Es hat nicht sollen sein: Deutschland - Slowenien 2:3

04.06.2016 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Mainz) - Die deutsche Weinelf verliert nach großem Kampf mit 2:3 im Endspiel in der Mainzer Bundesliga-Arena. Am Auslosungsabend der Europameisterschaft unkte Spielführer Philipp Wittmann noch: „Das wäre fatal, wenn wir am Endspieltag im Mainzer Bundesligastadion nicht mehr dabei sind.“ Es kam anders. Die deutsche Weinelf lief im Endspiel auf. Doch hier zog sie gegen das schon vorher sehr stark eingeschätzte Team aus Slowenien (Gastgeber der nächsten Winzer-Euro in 2018) nach einem harten Kampf mit 2:3 den Kürzeren. Im sehr gut besuchten Bundesligastadion des FSV Mainz 05 (rund 4000 Zuschauer) war alles geboten, was Fußball ausmachen kann. Tolle Tore, gute Kombinationen, viel Einsatz, gesunde, aber nicht übertriebene Härte, enormer Kampfgeist auf beiden Seiten – und sogar ein Wolkenbruch mit zeitweiser Spielunterbrechung für gut 20 Minuten.

 

Es begann alles gut für das deutsche Team. Schon nach wenigen Minuten verwandelte „Gebi“ Gebhardt souverän einen Foulelfmeter. Als Schiedsrichter Torsten Bauer kurz darauf ein Strafraum-Foul an einem Slowenen ahndete, reagierte Torhüter Jürgen Fladung großartig gegen einen platzierten Schuss und parierte. Der offizielle 05-Stadionsprecher Klaus Hafner ließ „unsere Nummer Eins“ vom Publikum feiern. Aber gegen einen Kopfball des slowenischen Torjägers Matej Vracko war kurz darauf kein Kraut gewachsen: 1:1. Mit einem Kopfball nach einer Ecke von „Gebi“ sorgte der Rheinhesse Leif Listmann für den erneuten Führungstreffer der Weinelf. Aber der Vorsprung hielt nicht lang, die Slowenen glichen in der 50. Minute aus. Danach wogte das Spiel hin und her, die Gäste (bereits 2012 Europameister) bekamen langsam Oberwasser, aber das deutsche Weinteam blieb nicht chancenlos. Als sich alle schon auf eine Verlängerung einstellten, gelang den Slowenen kurz vor dem Abpfiff das 2:3 mit einem Kopfball aus kurzer Distanz. Nichts ging mehr für die Mannschaft von Trainer Friedel Müller, der seine Mannen aber hervorragend auf das Turnier eingestellt hatte. Das Fazit konnte nach dem grandiosen Spiel nur lauten: Zwar den EM-Titel verloren, aber Silber gewonnen. 

Bei der Siegerehrung gratulierten der für Sport zuständige Hessische Minister Peter Beuth und Staatssekretär Andy Becht als Vertreter des rheinland-pfälzischen Weinbauministers Volker Wissing (der kurzfristig nach seinem Amtsantritt die Schirmherrschaft für die EM übernommen hatte). Etwas später bei der ausführlichen Ehrung in der VIP-Lounge des Stadions gesellte sich auch noch EU-Kommissar Günther Oettinger zu den Gratulanten und plauderte angeregt mit seinen Parteifreunden, Weinelf-Ehrenspielführer Franz-Josef Jung und Eberhard Gienger (er überraschte das Publikum mit einem spektakulären Fallschirmabsprung ins Stadion).

Beim Spiel um Platz drei behielten die Ungarn mit 3:1 die Oberhand. Gegner Italien haderte dabei mit den zwei Platzverweisen vom Vortag. „Zwei unserer besten Spieler durften nicht auflaufen“, klagte Präsident Luigi Brunetti. So wurde die Hitzköpfigkeit bestraft. Nach diesem ebenfalls spannenden Match durften ein Allstar-Team der Weinelf und der Rheinhessen-Allstars (beide verstärkt durch einige Prominente und ehemalige Profis) zum Kräftemessen auf den grünen Rasen. Hier behielt die Weinelf mit 4:2 die Oberhand. Das Ergebnis hätte eigentlich Vorbild-Charakter gehabt…

