Milllenials entdecken Amerikas Weine

29.03.2016 - arthur.wirtzfeld

USA (Kalifornien) - Ich bin 41 Jahre jung, aber es gibt Tage, an denen im mich alt fühlte und ich mich frage,: "…ist Paranoia eine Form von Demenz? Ist meine Haarpracht wirklich korrekt?" Ein Gedanke der mir in den Sinn kommt, während meine Friseuse sich bemüht, mich bestens aussehen zu lassen. "Muss ein Wein eine Botschaft tragen?" Diese Frage beschäftigt mich, während das Radio im Friseursalon einen Hit aus meiner Jugend spielt. "Was ist das für ein Song?", fragt mich die junge Friseurin. "Es ist Police, es ist Sting". Die Augen der jungen Frau sind leer. "Oh", sagt sie und blickt mich an, als ob ich der Kutscher eines Planwagens, einer wie die der ersten Siedler Amerikas, vor dem Salon geparkt hätte.

 

Kaliforniens Weinindustrie fühlt wie ich. Eine aktuelle Studie der Courtesy Silcon Valley Bank (SVB) bescheinigt, dass die "Generation X", also die 38 bis 49-jährigen, die aktuell umworbene Zielgruppe ist. Diese Gruppe konsumiert 32 Prozent der in den USA produzierten Weine. Doch schon heute - mit 16 Prozent der in den USA produzierten Weine - holt die Gruppe der Millenials - sie sind 21 bis 37 Jahre alt - mächtig auf. Ich finde diese Zahl verdächtig hoch. Dennoch, die Studie besagt, dass der Konsum dieser Gruppe rasant zunimmt. Abgeschlagen rangieren die Matures (Konsumenten ab dem Alter von 68 Jahren und älter) auf dem letzten Platz.

Zweifellos sind die Millenials der Schlüssel für die Weinindustrie und damit die Konsumenten der Zukunft. Darauf müssen sich die Produzenten einstellen und ihr Marketing und die Ausstattung der Weine abstellen. Das bedeutet, es müssen unter anderen Faktoren die Flaschenform überlegt sein, die Weinbezeichnungen müssen angepasst werden. Millenials stehen auf Klassik, auf Nobless und Einzigartigkeit - Terroir ist nicht nicht ihr Ding. Was den Weinmanagern zudem besondere Kopfzerbrechen bereitet, ist die Tatsache, dass Millenials nicht monogam sind. Sie wechseln die Marken wie hoffentlich ihre Unterwäsche. Sie konsumieren Wein, Bier, Spirituosen, Cocktails und Alkopops in keiner definierbaren Reihenfolge und Menge.

Allgemein kommt die Studie vorerst zu einem ernüchternden Ergebnis: der Weinkonsum Pro-Kopf wird in den USA in den nächsten Jahren zurückgehen. Schuld daran sind die "Millenials", die erst am Anfang ihres Weinlebens stehen - vor allem die Männer unter ihnen stehen erst am Anfang ihrer Weinentdeckungen - während der Weinkonsum der Boomers, die langsam aber unaufhaltsam in die Gruppe der Matures übergehen (siehe Grafik), tendenziell abnimmt. "Auf jeden Fall ist nicht tragisch, wenn Amerikas Jugend weniger, dafür aber besseren Wein trinkt", ist ein Fazit in der Studie. Diese Erkenntnis ist ein weiterer Schlüssel für die Weinindustrie, die damit auf Trapp gehalten wird.

Während das Napa Valley, zweifellos ein Land des Cabernet Sauvignon und Pinot Noir, weiterhin boomt, heißt dies nicht, dass ambitionierte Winzer mit Trauben und Weinstilen zukünftig "spielen" sollten. Alles wird von der Aufmachung des Weines, seiner Verpackung und ganz wichtig, auch seines an den Geschmack der Jugend angepasste Qualität ankommen. Wein darf für die zukünftigen Verbraucher ohne Frage "alt", besser gesagt "gereift" sein, aber er darf nicht in der Zeit "gefangen" sein. Vielleicht müssen sich die Weinmacher neu erfinden, so wie es beispielsweise das Napa Valley in den letzten 50 Jahren auch geschafft hat.