Ein Plädoyer für den Rosé

Pink! Warum nicht?

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 23. Oktober 2018


DEUTSCHLAND (Würzburg) - Ich hatte schon des Öfteren ein "pinkes" Weinerlebnis und musste zumeist feststellen: Am Ende der Verkostung ging die Abstimmung gegen mich als quasi Fürsprecher für den Rosé aus. Das heißt, dass trotz meiner Argumente, dann meine Weinfreunde mit ihren doch feingeschliffenen Gaumen mehrheitlich feststellten, dass ein Rosé nicht fein sein kann. "Ja, sehr nett, aber …, hm". Diese Meinung entmutigt mich keinesfalls, wird es auch nicht in Zukunft, bin ich doch fester Überzeugung, dass ein Rosé fein, elegant und sogar edel sein kann.

Die Duette

Nun ja, es muss nicht gestritten werden. Ich respektiere den Gaumen meiner Weinfreunde. Aber ab und zu wiederhole ich den Versuch, den Rosé voranzustellen. Als Hilfestellung hat sich meine Frau für ein erneutes Weintreffen im häuslichen Rahmen unserer Meinung nach passende aber auch herausfordernde Speisen ausgedacht – sozusagen als Helfer in der Not. Und ich habe mir dieses Mal als lachsfarbenen Begleiter dazu einen Rimauresq Cru Classé zum Aperitif, den Château du Galoupet Cru Classé Rosé als Duettpartner zum marinierten Filet einer Meerbrasse aus dem Backofen und den Château d’Esclans Whispering Angel als Begleiter zu dem auf arabisch-asiatische Art mit Kreuzkümmel und Koriander verfeinerten Lammgericht, ausgesucht. Voilá – geballte Power aus der Provence gegen den (voreingenommenen) Geschmack meiner Weinfreunde. Am Start waren wir alle gespannt.

Der Weg zum Schafott oder zum Olymp

Man kann nie früh genug mit einem Aperitif anfangen. Dies gilt auch hinsichtlich der Trauben für den Rimauresq, die relativ früh geerntet werden sollten, weil dieser Rosé dann eine knackige, belebende Frische ins Glas bringt und zusammen mit seinem niedrigen Alkoholgehalt bestens als Starter geeignet ist. Und wirklich, meine Weinfreunde stimmten dem ohne Wenn und Aber zu: "1:0" für den Rosé.

Die Wahl des Galoupet Cru Classé Rosé zur Meerbrasse ist auch der Beliebtheit dieses Rosé in Frankreich geschuldet, denn wenn ihn die Franzosen so mögen, sollte er eine gute Wahl sein. Sie merken schon, ich nutzte da jede willkommene Unterstützung. Nicht nur dieser Rosé harmonierte mit dem mediterran marinierten Fischfilet, sondern auch die Meinung meiner Freunde war harmonisch – "… toll, wie dieser so blass-rote Wein mit seiner sanften Säure, feinen Frucht und Zitrusnuancen die Aromen der mediterran gewürzten Meerbrasse unterstreicht". Na, sie mal an, dachte ich mir. War es Höflichkeit oder Überzeugung? Ich war mir noch nicht sicher. Jedenfalls: "2:0" für den Rosé!

Zum Finale, also zum Hauptgang, servierte ich den Château d’Esclans Whispering Angel Rosé. Bei den arabisch-asiatischen Gewürzen, die das Koriander-Lamm mit Pappardelle zur Höchstform bringen, ist ein Rosé schon ein Risiko. Nach dem Motto, wer sich nicht traut, erhält keinen Applaus. Doch schon die Nase des Château D'Esclans Whispering Angel Rosé mit seinen roten Früchten ließ die Augenbrauen hochschnellen. Leicht und dennoch würzig intensiv am Gaumen, mit seiner harmonischen Säure, Frucht und viel Druck entwickelte sich dieser Rosé zum kongenialen Partner zum Lammgericht. Der Whispering Angel entlockte in der Runde die ungeahnte Feststellung: "Beim Genuss dieses Rosé hört man die Engel flüstern" – ich traute meine Ohren nicht. Fazit: "3:0" für den Rosé.

Einigkeit auf weiter Flur

Alle drei Rosé wurden rundweg akzeptiert, einhergehend mit Schulterklopfen. Ich gebe es zu, ich hatte es erwartet, nur nicht in der Form, dass man mich bat, so ein Rosé-Vergnügen erneut zu organisieren. Auch meine Frau bekam geballtes Lob ob ihrer feinen Speisen – alle waren sich einig – 3:3 unentschieden zwischen Rosé und Speisen.

Aber kommen wir zurück auf die Frage: warum sollte ein Rosé kein guter Weine sein? Es verhält sich beim Rosé eben analog wie beim Weiß- oder Rotwein. Stehen die Reben im passenden Terroir, werden die Trauben selektiv gelesen und sorgfältig gekeltert, ob beim Rosé in Stahl oder, wenn es beliebt, durch leichten Abstecher im Holz, ist der Weg freu für feinste Qualitäten. Wenn dann noch die Weinliebhaber dem Rosé eine Chance geben, ihn verstehen, dann haben die besten Rosé das Zeug, neben besten Weiß- und Rotweinen zu bestehen.

Warum gibt es Zweifel?

Aber es gibt bei vielen Zeitgenossen Zweifel. Immer wieder wird vom Rosé ein "mehr von…", was auch immer gemeint sein mag, verlangt. Warum eigentlich? Ich glaube, weil das Verständnis fehlt, weil feine Rosé besondere Finesse haben, die erkannt werden will. Ein Rosé ist eben nicht laut, er flüstert, er raunt seine Aromen, er verschleudert sie nicht, er ist zart, wie ihre Liebste. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass zur Beurteilung eines Weines, ob so oder so, mehr gehört als nur den Geschmack als einzige Eigenschaft. Meine schreibenden Kollegen sind da mit mir einer Meinung. Dennoch lese ich zuweilen Weinnotizen, die herrische Töne enthalten und im Fall des Rosé, diesen als neben- oder als untergeordnete Kategorie betrachten. Das ist meiner Meinung nach sehr schade und keinesfalls gerechtfertigt.

Eine neue Herausforderung

Das nächste Mal werde ich eine Kombination aus deutschen Rosé und Spätburgunder kredenzen. Dazu wird es durchweg pikante chinesische Gerichte geben. Auch hier ist die Allgemeinheit der Meinung, dass zu scharf gewürzten Speisen nur kräftige Weiße und Rote passen. Doch ich habe bei meinen Aufenthalten in China bemerkt, dass dies nicht generell der Fall ist. Sicher, zu einzelnen Gerichten mag das so sein, aber bei der Vielfalt der Speisen, die bei einem abendlichen Dinner präsentiert werden – bis zu 20 verschiedene Einzelgerichte sind keine Seltenheit – ist es sehr schwer, einen einzigen Wein als Begleiter zu empfehlen. Warum aber gerade das Duo Rosé und Spätburgunder ideale Begleiter zu den vielfältigen Aromen chinesischer Speisen sind, erkläre ich im nächsten Artikel. Meine Weinfreunde sind mehr als skeptisch und dennoch schon sehr gespannt.

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