Meine Weinsammlung: Start eines anspruchsvollen Weinkellers (Teil-I)

28.10.2016 - arthur.wirtzfeld

UK (London) – Wer könnte bessere Empfehlungen zur Anlage eines anspruchsvollen Weinkellers geben als Kenner der Auktionen von Weinen aus aller Welt. Erfahrende Mitarbeiter der internationalen Auktionshäuser aber auch Weinkritiker und vor allem passionierte Weinsammler sind ein Quell der nötigen Informationen. Solche Weinexperten haben meist jahrelange Erfahrung mit der Auswahl von Weinschätzen und deren Bewertung – unter ihnen Charles Foley und Noah May, beide in Diensten von Christie´s. Diese Experten haben aus ihren Erfahrungen zehn Punkte zusammengefasst, die Ihnen eine Anleitung für den Start oder die Pflege Ihres anspruchsvollen Weinkellers geben sollen. Sofern Sie jetzt sagen, dass Sie für Weinschätze nicht das nötige Kleingeld haben, so erhalten Sie dennoch einen Überblick, wie Profis sich wertvolle Sammlungen erarbeiten, Lagern und damit umgehen. Eine Übertragung dieser Empfehlungen auf Ihr persönliches Gusto steht zudem nichts im Weg.

 

(1) Alles ist eine Frage des Geschmacks

Kaufen Sie nur die Weine, die Sie persönlich mögen. Es ist egal, ob Sie dem himmlischem Charme der Pinot Noir, der Tiefe klassifizierter Cabernet, der ausgeprägten Struktur des Sangiovese, der Rasse eines Riesling oder den floralen Aromen eines Sauvignon Blanc erliegen. Ihren Vorlieben obliegen keine Grenzen und Ihrem Geschmack ebenso nicht. Verwenden Sie diese persönliche Freiheit bei der Suche und beim Kauf. Kaufen Sie nur die Weine, die Ihrem Gusto zusagen und die Sie selbst trinken würden. Gehen Sie so vor, als ob Sie sich Ihre Lieblingsgerichte auswählen und zubereiten würden. Wenn Sie also Sushi mögen, dann sollten Sie mal die Crus der Chablis erkunden. Wenn ein Steak regelmäßig Ihre volle kulinarische Aufmerksamkeit erfährt, dann könnten Sie sich dem Malbec aus Argentinien zuwenden. Weine haben in der Regel meist einen kongenialen Tanzpartner – Sauternes lieben Blauschimmelkäse, Champagner lieben die Austern, Syrah kann sehr gut mit Wild, und so weiter …

(2) Halten Sie Ihren Kopf frei für Zahlen

Starke Jahrgänge machen den Unterschied. Die Jahrgänge 1982, 1986, 1989, 1990, 2000, 2005, 2009, 2010 aus Bordeaux bezeichnen Weinkritiker als stellar – die Preise spiegeln die hohe Qualität der Weine dieser Jahrgänge wieder und sie steigen in der Regel mit jedem Jahr der Alterung. Sollte es Bordeaux sein, dann suchen Sie nach jungen Jahrgängen wie beispielsweise 2008 oder 2012. Weine dieser Jahrgänge sind nicht so teuer, verfügen aber über ein hohes Potenzial an Konzentration und Komplexität. Und wenn Sie bei Ihrem Geburtsjahr schwach werden – okay, dann greifen Sie mitunter etwas tiefer in die Tasche oder, dass wäre die alternative Empfehlung: legen Sie sich eine individuelle, vielfältige, auf ihren persönlichen Geschmack abgestimmte, Sammlung an. Diese "Geburtstagsweine" werden Ihre zukünftigen Feiern krönen.

(3) Suchen Sie nach Breitengrad und Längengrad

Der Breitengrad und Längengrad, also die Geburtsstätte eines Weines, geht oftmals einher mit einem außergewöhnlichen Geschmack. Ein Vergleich gleicher Rebsorten von völlig unterschiedlicher Herkunft aber gleichen Jahrgangs versetzt Sie in die Lage, die Wirkung von Klima, Terroir und der Handschrift der Produzenten miteinander zu vergleichen. Wenn Sie so auf die Suche gehen, kann dies zu ungewöhnlichen Entdeckungen führen. Wenn Sie beispielsweise von einem Bordeaux 2009 völlig begeistert sind, dann stellen sie ihm einen Roten aus dem Napa Valley zur Seite – beispielsweise einen Shafer’s Hillside Select oder Harlan Estate, die beide in der Regel vom Cabernet und Merlot dominiert werden. Sie können diesen Weinen wiederum Rote aus Australien zur Seite stellen, beispielsweise leistungsstarke Cabernet aus dem McLaren Vale. Warum immer eindimensional? Versuchen Sie mal die horizontale und vertikale Breite und Tiefe vergleichbarer Weine zu entdecken – Ihnen stehen so spannende Verkostungen bevor.

(4) Finden Sie einen Weinkritiker, dessen Gaumen Sie vertrauen

Frühher gab es nur eine Handvoll vertrauenswürdiger Kritiker. Heute, im Zeitalter des Internets, haben Sie die Qual der Wahl. Finden Sie eine Stimme, der Sie vertrauen und auch, die regelmäßig durch verständliche und nachvollziehbare Notizen auffällt. Achten Sie auch auf die Präferenzen des Weinkritikers und ob diese auch mit ihren eigenen übereinstimmen. Unterschiede im Vergleich angelsächsischer und amerikanischer Gaumen gibt es ohne Zweifel. So richtet Robert Parker und sein Team den Fokus eher auf höheren Alkohol, Robustheit und Konzentration eines Weins. Dagegen richten Weinkritiker des angelsächsischen und auch des überwiegenden europäischen Raums den Fokus eher auf eine höhere, gut eingebundene Säure, leichtere Alkoholwerte und gleichzeitig auf Komplexität, Eleganz und Struktur.

(5) Lagern Sie Ihre Weinsammlung stets an einem kühlen und dunklen Ort

Sie betten sich selbst und Ihre Kinder selbstverständlich so entspannt und bequem wie möglich. Gleiche Aufmerksamkeit erwartet auch Ihre Weinsammlung – sie dankt es Ihnen mit einer höheren Lebenserwartung. Weine mit Korkverschluss sollten so lagern, dass der Wein mit dem Korken in Berührung bleibt. Damit verhindern Sie ein Austrocknen. Die perfekte Temperatur eines Weinkellers liegt zwischen 11° C und 14° C. Eine Durchschnittstemperatur von 12° C wäre ideal, wobei die Schwankungen nur minimal sein sollten. Einer zu heißen Lagerung sind später gekochte Aromen im Glas und am Gaumen geschuldet. Eine zu kalte Lagerung lässt die Korken austrocknen, was den Wein flüchtig macht und zu oxidativen Aromen führt. Und achten Sie darauf, Ihre Weinsammlung dunkel zu lagern. Licht, vor allem Sonnenlicht, aktiviert die Moleküle in den Weinen und lassen Ihr Schätze beim Genuss fett und farblos erscheinen. Neonlicht führt auf Dauer zum Verblassen der Etiketten. Haben Sie keine derart vergleichbare Voraussetzung, dann lassen Sie die Weine am besten im Karton oder in der Holzkiste ruhen.