Doch es waren aufregende Tage in Geisenheim und Mainz. Neben spannenden Begegnungen durfte als „Begleitmusik“ einige Hektik nicht fehlen, verursacht auch durch Schiedsrichterentscheidungen, bei denen sich das eine oder andere Team benachteiligt fühlte. Schon am Auftakt-Spieltag war Hochspannung angesagt bei den Gruppenbegegnungen. Das deutsche Team bekam Österreich und Italien zugelost. Beim ersten Spiel der EM waren die Österreicher um 9.45 Uhr ein hellwacher, überraschend starker Gegner, der nur mit viel Mühe und etwas Glück 2:0 bezwungen werden konnte. Spielleiter war die allseits respektierte Schiedsrichterlegende Walter Eschweiler. Die Österreicher mussten aufgrund der Auslosung bereits nach einer kurzen Ruhepause wieder gegen Italien ran und zogen etwas unglücklich mit 0:1 den Kürzeren. Deutschland gewann am Nachmittag gegen Italien überraschend souverän mit 5:0. Die Österreicher trauerten nach diesem Resultat ihrem verschossenen Elfmeter gegen Italien besonders nach. Ein 1:1 hätte aufgrund des besseren Torverhältnisses zum Weiterkommen ins Halbfinale gereicht. 

In der Gruppe B bekam es die Schweiz zunächst mit Ungarn (0:3) und dann mit den starken Slowenen (1:6) zu tun. Pech für die Eidgenossen: Schon zum Auftakt fielen zwei Spieler wegen Verletzung aus. Im Spiel um den Gruppensieg gewannen die Slowenen knapp mit 2:1 gegen Ungarn. Das ergab am nächsten Tag drei Paarungen. Das erste Halbfinale war nichts für schwache und schon gar nichts für italienische Nerven. Slowenien ging in Führung, die Italiener – vom 0:5-Schock vom Vortag offenbar gut erholt - konterten mit dem 1:1. Dann gab es einem umstrittenen Foulelfmeter für Slowenien nach einem Gezerre im Strafraum. Schon bevor der Strafstoß ausgeführt werden konnte, gab es tumultartige Szenen, die sich noch fortsetzten, als der Ball im unteren Eck einschlug, aber durch ein Loch im Netz das Tor wieder verließ. Doch es war, was die Betroffenen zunächst nicht einsehen wollten, ein regulärer Treffer. So gab es gelbe Karten für die temperamentvollen Italiener. Zwei Platzverweise folgten. Die so dezimierte Mannschaft konnte das Ruder nicht mehr herumreißen und musste Slowenien den Einzug ins Finale gestatten.

Pech für die Slowenen war eine schwere Verletzung eines jungen Spielers, der nach einem Kreuzbandriss ins Krankenhaus transportiert werden musste. Ihm sei an dieser Stelle eine schnelle Heilung ohne Nachwehen gewünscht.

Vor dem zweiten Halbfinale wollten sich die Schweizer und Österreicher beim Spiel um Platz fünf besser verkaufen als am Vortag. Das gelang ihnen auch in einem ausgezeichneten, ausgeglichenen Match, das nach viel Hin und Her nach verkürzter Spielzeit (2 x 15 Minuten) 2:2 stand. Ein Elfmeter-Schießen musste entscheiden. Es wurde zu einer Demonstration sehr guter Torhüterleistungen. Am Ende hatte die Schweiz hier mit 3:2 die Nase vorn – Platz fünf war der Lohn.

In einem Einlagespiel zeigten die Weinelf-Allstars (ziemlich identisch mit dem „Team Spätlese“, aber ohne Spielpraxis), dass sie gegen die eingespielten „Allstars“ des FV Geisenheim 08 mithalten konnten. Aber ein Tor gelang nicht, so dass das Match nach 2 x 25 Minuten 0:0 endete. Mit auf dem Feld die unermüdliche Begleiterin der gesamten EM, die Deutsche Weinkönigin Josefine Schlumberger. Katharina Fladung, Deutsche Weinprinzessin aus dem Rheingau, vermeldete derweil per Mail aus Hongkong, dass sie dem deutschen Team die Daumen drückt. Und begrüßt werden konnte der Mann, der vor knapp zehn Jahren System ins Spiel der Weinelf brachte, der verdienstvolle erste Trainer Lothar Böhm. Schon im Vorfeld am Eröffnungsabend  hatte Ehrenmitglied Giovane Elber per Video aus seinem brasilianischen Weingut (mit Flaschen aus Württemberg in den Regalen) signalisiert, dass er auf einen Sieg des deutschen Teams hofft. Der Reinerlös der EM kommt seiner Straßenkinder-Stiftung zugute.

