Ist Wein gesund? Kommt darauf an!

05.10.2016 - arthur.wirtzfeld

UK (London) – Studien über die Auswirkungen von Alkohol im menschlichen Körper sind heikel. Fakt ist, dass schwere Alkoholexzesse ernsthafte gesundheitliche Probleme nach sich ziehen. Aber der Nachweis bei gemäßigtem Konsum von Wein, hinsichtlich gesundheitsschädigender Wirkungen, ist nicht einfach. Es sind dabei unzählige Faktoren zu berücksichtigen wie beispielsweise der Typ des alkoholischen Getränks, ob gemixt oder pur, ob begleitend zum Essen genossen oder etwa durch kulturelle Einflüsse bedingt, ob Wein oder auch jeder andere Alkohol konsumiert wird.

 

Eine ergänzende Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift FOOD and FUNCTION der Royal Society of Chemistry mit europäischem Sitz in London, will all diese bisher vernachlässigten Variablen beachtet und besser verstanden haben, wie sich letztlich die Konsumgewohnheit hinsichtlich Wein auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Auf dieser Grundlage beschreiben die Autoren Erkenntnisse und Empfehlungen in Bezug zu Weinkonsum unter der Einbehaltung geltender Richtlinien der Gesundheitsverordnung in den Ländern der Europäischen Union. Eines vorweg: Moderater Konsum von Wein begleitend zu Mahlzeiten liefert maximalen Nutzen für die Gesundheit. Aber der Reihe nach …

… Alkoholmissbrauch ist die dritthäufigste Todesursache in der Europäischen Union. Die nationalen Regierungen sind uneins, wie sie dem Problem begegnen sollen. Verschiedene Ansätze fruchten nicht. Informationen über maßgerechten Umgang mit Alkohol verpuffen meist. Letztes Jahr veröffentlichte Großbritannien neue – bei der Bevölkerung wie gleichsam bei den Lobbyisten umstrittene – Richtlinien zum Alkoholkonsum. Verwirrung herrschte vor allem, weil die Glaubwürdigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen von führenden Gesundheitsexperten in Frage gestellt wurden.

Wie steht es mit dem Thema in den USA? Hier wird seitens des US-Departements of Health and Human Services zwar maßvoller Konsum von Alkohol empfohlen, aber kaum der Bezug zu Mahlzeiten, zu kulturellen Gegebenheiten bis hin zum Komasaufen aufgegriffen. Dies sind nur einige Beispiele von vielen, wie uneinig das Thema in Europa und den USA aufgegriffen und verarbeitet wird. Die Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Mladen Boban bei Universität 'Split School of Medicine' in Kroatien wollen die Variablen entwirrt haben, die Gesundheit und Alkohol umgeben.

Die Studie von Dr. Boban konzentriert sich in erster Linie auf das Trinkverhalten in Bezug zum Getränketyp, gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum von Wein mit und ohne Speisen, bis hin zum übermäßigen Genuss. Dabei rückte das wissenschaftliche Team ab von bisherigen Faktoren, die sich rein an den Richtlinien und Empfehlungen der Behörden des jeweiligen Landes orientierten. Säulen der Studie waren die Untersuchungen von sieben Maßnahmen: moderater Konsum, Konsum über die Woche verteilt, niedrige Volumenprozente, welcher Weintyp, Konsum von Rot- oder Weißwein, Weingenuss während der Mahlzeiten und Vermeidung von übermäßigem Konsum.

Dabei stellen die Wissenschaftler fest, dass Weintrinker auf eine geringere Sterblichkeit zurückblicken als Konsumenten von Bier und Spirituosen, jeweils bei regelmäßigem Konsum. Nachgewiesen wird in der Studie auch, dass sich die kardioprotektive (das Herz schützende) Wirkung von Wein erhöht, wenn gleichzeitig Nahrung aufgenommen wird. Allerdings komme es hier auf einen maßvollen Genuss an, um die Vorteile zu genießen. Aber auch diesbezüglich stellen die Wissenschaftler noch Vermutungen an, denn die bestimmten gesundheitsfördernden Verbindungen im Wein, wie Antioxidantien und Polyphenole, sind in ihrer Zusammenwirkung noch nicht gänzlich erforscht. Die Studie stellt jedoch fest, dass Speisen den Alkoholgehalt im Blut senken können, was vorwiegend die Leber und deren wichtigen Funktionen langfristig schont.

Ein weiterer wichtiger und neuer Ansatz der Studie berücksichtigt die unterschiedlichen globalen Einflüsse beim Alkoholkonsum, vor allem im Hinblick auf nationale Unterschiede. Beispielsweise kann in den nördlichen Ländern, vor allen in den skandinavischen Ländern, der Gesamtkonsum der jeweiligen Nation gering sein, aber weil dort meist harter Alkohol konsumiert wird – durchschnittlich pro Tag außerhalb der Mahlzeiten sieben bis 14 Gläser von Spirituosen – ist dies der Gesundheit garnicht zuträglich. Im Gegensatz dazu wird in den südeuropäischen Ländern mehr Wein konsumiert, aber meist zu den Mahlzeiten. Außerdem untersuchte die Studie auch die sozialen Komponenten. In manchen Ländern führt übermäßiger Alkoholkonsum zu überdurchschnittlichem gewalttätigem und unsozialem Verhalten, was zu Verletzungen oder sogar zum Tod führt. In anderen Ländern wiederum ist der Alkoholkonsum mehr an kulturelle Traditionen gebunden – hier geht es friedlicher zu.

In diesem Sinne empfiehlt die Studie eine "Segmentierung der Zielgruppe" bei der Umsetzung erfolgreicher Gesundheitskampagnen. Richtlinien sollten nicht übergreifend, sondern eher individuell auf jeweilige Konsumverhalten eingehen und diese erläutern. Und Mediziner, Fachberater, Regierungsämter, Bürgermeister, Eltern und andere sollten ihre Initiativen den jeweiligen Anfordernissen ihrer Wirkungskreise gerecht und verständlich anpassen. Jemand, der verantwortungsvoll Wein oder auch sonstigen Alkohol genießt, ist empfänglicher für Gesundheitskampagnen, wenn dabei keine Verbote ausgesprochen werden, sondern wenn diese nachvollziehbare Anleitungen zur Verbesserung des Wohlbefindens enthalten. Und für einen Menschen, der exzessiv Spirituosen konsumiert, braucht es mehr direkte, intensive und interventionistische Ansätze, heißt es in der Studie.

Und so bleibt uns ein Fazit: So oder so, es war vor der Studie und es ist nach der Studie klar, dass gemäßigter Weingenuss in Kombination mit einer ausgewogenen Mahlzeit zu empfehlen ist. 

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