Das Burgund Österreichs

Pinot Noir in der Thermenregion

18.12.2017 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Sooss) – Nur 1984, 1987, 1992 und 1993 fehlten in dem langen Flaschenreigen auf den Tischen im Weingut von Christian Fischer aus Sooss in der österreichischen Thermenregion (in unmittelbarer Nachbarschaft von Wien). Meist waren es Magnum, in denen eine Sorte reifen durfte, die dem Winzer besonders am Herzen lag und immer noch liegt: Pinot Noir. 

 

Die Thermenregion hat besonders günstige klimatische Verhältnisse für den Burgunder; deshalb wurde sie früher schon „Burgund Österreichs“ genannt. Aber als Fischer, Jahrgang 1959, Anfang der achtziger Jahre begann, in den schon 1662 gegründeten Familienbetrieb von Vater Engelbert hineinzuschnuppern, fand er nur wenig Pinot Noir vor. Und da der Wein, typisch für die Sorte, meist recht hell ausfiel, machte der Senior daraus lieber gleich Rosé. Ansonsten widmete er sich vor allem dem damals weit verbreiteten Portugieser.

Vom Jahrgang 1983 gab es dann, schon unter Regie des damals 24-Jährigen, den ersten richtigen Rotwein vom Burgunder. Mutig stellte Christian Fischer 34 Jahre nach der Ernte zwei Restflaschen dieses Weines auf den Tisch und zeigte damit auf, dass er schon als Jungwinzer ein gutes Händchen für Rotwein hatte. Der Wein war zwar kein Hochgenuss, aber immer noch gut trinkbar und ohne deutliche Alterserscheinungen. Blind hätte wohl niemand der Gäste auf den Jahrgang getippt. 

Richtig durchgestartet ist er allerdings erst mit dem Jahrgang 1985, für den er sich – spätes Geständnis – an Vaters Konto vergriff, um zwei Barriques zu kaufen. Der Senior verzieh ihm später, obwohl die ersten Kostproben einen arg holzigen Wein ergaben und Christian Fischer schon befürchtete, er müsse den Inhalt der beiden Fässer entsorgen. Durch einen Rückverschnitt mit dem gleichen Ausgangsprodukt, aber ohne massive Eichennote kam doch ein stattlicher Wein zustande, der bei einem Rotwein-Wettbewerb in Österreich gleich ganz vorn dabei war.

Probiert werden konnte er jetzt im Rahmen einer denkwürdigen Verkostung, für die Fischer die Jahrgänge von „Lehrjahr“ 1983 bis 2015 (aus dem Fass) auf einen langen Tisch stellte, meist in Magnumflaschen. Einige wenige Reserven waren nicht mehr im Keller zu finden oder auch nicht mehr genussfähig. Aber der große Rest verdeutlichte das ausgezeichnete Lagerpotenzial der Sorte. 

Von den Wein-Senioren waren neben dem nach wie vor achtbaren 1985er die Jahrgänge 1988 (klare Frucht, würzig, straff), 1990 (geschmeidig, angenehme Säure, feurig), 1994 (temperamentvoll, Trinkfluss) und 1995 (recht frisch, feste Struktur, lang im Abgang) noch in guter Verfassung. Ab 2000 folgte eine nahtlose Top-Serie bis 2005, die auch signalisierte, dass sich der Weinmacher in seiner Arbeit weiterentwickelt hatte. Die jüngeren Weine verdienen etwas Wartezeit, auch der feinmaschige 2011er kann noch zulegen. Der bislang nicht abgefüllte 2015er lässt einen bedeutenden Wein erwarten.

Insgesamt ist festzuhalten, dass in der ganzen Reihe nur wenige Weine dabei waren, die schon welk wirkten. Man merkte, dass Christian Fischer bereits als junger Mann mit Bedacht an die Sorte, die gern weinbaulich und in der Kellerwirtschaft als „Diva“ bezeichnet wird, heranging. Exkursionen in die Bourgogne hatten dazu beigetragen. Zielsetzung war von Anfang an eine kühle, filigrane Note mit zartem Fruchtspiel. Geändert hat sich in den letzten Jahren etwas Wesentliches im Weinberg: Seit 2013 ist das Weingut offiziell biozertifiziert. Damit folgt Fischer einem Trend in Austria; inzwischen sind über 12 Prozent der Weingärten zertifiziert.