„Provence Nouveau“ führt zu Kontroversen in der Weinszene

08.09.2012 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Marseille) - Der Rosé aus der Provence könnte das gleiche Schicksal erleiden wie der Beaujolais Nouveau, sofern die  Produzenten die Weine zu früh auf den Markt bringen, weil sie mehr den Gewinn als die Qualität im Auge haben. Diese Befürchtung von Experten scheint auch begründet, denn die Weine aus der Provence erfreuen sich einer steigenden globalen Nachfrage.

 

Die Exporte aus der Provence in die USA stiegen in 2011 im Volumen um 62 Prozent und im Wert um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit erreichte die Weinindustrie in der Provence schon in acht Folgejahren ein jährliches zweistelliges Wachstum.

„Durch die stetig steigende Nachfrage werden die Produzenten verführt, immer früher abzufüllen“, sagt Dominique Renard, kaufmännischer Leiter bei der Domaine Ott. „Natürlich freut sich jeder Erzeuger über die allgemein gestiegenen Einnahmen - dennoch glaube ich nicht, dass man hier die Fehler wie beim Beaujolais macht, indem man dem Umsatz nachjagt, was ohne Frage auf Kosten der Qualität geht.“

Der Beaujolais Nouveau kommt traditionell am dritten Donnerstag im November auf den Markt. Dieser Brauch aus den 1950iger führt zurück auf Georges Duboeuf, Gründer von Les Vins Georges Duboeuf, einer der größten und bekanntesten Weinhändler Frankreichs. Die Gunst für Beaujolais Nouveau ist in Großbritannien mittlerweile gesunken, die Weine sind aber immer noch sehr beliebt in den USA und Japan. Aber auch in diesen Absatzmärkten haben sich die Umsatzzahlen seit 2002 beinahe halbiert.

Der „Le Nouveau“ wird von vielen als alkoholischer Traubensaft belächelt. Vor dem sich so entwickelten Ruf des Beaujolais haben die Erzeuger in der Provence Angst. Denn sie wollen sich keineswegs einen schlechten Ruf einhandeln. „In den letzten fünf Jahren haben wir eine Explosion der Nachfrage erlebt“, berichtet Pierre Duffort, Direktor bei Chateau Rimauresq. „Es würde problematisch sein, wenn sich die Erzeuger jetzt auf die Umsätze konzentrieren und immer früher abfüllen. Stattdessen sollten sie ihren Kunden erklären, dass diese, wenn sie gute Weine haben wollen, eben warten müssen.“

Anders sieht es Jean Claude Neu, Kellermeister bei Chateau d'Esclans, die vier verschiedene Rosés zeitlich versetzt abfüllen. Die ersten kommen schon im Dezember des Erntejahres auf den Markt, die letzten werden als Top-Weine erst nach einer Lagerung von 10 Monaten vermarktet. „Ich denke nicht, dass eine frühe Abfüllung problematisch ist, denn sie passt zu den frischen Stilen unserer Rosés. Wichtig ist, dass man die Weine korrekt vinifiziert.“

Rechtlich gesehen dürfen die Winzer nicht vor dem 25. November abfüllen und dazu muss dann noch die jeweilige Ernteerklärung vorliegen. Für die AOC Côtes de Provence Rosé- und Weißweine gilt außerdem ein Verkaufstopp bis zum 1. Dezember des Erntejahres. „Produzenten, die gleich im Dezember vermarkten möchten, müssen Methoden für einen frühen Konsum der Weine entwickeln. Beispielsweise durch eine dafür geeignete aromatische, früh reifende Rebsorte“, kommentiert Valérie Lelong von der Conseil Interprofessionnel des Vins de Provence.