Südtiroler Forum für den Weißburgunder

08.09.2014 - R.KNOLL

ITALIEN (Eppan) - Das lateinische Wort „Spatium“ lässt sich mit Zwischenraum übersetzen. In Südtirol diente es jetzt als Titel für eine spezielle Veranstaltung, die einer Sorte gewidmet war, der man Raum geben wollte, um sie besser zu verstehen und ihr mehr Geltung zu verschaffen. Zum „Spatium Pinot Blanc“ kamen über 200 Gäste aus dem In- und Ausland nach Eppan. Sie folgten damit einer Einladung des Vereins Vineum Eppan in Zusammenarbeit mit dem Versuchszentrum Laimburg und dem Tourismusverein Eppan.

 

Zahlreiche Produzenten gaben sich die Ehre, nicht nur aus Südtirol, sondern ebenso aus dem Trentino, Friaul, aus Österreich, der Schweiz, Frankreich (Elsass) und Deutschland. Manche hatten nur ihre Weine geschickt, aber etliche waren auch vor Ort dabei, zum Beispiel aus Deutschland die Badener Thomas Seeger und Martin Wassmer. Sie alle sollten gemeinsam mit diversen Fachleuten, Branchenvertretern und Journalisten einer Sorte Referenz erweisen, die weltweit im Schatten des Chardonnay steht, aber nach Einschätzung der Südtiroler wegen ihrer Qualität viel Aufmerksamkeit verdient.

Weltweit wird die Sorte auf rund 16 000 Hektar angebaut (beim Chardonnay sind es etwa 170 000 Hektar). Deutschland ist führendes Anbauland, die Fläche ist in den letzten Jahren auf 4600 Hektar gewachsen. In Südtirol gilt der Pinot Blanc oder Weißburgunder als einer der drei weißen Leitsorten (außerdem noch Gewürztraminer und Sauvignon blanc), hat aber mit seinen 515 Hektar (ein gutes Drittel davon auf Eppaner Gemarkungen) doch nur etwas mehr als 10 Prozent Rebflächenanteil. Bis vor 30 Jahren wurde der Weißburgunder (hier eingeführt vor rund 150 Jahren von Erzherzog Johann) trotz eines anderen Blattgutes noch mit dem Chardonnay gleichgesetzt. Als die Unterscheidung begann, hatte Südtirol plötzlich 150 Hektar „Weißburgunder“ weniger. In Deutschland war die Situation ähnlich, nur war hier der Chardonnay nicht klassifiziert. Angebaut wurde er dennoch, vor allem im Badischen. Als dann in den neunziger Jahren Vernunft im Weinrecht einkehrte und der Chardonnay offiziell zugelassen wurde, gab es plötzlich jede Menge „Chardonnay von alten Reben“…

Ein Mann sorgte vor allem dafür, dass sich Südtirol und hier im Speziellen Eppan für die Sorte stark machten, nämlich Hans Terzer, seit 37 Jahren verantwortlich für die Weine der Kellereigenossenschaft St. Michael-Eppan und sicher ein Weinmacher mit internationaler Reputation, die dazu beitrug, dass sich so viele seiner Kollegen aus anderen Ländern auf den Weg nach Eppan machten. „Ich liebe diese Sorte und will dazu beitragen, ihr einen neuen Stellenwert zu verschaffen“, meinte der Initiator und Mitorganisator der Veranstaltung  im Rahmen einer Podiumsrunde, bei der über Stilrichtungen, die richtigen und falschen Flächen für den Anbau sowie die Eignung als Essensbegleiter diskutiert wurde.

Der deutsche Weinexperte Otto Geisel meinte zur Zukunft des weißen Pinot: „Sie kann weltweit den vorlauten Sauvignon Blanc als Trendsorte ablösen, weil dessen aromatische Arroganz zunehmend auf die Nerven geht.“ Klaus Gasser, Verkaufs- und Marketingleiter der mit reifem Weißburgunder besonders erfolgreichen Kellerei Terlan (s. Bericht „Grande Cuvée aus Terlan), die erst vor einigen Monaten einen bemerkenswerten 2002er freigab, urteilte: „Die Sorte hat das Zeug zu großen Weinen, sie spiegelt das Terroir sehr gut wieder. Wir brauchen sie in stoffiger Form, dann ist sie international gut positionierbar.“

Was der Weißburgunder als eher filigraner Wein im Keller nötig hat, ist laut Hans Terzer indes „viel Fingerspitzengefühl“. Und hier hapert es doch bei so manchem seiner Kollegen, wie eine umfangreiche Präsentation in der Kellerei St. Michael-Eppan deutlich machte. Auf den Tischen standen häufig allzu alkoholische Weine mit 14 und noch etwas mehr „Volt“, die Trinkfluss vermissen ließen und nicht genügend Extrakt hatten, um den Alkohol gut abzupuffern. Andere wirkten recht derb oder flach, ausdruckslos. Einige konnte man sogar unter die Rubrik „fragwürdig“ einreihen. Dabei handelte es sich fast durchgängig um Aushängeschilder der Erzeuger (überwiegend aus dem Jahrgang 2013) und nicht um Basisweine für den Alltag.

Überzeugende Weißburgunder kamen in der Regel aus Betrieben, die bekannt für gute Qualität sind, also die Terlaner Genossenschaft, St. Michael-Eppan, Ignaz Niedrist, Franz Haas, die Kooperative Schreckbichl Girlan, Franz Gojer, die Kellerei Kurtatsch, Tiefenbrunner, die Kellerei Laimburg und Alois Lageder. Von den weniger prominenten Erzeugern fielen lediglich Markus Prackwieser (Gumphof in Völs am Schlern) und Andreas Sölva aus Kaltern (er taufte seinen 2013er „Wir mussten Künstler sein“) richtig positiv auf. Es ist also noch einiges an Hausaufgaben zu machen, damit die Sorte auf breiter Front erfolgreich sein kann. In zwei Jahren soll es eine Neuauflage des „Spatium Pinot Blanc“ geben. Vielleicht sind dann Fortschritte spürbar.