Verjüngungskur für den traditionsreichen Apfelwein

08.02.2017 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Pleudihen-sur-Rance) – Eigentlich steckt in Cidre-Flaschen einfach nur vergorener Apfelsaft. Doch inzwischen kommt das französische Traditionsgetränk in zahlreichen Varianten daher: Als Rosé, mit dem Geschmack von Zitrusfrüchten, Pfirsich oder Himbeere, und sogar mit Wodka und Limette - die Alkopops lassen grüßen. Auch äußerlich setzen die Hersteller auf Neues: Anstelle der klassischen braunen Etiketten mit verschnörkelter Schrift prangt immer öfter stylisches Design an den Flaschen. Mit einer Verjüngungskur wollen die Produzenten aus dem altehrwürdigen Apfelwein ein Trendgetränk machen und so neue Kunden gewinnen.

 

Im Januar werden in Frankreich wieder besonders viele Cidre-Flaschen geöffnet: Rund um den Dreikönigstag am 6. Januar wird der Apfelwein zusammen mit dem Marzipan-Kuchen Galette des Rois verzehrt, eine Tradition in vielen Familien und Unternehmen. Auch an Mariä Lichtmess am 2. Februar ist Cidre-Trinken Brauch. Ein Viertel der Apfelwein-Flaschen wird in Frankreich im Januar und Februar verkauft.

Außerhalb dieser Wintermonate dagegen hat es der Cidre schwer, wenn man einmal von den rund 4000 Crêpe-Restaurants im Land absieht. Viele Menschen hätten Cidre dann einfach nicht auf dem Schirm, sagt Marketingexpertin Muriel Jaugin. "Das ist ein großes Problem, das überwunden werden muss." So gehe der Cidre außerhalb der Produktionsregionen Normandie und Bretagne in Supermarkt-Regalen meist unter. Deswegen setzen die Hersteller zunehmend auf bunte, knallige Etiketten. Und bieten neue Flaschenformate an, etwa die handliche 0,33-Liter-Flasche oder die prunkvolle Magnum-Flasche.

Vor allem aber haben die Cidre-Produzenten eine Reihe von neuen Geschmacksrichtungen auf den Markt gebracht. Insbesondere Rosé-Cidre, der aus Äpfeln mit rötlichem Fruchtfleisch gekeltert wird, hat sich als Kassenschlager erwiesen. Die Branche wirbt zudem damit, dass Cidre für gewöhnlich weniger als halb so viel Alkohol hat wie Wein - und auch nur halb so viele Kalorien.

Damit gerade jüngere Kunden darauf anspringen, müsse der "Cidre mit neuen Arten des Konsums verknüpft werden", gibt Philippe Musellec, Generaldirektor der Kooperative Les Celliers Associés, die Marketingdevise aus. Die Kooperative hat für ihre Marke Val de Rance schon 2014 das neue Sortiment "Envies de..." lanciert: "Lust auf...". Der klassische herbe Cidre wird auf dem modern gestalteten Etikett als perfekter Begleiter für Grillfleisch und Salate angepriesen, der süßliche Cidre für Süßes und Nachtische, der Rosé-Cidre für Häppchen und Tapas.

Die Hersteller sehen schon Erfolge. "Früher war es altmodisch, Cidre zu trinken", sagt Anita Gouret von der Cidre-Marke Kerloïck. "Heute kaufen junge Leute Rosé für einen Aperitif-Abend." Doch neben all diesen Marketing-Tricks darf auch die Qualität nicht leiden. "Für Qualitäts-Cidre braucht es Qualitäts-Äpfel", sagt Alain Lepage, der bei Les Celliers Associés für die Produktion des Apfelweins zuständig ist. Die Kooperative entwickelt deswegen ständig ihre Anbauflächen weiter, in den vergangenen fünf Jahren wurden auf einer Fläche von 500 Hektar neue Obstbäume angepflanzt.

Zukünftig sollen nicht nur neue Kunden in Frankreich gewonnen werden: Die Produzenten setzen auch zunehmend auf den Export. Machte Val de Rance 2010 nur 1,3 Prozent seines Umsatzes im Ausland, waren es im vergangenen Jahr schon fast 25 Prozent.