Frühester Beginn

Erntestart in Frankreich

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 16. August 2018


FRANKREICH (Paris) – Drei intensive Monate stehen den Winzern in Frankreich nun bevor. Jetzt Mitte August startet die Lese zeitiger im Süden, zuerst in den Regionen Korsika, Languedoc, Provence, dann etwas zeitverzögert folgen die Regionen im Norden des Landes. 

Turboreife

Traditionell gibt es in Frankreich die sogenannte "Verkündigung der Weinlesegenehmigung*" seitens der Verwaltung. Diese Daten beziehen sich in der Regel auf den "Tag + 100" nach der Rebblüte (siehe "Ban des Verdanges"*). Doch meistens hat Mutter Natur das Sagen, so auch dieses Jahr. Der heiße Sommer wirkte wie ein Turbo hinsichtlich des Reifeverhaltens der Trauben. Somit erreichten die Trauben in ihrer Entwicklung weit früher ein optimales Gleichgewicht zwischen dem Zucker, der sich in Alkohol umwandelt. Wobei dann der Säuregehalt der Trauben den Zeitpunkt des optimalen Erntestarts bestimmt.

Dank des heissen Sommers hoffen Frankreichs Winzer auf einen guten Jahrgang. "Die Reben mögen die Sonne. Wir erwarten daher hohe Qualität und eine gute Ernte", wird der Präsident des Winzerverbands Bordeaux, Bernard Farges, in den französischen Medien zitiert. Damit bestätigt Farges auch die Einschätzung des Landwirtschaftsministeriums in Paris. Dort rechnet man mit einem überdurchschnittlich hohen Ertrag in allen Anbauzonen des Landes. "Was wir jetzt allerdings nicht gebrauchen können, ist eine anhaltende Dürre. Sonst können die Produktionsmengen geringer ausfallen", so Farges.

Merkliche Einbussen durch Hagel und Pilzbefall

"Ein Spitzenjahrgang ist in Bordeaux allerdings nicht zu erwarten. Dafür waren die Weinstöcke der Region im Frühjahr zu stark von Hagel und Mehltau betroffen", wird Farges zitiert. Ende Mai hatte ein verheerender Hagel laut dem Berufsverband der Region CIVB (Conseil interprofessionnel du vin de Bordeaux) Anbauflächen in der Größenordnung von 6000 bis 7000 Hektar regelrecht zerschmettert. Besonders betroffen waren die Appellationen „Blaye Côtes de Bordeaux“ und "Côtes de Bourg". Schon im Jahr zuvor hatte Frost rund 40 Prozent der Ernte in der gesamten Region Bordeaux vernichtet. "Dieses Jahr sind rund 500 Winzer von Hagelschäden betroffen. Dazu kommt noch, dass Pilzerkrankungen besonders Biowinzern zu schaffen machten", wird Farges zitiert.

Sie bleiben länger am Stock

Sie bleiben länger am Stock

Zu den Trauben, die traditionell später geerntet werden, gehören beispielsweise der Gewürztraminer oder auch der Riesling, beides Sorten aus dem Elsass. Meist haben die Trauben dieser Sorten erst gegen Mitte Oktober die gewünschte Reife, sprich Süsse erreicht, um dann den Geschmack von Honig, Birnen und kandierten Früchten zu entwickeln, die Liebhaber dieser Weine so mögen. Auch Weine des Anbaugebietes Jurançon, entlang der Pyrenäen im Südwesten Frankreichs, werden traditionell spät geerntet. Hier in der Provinz Béarn geniesst man diese aus reifen, süssen Trauben gekelterten Weine gerne zu Enten-Confit oder Stopfleber.

Ban des Verdanges

*"Ben des Verdanges" (dt. Ernteverbot): Zu Zeiten der Römer durften schon die Winzer nicht ernten, wann sie wollten. Im Laufe der Jahrhunderte verwaltete der Adel die Ernte, das Gesetz wurde zwischenzeitlich mehrmals abgeschafft, dann wieder belegt. Heute entscheidet die INAO zusammen mit Vertretern der Appellationen und einem Vertreter der jeweiligen Präfektur anhand der Kriterien des Jahrgangs, wann und wo die Ernte starten kann. Ausnahmen gibt es dann, wenn ein Winzer eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Diese wird vor Ort anhand der Reife der Trauben geprüft und entschieden, ob der Winzer starten kann.

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