Bordeaux 2012 wirkt auf den ersten Blick durchwachsen

26.03.2013 - arthur.wirtzfeld

UK (London) – Ausdrücke wie „spröde“ und mit viel „Make-up“ waren den Kommentaren einiger Weinkritiker zu entnehmen, die jüngst einen ersten Blick auf den Bordeaux Weinjahrgang 2012 mittels einer Auswahl von Weinen vom „Rechten Ufer“ (Libournais) werfen durften. Insgesamt stellten sich 35 Erzeuger aus St. Emilion, Pomerol und weitere aus den umliegenden Weingemeinden dem Urteil der Weinexperten.

 

Diesen war allerdings klar, dass diese Weine nicht repräsentativ für das Bordelais, sondern eher hochselektiv zur Probe anstanden. Aber dennoch hätte man einen interessanten Eindruck auf den En-Primeur Jahrgang erhalten, meinten unisono alle Verkoster. Viele der Weine hätten den Säureabbau noch nicht hinter sich gebracht und den meisten haftete noch eine intensive Holznote von neuen Barriques an, war ebenfalls die gemeinsame Beurteilung.

Aber die Weinkenner fanden auch sehr aromatische Weine vor. Weine mit feinen, reifen Tanninen, starker Frucht und guter Tiefe. Allerdings sei der Jahrgang auf dem „Rechten Ufer“ keineswegs homogen. So wurden auch eine beträchtliche Anzahl der Weine als dünn, fruchtlos, derb und spröde kommentiert.

„Mein erster Eindruck war beeindruckend. Ich war angetan von den reinen Aromen und ausgeprägten schwarzen Früchten“, läutet MW Richard Bampfield den Reigen der durchwachsenen Beurteilungen ein. „Der Jahrgang 2012 scheint mir En Primeur im Vergleich zu den Jahrgängen 2009 und 2010 runder im Gesamteindruck. Die Mehrheit der Weine ist schmackhaft und gut ausbalanciert. Ich vermute unter den Grand Crus sehr gute Qualitäten aus diesem Jahrgang, die man in vier bis sechs Jahren dann erstmals öffnen sollte“.

„Was wir hier probierten war ein gemischter Haufen“, kommentiert Alison Buchanan, Mitglied der Direktion bei der renommierten Weinagentur Corney and Barrow mit Hauptsitz in London. „Es ist ein sehr früher Zeitpunkt, um diese Weine zu kommentieren. Ich fand unter den Proben auch grüne Weine, aber die Frische einiger Tropfen gefiel mir gut.“

Und somit machte ein Sammelsurium an Eindrücken die Runde unter den Weinexperten. Man stellte merlot-lastige Aromate fest. Von Parfüm und schwarzen Kirschen war die Rede, ebenso bemerkte man oftmals eine Diskrepanz zwischen Nase und Gaumen, die manche als beunruhigend kommentierten. Und man sprach auch von einem „Make-up“, insbesondere von zu viel Holz, um die Frucht zu unterstützen.

„Der Jahrgang hatte das Potential schöne, sanfte und ausgeglichene Weine hervorzubringen. Sicherlich dürfen wir keine herausragenden Weine erwarten, aber die besten unter ihnen könnten sich zu wirklichen netten Weinen entwickeln“, kommentiert Weinautor und -kritiker Oz Clarke die Probe eher positiv. „Allerdings ist mir aufgefallen, dass man viele Weine in ein Korsett gezwungen hat, dass sie nicht wollen und dass ihnen nicht gut tut.“

Um dem Jahrgang 2012 in Bordeaux in der Beurteilung gerecht zu werden, muss man auch die schon beinahe als Katastrophe zu bezeichnende Vegetationsperiode in Betracht ziehen. Die Hagelschauer im April und die heftigen Regengüsse im Juni erschwerten die Entwicklung ungemein. Die Hitzewelle im August mit Temperaturen im Mittel von über 40 Grad verdorrten Teile von Rebanlagen und verbrannten mancherorts regelrecht die Trauben. All dies führte zu einer intensiven Arbeit im Weinberg und setzte sich dann ebenso intensiv im Keller fort. Die Winzer kämpften hier auch mit den dünnen Häuten der Trauben, um dadurch bedingt die mindernde Extraktion an Tanninen auszugleichen.

„Wir kamen im Keller nicht ohne Nachmazeration aus und mussten drei bis viermal pro Tag stanzen“, berichtet Winzer Alix Coombes vom Grand Cru Classé Château Fleur Cardinale aus St. Emilion. „Unsere Reben auf wasserdurchlässigen Kalkböden kamen mit den Regenfällen wie auch mit der Hitzewelle besser zurecht, denn die Sedimentgesteine absorbieren das Wasser, halten es aber auch wenn nötig bei starker Hitze vor“, berichtet Paul Goldschmidt, Eigner von Chateau Vray Croix de Gay und Siaurac in Pomerol sowie des Grand Cru Classé Château Le Prieuré in St. Emilion.

„Die meisten Trauben hatten gute Polyphenole (Anm. d. Red.: gesundheitsfördernde aromatische Verbindungen) und Anthocyane (Anm. d. Red.: wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe), was den Weinen zugute kommt“, kommentiert Alain Raynaud, Präsident des Cercle Rive Droite, das Traubenmaterial des Jahrgangs 2012. Allerdings räumte er ein, dass ein Teil der Winzer zu viel extrahiert hätte, was leider die Balance der Weine stören würde.

Wie das Weinjahr 2012 aus dem Bordelais sich dann endlich präsentieren wird, werden die Weinprofis nach den offiziellen En Primeur Verkostungen Anfang April aufzeigen. Wir bleiben dran und werden berichten.