Das zweite Halbfinale begann mit einem Schock für die deutsche Mannschaft: 0:1 schon nach zwei Minuten. Aber sie kämpfte sich zurück ins Spiel. Matthias Gutzler gelang mit einer schnellen Reaktion das 1:1. Als ein Ungar im Strafraum klammerte, pfiff der Schiedsrichter Elfmeter. Christian Gebhardt verwandelte eiskalt. Danach haderten die Ungarn mit ihrem Schicksal. Zunächst wurde ein Treffer aberkannt, dann krachte der Ball an die Latte des von Jürgen Fladung gehüteten Tores. Die zweite Halbzeit war ebenso abwechslungsreich wie Teil eins: 3:1 durch Christoph Eifel, dann wieder Anschlusstreffer der Ungarn, schließlich das 4:2, bei dem ein Ungar ein Tor von Christoph Eifel vermeiden wollte, aber ins eigene Netz traf. Damit war Paprika raus aus dem Spiel der Ungarn – und das deutsche Team konnte hinterher mit einem flotten Tanz auf dem grünen Rasen den Einzug ins Finale bejubeln. Gefeiert wurde anschließend noch im sportlich angemessenen Rahmen auf Schloss Reinhartshausen im Rheingau. Die Brüder Stephan und Jürgen Lergenmüller als Hausherren ließen dafür einen ganzen Ochsen am Spieß brutzeln…

Neben den Entscheidungen auf dem grünen Rasen und der Siegerehrung gab es noch weitere Auszeichnungen, vergeben von Rolf Pfaffmann (Turnierleiter), Rudi Knoll (Stadionsprecher) in Feinabstimmung mit Weinelf-Präsident Robert Lönarz. Zum besten Spieler des Turniers wurde der Österreicher Christian Rainprecht, Winzer im Burgenland, gekürt. Der Präsident des Winzerteams Austria liess erkennen, dass er mal im Profilager aktiv war. Gelobt wurde der Dreh- und Angelpunkt von Austria als „bester 52-jähriger Fußballspieler der Welt“. Er war zugleich einer der größten Pechvögel. Am Abend des ersten Tages fuhr ihm auf dem Parkgelände des Hotels und unachtsamer Autofahrer über den großen Zeh des Schussbeines, so dass er beim Spiel um Platz fünf nicht auflaufen konnte – ein echtes Handicap für Österreich. 

Torschützenkönig wurde der Slowene Matej Vracko mit sechs Treffern (vor seinem Mannschaftskameraden Bostjan Znuderl mit fünf Toren). Abwehrrecke Thomas Krischke war mit drei Toren treffsicherster deutscher Spieler. Als bester Torhüter wurde der Italiener Paulo Donti ausgezeichnet. Der Fairplay-Preis gebührte den tapferen Schweizern, die als einzige Mannschaft im Turnier keine Gelbe Karte kassierten.

Auch die heikle Frage, wer unter den zahlreichen Schiedsrichtern der Beste war, konnte mit dem Zusatz „gut waren sie alle, umstritten wenige“ beantwortet werden. Die Wahl fiel schließlich auf Jürgen Dexheimer (TuS Neesbach). 

 

DIE EM AUF EINEN BLICK

Vorrunde Gruppe A

  • Deutschland – Österreich 2:0
  • Österreich – Italien 0:1
  • Deutschland – Italien 5:0

Vorrunde Gruppe B

  • Schweiz – Ungarn 0:3
  • Schweiz – Slowenien 1:6
  • Slowenien – Ungarn 2:1

Spiel um Platz 5

  • Schweiz – Österreich 5:4 nach Elfmeterschießen (2:2)

Halbfinale

  • Deutschland – Ungarn 4:2
  • Slowenien – Italien 2:1

Spiel um Platz 3

  • Ungarn – Italien 3:1

Endspiel

  • Deutschland – Slowenien 2:3