Die zehn Gebote der Weinverkostung (Teil-1)

26.10.2015 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Würzburg) - Bei Weinproben, vor allem bei öffentlichen Verkostungen, wo der mehr oder minder erfahrene Endverbraucher zugelassen ist, kann Mann und Frau so allerhand erleben. Fauxpas wie helle Kleidung, High Heels, duftende Körper, planloses Probieren oder Austrinken der Proben auf nüchternen Magen, fehlendes Notieren, 'lila' Lächeln, ignorieren des Winzers und lautes Kommentieren, sollten nicht sein. Aber es ist eben so, alle diese und weitere unglückliche Kategorien von Verhaltensweisen begegnen einem auf fast jeder frei zugänglichen Weinprobe. Es stellt sich einem oftmals die Frage: Wissen es die Leute nicht besser? Vielleicht nicht. Sind solche Leute Ignoranten? Möglich. Grund genug für ein Einmaleins des Weinverkostens, dass wir Ihnen als Vorlage für Ihr Verhalten an die Hand geben möchten. Also legen wir mal los:

 

(1) PERSÖNLICHE DEKORATION: Gemeint sind Ihre Kleidung und das Zubehör. Statt heller Kleidung besser dunkel gekleidet sein, ist mal die erste Maxime. Mögliche Flecken beim leichten Verschütten oder beim Spucken fallen dann nicht so auf. Und Rotweinflecken sind dann auch nicht so tragisch. Vermeiden sollte man Schals oder Tücher um den Hals - diese hemmen ihre Bewegungsfreiheit. Wenn es dann eine Krawatte sein muss, sollte es besser eine Fliege sein. Frauen sollten auf High Heels verzichten - natürlich aus Gründen der Bequemlichkeit. Bequeme Schuhe gelten für Mann und Frau - denken Sie daran, Sie werden die meiste Zeit stehen. Und eine lange offene Haarpracht sollte Mann/Frau möglichst binden. Fürs technische Zubehör, das heute obligatorische Handy oder Tablet-PC, sollte Mann/Frau eine in Umhängetasche oder in Hosen bzw. Jackentaschen beiseiteschaffen können. Denn Sie brauchen zwei freie Hände - für das Glas, für Notizen, für die Häppchen zwischendurch und auch fürs Händeschütteln mit den Winzern.

(2) PERSÖNLICHE AURA: Ein Parfüm oder auch ein Eau de Toilette - und sei es noch so teuer oder Ihnen lieb - sollten Sie tunlichst nicht auftragen, aus Respekt vor Ihrer Nase, aus Respekt vor den Nasen der anderen Verkoster und aus Respekt vor den Weinen. Denn es ist unmöglich, die zarten Aromen eines Weines im Dunstkreis von parfümierten Düften einzuschätzen. Also, keine Aromaten am Körper, keine Aromaten in der Kleidung.

(3) PERSÖNLICHE INTENSION: Kommen Sie zur Verkostung mit einem Plan. Informieren Sie sich im Vorfeld über das Thema, die anwesenden Winzer, die Weinvielfalt und das generelle Angebot an zusätzlichen Events auf der Verkostung. Sie schonen somit Ihr Stressgerüst, sie werden konzentrierter vorgehen, es wird Ihnen mehr Spaß bereiten und Sie haben für sich selbst danach ein besseres Ergebnis. Aber das ist nur das Vorspiel für eine erfolgreiche Verkostung. Ihr Basisplan beinhaltet weit mehr als eine gewissenhafte Vorbereitung. Verschaffen Sie sich anhand von Informationen einen Überblick über das Schema, die Positionen der Stände und/oder der angebotenen Weine. 

Spannen Sie ihren Probebogen von leichten zu schwereren Weinen. Beginnen Sie mit Schaumweinen, lassen Sie frische junge Weißweine folgen, gehen Sie über zu reichhaltigeren Weißen, dann erst zu den Rotweinen und zum Schluss erst zu den Süßweinen. Sie können dieses Prozedere noch steigern. Konzentrieren Sie sich auf einen Weintyp, eine Weinregion oder eine Rebsorte. Eine solche Konzentration wird Ihren Horizont des Verständnisses und des Vergleichens ohne Frage erweitern. Sie können Ihr Vorgehen also ohne Not individuell steuern. Verhalten Sie sich flexibel und wenden Sie sich ihrem eigenen Schema zu. Seien Sie offen für Entdeckungen. 

Und wenn ein bestimmter Tisch oder Wein gerade mal von einer Masse an Verkostern verdeckt wird, lassen Sie ihn vorübergehend aus und kommen Sie ein wenig später hinzu. Offene Lücken ergeben sich garantiert und zwangsläufig. Wenn Sie so frei und jedweder Zwänge vorgehen, was allerdings Ihr Engagement fordert, dann erleben Sie Inspirationen, die Sie so nicht auf dem Plan hatten. Also kein Stress (!) - machen Sie auch mal eine Pause. Tipp: Ein kleiner Schluck Bier zwischendurch reinigt Ihren Gaumen. Und dann kommt das große Finale - zum Schluss gönnen Sie sich die süßen Kandidaten, beispielsweise Auslesen, Strohweine, Sauternes, Ports und Co.

In Teil-2 erläutern wir Ihnen die Gebote 4. KONSTITUTION, 5. VERKOSTUNGSART und 6. NOTIZEN. Anschließend dann in Teil-3 die Gebote 7. DILEMMA, 8. ANSPRACHE, 9. PRÄSENZ und 10. FREUDE.