Wein-Duell auf Schloss Liebenstein: Dautel besiegt Sociando Mallet

08.07.2015 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Neckarwestheim) - Peter Wagner, Pächter des Schlosshotels Liebenstein in Neckarwestheim und ein Weinfreak, der sich gern bekannte Winzernamen ins Haus holt und Proben zelebriert, hatte die nette Idee zu einem Wein-Duell zwischen Württemberg und Bordeaux. Als er Ernst Dautel aus Bönnigheim darauf ansprach und ihm erklärte, dass er Château Sociando-Mallet als Gegner ausersehen hatte, schüttelte sich der bodenständige Winzer zunächst und stellte sich die Frage: „Kann ich mich da überhaupt annähernd behaupten oder blamiere ich mich?“

 

Doch Sohn Christian, der 2013 den angesehenen 13-Hektar-Betrieb übernahm und u.a. ein Studienjahr in Bordeaux hinter sich gebracht hatte, stärkte dem Vater den Rücken für die Cuvée „Kreation Rot“, die dieser nach Bordelaiser Vorbild seit 1990 vinifizierte. Dass der Konkurrent aus der Appellation Haut-Médoc, der in manchen Führern in der Wertigkeit mit einem zweiten oder dritten Gewächs der 1855er Klassifikation gleichgestellt und bei Robert Parker häufig mit 90 und mehr Punkten bedacht wird, schockte den jungen Winzer (30) nicht; er ließ sich auch nicht beirren durch Beschreibungen wie „Weine auf konstant gutem Niveau und oft besser als viele Grand Crus“, sondern vertraute dem weinigen Fingerspitzengefühl des Seniors (68). Also bat Wagner zu Tisch und ließ zunächst Ernst Dautel erzählen, wie er dazu kam, eine rote Cuvée zu kreieren. „Das war in meinen Sturm- und Drangjahren“, erinnerte sich der Bönnigheimer. „1989 habe ich meinen ersten Blend versucht und von einem Kenner zu hören bekommen: „Dautel, des was g’macht hast, is guat, aber du musst besser werden.“

Wie viel besser er mit dem Lauf der Jahre wurde, stellte sich bald heraus. Zunächst war er auf der Suche nach der richtigen Zusammensetzung. Heute bestimmen Lemberger, Merlot und Cabernet Sauvignon das Geschmacksbild in den 1500 bis 2000 Flaschen, die jährlich gefüllt werden. Bei Sociando-Mallet sind es Cabernet Sauvignon, Merlot sowie kleine Anteile von Petit Verdot und Cabernet Franc. Die Auflage ist mit durchschnittlich 230 000 Flaschen Erstwein freilich deutlich höher. Preislich sind die Weine nicht sehr weit voneinander entfernt. Ein junger Sociando-Mallet kostet rund 25 Euro, der 2013er von Dautel steht mit 27,10 Euro in der Preisliste.

Ein Vorteil im Vergleich war für die Weine aus Württemberg sicherlich, dass sie sich schneller öffnen als der Bordelaiser, von dem bekannt ist, dass er in jüngeren Jahren wegen des Hauptanteils Cabernet etwas abweisend wirken kann. Gestartet wurde mit Jahrgang 2005. Sociando-Mallet präsentierte sich etwas spröde, aber mit feiner Aromatik, während der Dautel-Wein viel Würze und eine pfeffrige Note zeigte. Bewertung: unentschieden.

Dann 2004: Dautel elegant und komplex, der schlank strukturierte Bordeaux mit weichen Gerbstoffen, aber mit reichlich Brettanomyces (Pferdeschweiß) im Aroma. Eindeutig Vorteil Dautel. 2003 fast das gleiche Bild und die Frage: Was gefällt vielen Leuten am „Brett“ im Aroma? Ist es wirklich so verführerisch, wenn ein Wein, wie hier, nach kaltem Schweiß riecht, weil sich Hefen in den Poren der Holzfässer niedergelassen haben und die Weine beeinträchtigen? Im Geschmack war der Bordelaiser zudem recht eintönig, während die Dautel-Cuvée feurig über die Zunge glitt. Damit 2:1 für Dautel.

Dann 2002. Endlich mal ein Bordeaux, der sich elegant und vielschichtig präsentierte. Dautels Wein konnte mithalten. Also unentschieden. 2001 lieferte einen Bordeaux, der nach feuchtem Staub duftete, während der Dautel-Wein mit delikater Frucht überzeugte und nur im Geschmack etwas spröde war. Dennoch Vorteil Dautel und damit 3:1. In 2000 hatte Ernst seine Cuvée nicht wie gewohnt im Griff – dachte man zunächst. Eine zweite Flasche wurde vom Württemberger und vom Bordelaiser entkorkt. Der Verdacht auf Verschlussbeeinflussungen bestätigte sich. Im zweiten Versuch waren sich die Weine auf gutem Niveau ebenbürtig. 1999 hatte der nach Waldbeeren duftende Sociando-Mallet die Nase vor der etwas alkoholisch wirkenden „Kreation“. Nur mehr 3:2. Die beiden 1998 waren höchst unterschiedlich. Bei Dautel drängte sich der Lemberger mit Brombeer-Nase und eleganten Facetten vor, während der Bordelaiser komplex auftrat und erkennen ließ, dass er noch etliche Jahre vor sich hat. Dennoch leichter Vorteil für Dautel und 4:2.

1997 war dem Schwaben ein feuriger, temperamentvoller Wein gelungen, während Sociando-Mallet mit reifen Gerbstoffen und feiner Würze gefiel. Beide wieder auf Augenhöhe, also weiterhin 4:2 für Dautel. Der 96er Bordeaux hatte viel Biss und Würze, während der Württemberger schon arg gezehrt wirkte. Also nur mehr 4:3. Spannung dann beim letzten Wein, dem 1995er. Hier zeigte sich das Dautel-Gewächs würzig, komplex und frisch, während der Sociando-Mallet sich beim zweiten Versuch nach einem Korkschmecker zwar gut, aber doch schon recht reif präsentierte. Damit endete das Duell mit 5:3 für Dautel – zumindest aus Sicht des Berichterstatters. Bordeaux-Liebhaber würden vermutlich zu einem anderen Urteil kommen, wenn sie „Brett-Fans“ sind.