Ansichten und Resignation eines Bordeaux Kenners

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 20. April 2015

FRANKREICH (Bordeaux) – Ein bemerkenswertes Interview ist in den US-Medien zu lesen, das Patrick Schmitt, Chefredakteur des "The Drink Business", mit Robert Parker führte, kurz bevor dieser seine Entscheidung bekannt gab, nicht mehr aktiv an den Bewertungen der En Primeur teilzunehmen. Die wichtigsten Passagen und Parkers Meinungen lesen Sie hier in einer Zusammenfassung:

Ausstieg aus den En Primeur

Parkers Aussagen sind bezeichnend, auch und insbesondere im Hinblick der jährlichen En Primeur Kampagnen in Bordeaux. Der weltweit einflussreiche Weinkritiker begründete seine Entscheidung damit, dass Bordeaux seinen Zukunftsmarkt mit der Überpreisung schlechter Jahrgänge zerstört habe. "Ich denke, dass der Markt für En Primeur erstarrt, wenn nicht sogar todgeweiht ist", sagt Parker. "Die Güter in Bordeaux haben sich in eine Lage gebracht, wo sie ihre Preisgestaltung rechtfertigen müssen. Denn die Preise der klassifizierten Châteaux sind in Höhen aufgestiegen, in denen es keinen Vorteil mehr für den Handel gibt."

Im Rückblick auf seine 37 Jahre währende Karriere hinsichtlich der En Primeur (Fassverkostungen) in Bordeaux erinnert sich Parker, dass in den 1990iger Jahren noch Sammler beim Kauf der Top-Labels vor Flaschenabfüllung profitiert haben. "Und in den 80iger Jahren, beispielsweise in 1982 und 1983, gab es Weine der führenden Châteaux zu bemerkenswert  fairen Preisen", erzählt Parker. "Als die Weine dann auf den Mark kamen wurden diese immer zu höheren Preisen angeboten und das über mehrere Jahre hinweg."

Änderung der Preispolitik

Doch etwa Ende der 90iger Jahre beklagt Parker eine Änderung der Preispolitik. "In der Folge der vorherigen – ich nenne sie faire Periode – begannen die ersten Châteaux ihre Preise kontinuierlich zu erhöhen, so dass der Weinsammler genötigt wurde, ungefüllte Weine zwei Jahre vor Abfüllung zu zahlen und zwar zu Preisen, die denen bei Markteinführung glichen, manchmal sogar noch höher waren", sagt Parker. "Dieser Trend hält nun schon fast 20 Jahre an. Ich kann durchaus verstehen, wenn bei außergewöhnlichen Jahrgängen die Preise entsprechend angepasst werden, doch eine unglückliche Preispolitik wurde zum Standard, egal wie der Jahrgang ausfiel. Wir wissen, die Jahrgänge 2005, 2009 und 2010 waren großartig, aber der Rest ..."

Mit der von Parker kritisierten Preispolitik, das wissen wir heute, haben die Châteaux keine Marktanteile ausbauen können, sondern sie haben welche verloren. Und Parker hat Recht, wenn er sagt, dass Bordeaux seinen Markt selbst zerstört hat. "Bordeaux hat nicht nur Verbraucher verloren, sondern auch Restaurants", resümiert Parker. "Gehen Sie heute in ein Restaurant in Amerika, Sie werden feststellen, dass die Listen der Weine aus Bordeaux immer kleiner werden."

Bordeaux verschwindet aus den Weinkarten

Die Schuld am Verschwinden der Weine aus Bordeaux von den Weinkarten amerikanischer Restaurants macht Parker an den schlechten Jahrgängen einhergehend mit viel zu hohen Preisen fest. "2011 war ein mittelmäßiger Jahrgang, der überteuert angeboten wurde. 2012 war ein etwas besserer Jahrgang, der noch teurer angeboten wurde. 2013 war wiederum ein schlechter Jahrgang, der auch zu teuer angeboten wurde. Jetzt haben wir 2014 und ich denke, dass die Châteaux erkennen werden, dass das Interesse nachlässt und das die Chinesen sowieso erst mal aus der Spekulationsphase ausgetreten sind", erklärt Parker, der auch seine Frustration darüber äußert, dass die Châteaux nicht seinen Ratschlägen gefolgt sind, die weniger guten Jahrgängen entsprechend zu preisen.

Resistent gegen Beratung

"Ich habe sehr gute Kontakte zu vielen Menschen aus dem Bordelais, kenne so viele Eigner der Châteaux und Winzer – alles professionelle Weinmacher, vor denen ich großen Respekt habe und deren Arbeit im Weinberg und Keller ich sehr schätze. Aber wenn wir auf die Preisgestaltung ihrer Weine kommen ignorieren sie mich total", sagt Parker und führt an: "Sie erkennen mein Wirken an. Sie wissen, dass ich weltweit die Weinregionen bereise und mich auf den Märkten auskenne, egal ob in Europa, China, Japan, Korea oder Amerika. Sie wissen, dass ich auf 37 Jahre Erfahrung zurückblicke, aber wenn ich ihnen rate, ihre Weine ein paar Euro günstiger anzubieten oder auch nur 50 Cent günstiger als die des benachbarten Châteaux, lehnen sie kategorisch ab."