. Um die Nachfrage, die durch den „Besen“ der Familie noch angefeuert wird, längerfristig zu stillen, denkt er bereits über eine Flächenerweiterung nach.