Inmitten des Weinbooms in China sind Bordeaux Schlösser Ziel der Begierde

12.03.2011 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Schon 5 renommierte Güter im Bordeaux verzeichnen als alleinige Eigentümer chinesische Konzerne. Letzter Einkauf war Château Laulan Ducas, übernommen von TESIRO, einem chinesischen Schmuckkonzern und kurz davor erwarb die  chinesische COFCO Château Viaud in Lalande-de-Pomerol. Noch Mitte der letzten Dekade verhandelten die Chinesen im verborgenen und schickten ihre Strohmänner auf Einkaufstour, heute agieren sie ganz offen und lassen eine „chinesische“ Strategie erkennen.

 

Es sind nicht, wie man vermuten könnte, die großen chinesischen Weinagenturen, Handelsunternehmen der Food- und Getränke-Branche oder reine Investoren, die sich die Güter einverleiben, sondern es sind vielmehr mächtige Konzerne, wie etwa der Schmuck Magnat TESIRO, die neben ihrem vorhandenem Portfolio den Wein als willkommenes Produkt zur Abrundung ihres Portfolios einsetzen. „Uns ist natürlich in den letzten Jahren der explodierende Weinmarkt in China und das damit verbundene Potenzial im Weingeschäft nicht verborgen geblieben“, sagt Shen Dongjun, CEO bei TESIRO. „Wir haben über 40 Erzeuger unter die Lupe genommen bevor wir uns letztlich für ein im Medoc gelegenes Cru Bourgeois Anwesen entschieden haben.“

Dabei verweist Shen Dongjun auf den Weinimport allein via Hong Kong, der in 2010 ein Volumen in der Menge von 33,5 Millionen Flaschen aufwies, mit einem Wert von 333 Millionen Euro. In ganz China stieg der Weinimport in 2010 um 98 Prozent, allein in Hong Kong um 126 Prozent. Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass geschäftstüchtige Chinesen wie Shen Dongjun, ebenso wie auch Investoren aus Übersee und auch aus Europa in der Vergangenheit, sich nun auf renommierte Weinmärkte konzentrieren, vornehmlich auf Bordeaux und Burgund. Aber auch Güter in Italien und Deutschland sind bereits im Focus der Chinesen.

Georges Haushalter, Präsident des Fachverbands der Bordeaux-Weine ist über die chinesischen Aktivitäten auch nicht im mindesten überrascht: „Erst kamen die Engländer, dann die Niederländer, gefolgt von irischen Investoren, die in den letzten Jahrhunderten bis heute im Bordelais wie auch im Burgund investierten. Dann vor etwa 20 Jahren kamen die Japaner, und heute ist es fast logisch, dass nun die Chinesen ankommen. Allerdings bemerken wir, dass die Chinesen nicht nur einfach investieren wollen, sondern Sie wollen die Kontrolle über die gesamte Produktion von der Anpflanzung der Reben über die Ernte und Vinifikation bis hin zum Wein im Glas. Nebenbei schalten sie konsequent die Zwischenhändler aus und der produzierte Wein ist ausschließlich für China bestimmt.“

Genau dies bestätigt Shen Dongjun offenkundig: „Ich will aber nicht nur einfach ein Weingut im Bordeaux besitzen. Ich will den gesamten Prozess der Herstellung verstehen.“ Außerdem hat Shen Dongjun vor, zukünftig alle 150.000 Flaschen von Laulan Ducos ausschließlich für den chinesischen Markt zu produzieren und selbst zu exportieren, wobei das traditionelle Netzwerk der Negogiants komplett umgangen wird und bisherige Kunden leer ausgehen „Die meisten Investoren anderer Länder nutzen das traditionelle Handelsmodell“, erklärt Shen Dongjun dazu. „Wir dagegen exportieren bzw. importieren selbst. Zudem werden unsere Weine auch auf den chinesischen Geschmack abgestimmt. Die Konsumenten in China wünschen Weine ohne viel Tannin und wenn Eiche, dann nur sehr wenig und sie hassen Bitterkeit. Die Weine müssen Charme und Eleganz haben und ausgewogen schmecken. Und sie wollen auch nicht warten bis der Wein irgendwann reif ist.“

Die Aura, die ein Château Besitzer mit seinen Weinen in China verbreiten kann ist nur ein Teil der Marketing-Strategie, reicht also allein nicht aus, um die Weine erfolgreich auf dem  chinesischen Markt zu etablieren. Das ist Shen Dongjun bewusst und er sagt: „Unsere Landsleute können sich schon ein Château vorstellen, aber sie kennen nur selten die Namen der Weine. Das eröffnet uns die Chance mit neuen Marken und abgestimmtem Weingeschmack erfolgreich zu sein.“

Als Verkaufsbasis erwähnt Shen Dongjun, dass sein Unternehmen TESIRO rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt und in über 200 Filialen in China vor allem Luxusgüter wie Schmuck an die gehobene Mittelschicht und die Reichen verkauft. „Der Umgang mit VIP-Kunden ist uns vertraut“, sagt Shen Dongjun. „Wir verkaufen sehr viel Schmuck anlässlich von Hochzeiten, wir planen auch die Hochzeiten, dabei dürfte es kein Problem sein, auch gleich unsere Weine mit zu verkaufen.“

Diese Strategie verfolgen auch weitere chinesische Unternehmen. Alle haben sie etablierte Vertriebswege und einen gewachsenen Kundenbereich im eigenen Land. Insofern ist ihr Interesse an einem boomenden Weinmarkt verständlich und auch, dass sie sich auf etablierte Weine, Regionen und bekannte Marken konzentrieren. Obwohl Shen Dongjun seinem Konzept vertraut, räumt er ein, dass die Investition in die Umstellung der Produktion, insbesondere der auf chinesischen Weingeschmack getrimmten Weine sowie den eigenen Vertrieb der Weine locker die Investition in Château Laulan Ducas übertreffen wird – den Kaufpreis für das Château wollte er allerdings nicht verraten.